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MARVEL-BROKER/001: Superman - Birthright 1


Mark Waid, Leinil F. Yu


Superman - Birthright 1

Supermans Erwachen



Noch während die erste Staffel der erfolgreichen TV-Serie "Smallville" auf den Fernsehschirmen zum Leben erwachte, entschloß man sich bei DC Comics, mit der Miniserie "Superman: Birthright" den Stählernen für eine moderne, zeitgemäße Leserschaft von dem Staub des alten Jahrtausends zu befreien. Superman sollte einerseits vom frischen Wind des jungen Clark Kent aus Smallville beflügelt werden, ohne jedoch den Bezug zu der monatlichen Heftserie oder auch zu den Superman-Filmen zu verlieren.

Die Geschichte wurde zeitlich zwischen Supermans Leben in der bekannten Kleinstadt in Kansas und dem in Metropolis angesiedelt, beginnt aber auf dem todgeweihten Planeten Krypton kurz vor dessen Untergang und entführt den Leser zu Supermans Eltern. In kurzen Bildsequenzen wird ein geschichtlicher Abriß des Volkes dieser Welt angedeutet, der später noch mehrmals aufgegriffen wird. Der Autor Mark Waid und der Zeichner Leinil F. Yu bieten eine neue Version für die Entstehung der überragenden Kräfte Supermans, die nicht nur wie in früheren Geschichten durch die unterschiedlichen Schwerkrafteinflüsse der jeweiligen Sonne erzeugt werden, sondern durch das Verhältnis der gelben Sonnenstrahlung im Verhältnis zu seinem speziellen Bioorganismus.

Das bekannte Symbol auf Supermans Brust wird vom bloßen Familienwappen zu einem Symbol von übergeordneter Bedeutung erhoben, als ein Zeichen der Hoffnung, mit der Verpflichtung des Trägers, für eine bessere Welt zu kämpfen. Als letzter Vertreter seiner Art hat Superman nun das Geburtsrecht - Birthright -, die Ziele, die durch das Symbol verkörpert werden, weiterzuführen.

Dies jedoch erkennt der junge Clark, der als amerikanischer Weltbürger sein Studium für Journalistik im Ausland absolviert hat, erst bei einem seiner ersten Aufträge im afrikanischen Ghana. Dort gerät er in Stammesauseinandersetzungen, bei dem die Turaaba den Stamm der Ghuri beherrschen. Der Ghuri-Sprecher Kobe Asuru setzt seine "natürlichen Gaben" ebenfalls für den Kampf für eine bessere Welt ein, zum einen für die Gleichberechtigung der Ghuri innerhalb seines Landes, zum anderen für die gesamte Menschheit, indem jeder, der Teil der menschlichen Rasse sein will, seine ihm zugewiesene Rolle mitzuspielen habe. Clark kommt am Ende der Geschichte zu dem Schluß, daß auch er sich seinem Geburtsrecht nicht entziehen darf und daß er seine Kräfte für diese Aufgabe einsetzen muß. Das Schlüsselerlebnis, sich als einfacher Mensch wie Kobe Asuru für ein übergeordnetes Ziel nach besten Kräften einsetzen zu können, bringt Clark dazu, seine Bestimmung als Superman zu erkennen ... und anzunehmen.

Die Geschichte von Superman in das neue Jahrtausend zu transformieren und einer modernen, zeitgemäßen Leserschaft zu präsentieren ist den Autoren gut gelungen, werden doch weiterhin amerikanische Werte, die immer schon durch das Superman-Universum vertreten waren und erfolgreich als Kulturgut ins Ausland exportiert wurden, glanzvoll im neuen Gewand präsentiert. Neu? Nun, das bleibt zu bezweifeln, denn der alte Staub wird nicht wirklich beseitigt, aber zeitgemäß, das trifft tatsächlich zu. Die Geschichte Kryptons erinnert nicht von ungefähr an die amerikanische Geschichte, wurde doch das Superman-Symbol in Kryptons grauer Vorzeit als Banner getragen, unter dem Kriege geführt und die Völker von Supermans Heimatwelt vereint wurden. Durch die uralte Geschichte Kryptons, die sich tausende Jahre später an einem anderen Ort im Universum wiederholt, wird das Geburtsrecht Supermans zum Naturrecht schlechthin erhoben, und wer es vertritt, wird zum Erfüllungsgehilfen dieses übergeordneten Prinzips, mit dem Auftrag, es durchzusetzen und seiner Bestimmung zuzuführen. Das Naturrecht, von den Vereinigten Staaten zu "ihrem" Recht überhöht, bildet das Fundament amerikanischer Demokratie und spiegelt sich in der Person von Clark Kent und seiner Vorstellung von Demokratie wieder. Das soziale Engagement des letzten Kryptoniers ist ebenfalls mit der Zeit gegangen, und der ursprünglich durchaus rebellische Geist des Stählernen aus einer Ära, in der der Begriff der Freiheit vielleicht eine Bedeutung hatte und noch nicht zur bloßen Phrase verkommen war, findet in den geordneten und vorherrschenden Strukturen jetzigen demokratischen Denkens eine neue Heimat.

So wurde aus dem ehemaligen Landei Clark Kent ein weltoffener, globaler junger Mann, der nach vielen Gastsemestern an verschiedenen Universitäten im Ausland sein Diplom in Journalismus machte und dennoch seinen Stolz bewahrte, aus dem Herzen von Amerika, nämlich aus Kansas, zu stammen. So zeigt der junge Reporter bei der ersten turbulenten Begegnung mit dem "charismatischen" Kobe zwar unverschleierte Sympathie, vertritt dieser ein ähnliches Demokratieverständnis wie er selbst, doch kann Clark selbst da noch Hilfe bei der Entwicklung parlamentarischer Demokratie leisten, wo das Problem der Stammeszugehörigkeit schon längst zum unüberwindlichen Hindernis geworden ist. Opfer sind bei diesem Schritt, weg von der anachronistischen Stammespolitik, unvermeidlich, und typischerweise werden sie auch noch als stolz gezeichnet, wenn sie ihren Blutzoll für die ersten Schritte des Stammes in eine Politik der Moderne und in die große Völkergemeinschaft geleistet haben.

Jeder Leser, der bisher seinen Spaß an den Abenteuern von Superman hatte, wird auch an dieser modernisierten Version seine Freude haben, läßt doch die Action und die Dynamik der Handlung keine Langeweile aufkommen. Doch auch gerade für den Neueinsteiger, der sich vielleicht von der Fernsehserie "Smallville" anregen ließ, wird ein Tor zum Superman-Universum eröffnet, in das er nur einzutreten braucht, um es in den verschiedensten Bereichen - alte, wie neue Heftserien, Sonderalben, Superman-Filme ... - zu bereisen und zu erforschen.

Euer Marvel-Broker


Superman - Birthright 1
Autoren: Mark Waid, Leinil F. Yu
Panini, Stuttgart, Januar 2004
68 Seiten, farbig, Heftformat, 4,50 Euro