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MARVEL-BROKER/005: "Die Fantastischen Vier & die Rächer"


G. Johns, M. Wieringo, O. Coipel


Die Fantastischen Vier & Die Rächer 1

Rächer sammeln! Flamme an!



Die Erstausgabe von "Die Fantastischen Vier & Die Rächer 1" bildet den Beginn einer Ära mit neuen Abenteuern der 1961 bei Marvel-Universum gegründeten "Fantastischen Vier" und den zwei Jahre später erschienenen "Rächern". Die außerordentlich beliebten Autoren Geoff Johns und Mark Waid verfassen moderne, zeitgemäße Plots, ohne jedoch auf den reichhaltigen Fundus der Tradition zu verzichten. Das gleiche leisten die beiden Zeichner Olivier Coipel und Mike Wieringo auf ihren Gebiet, mit einem modernen Stil, der gleichzeitig Erinnerungen an die klassischen Marvel-Künstler wachruft.

Die neuen Abenteuer der Rächer spielen in einer Zeit, in der diese eine "Weltmacht" darstellen, deren Status von den Vereinten Nationen anerkannt wird und die eine eigene Botschaft in New York unterhalten. Henry Gyrich, der Verbindungsmann der Rächer zur UNO, wird unter Mordandrohung vom amerikanischen Verteidigungsminister Dell Rusk erpresst, die Rächer für ihn auszuspionieren und ihm die Rächerzugriffscodes, Passwörter, Blaupausen und geheimen Protokolle zu besorgen. Im ersten Teil des Heftes versucht der Rächer Falcon alias Sam Wilson, dessen Heldengeschichte 1969 dank des legendären Schurken Red Skull begann, Henry Gyrich zu helfen, da er ahnt, daß dieser vor ernsten Problemen steht. Trotz dieser Schwierigkeiten bleibt der Falke bodenständig genug, um nebenbei eine Kindesentführung aufzuklären. Dabei erfährt der Leser mehr über die Fähigkeiten des Falkens und seiner normalen Arbeit in der Behörde für Stadtplanung und wie sie sich seit dem 11. September verändert hat. So bleibt natürlich auch das Medium Comic nicht von den tragischen Ereignissen des Jahres 2001 unberührt, und es wird sowohl in Bild - durch das Fehlen der beiden Türme des World Trade Centers - als auch in Text Bezug auf diesen Anschlag und den damit verbundenen Auswirkungen in Amerika genommen.

Dies wird besonders in der zweiten Story "Rote Zone" deutlich, in der die Rächer gegen eine tödliche Seuche kämpfen, die sich in ganz Amerika auszubreiten droht. Eine rote, knapp zehn Kilometer durchmessende Wolke, wahrscheinlich aus fleischfressenden Bakterien, hängt über Mount Rushmore in Süd-Dakota, jenem Park, in dem die vier Präsidentenköpfe aus dem Fels geschlagen wurden - und sie wird größer. Viele Touristen sterben, und das Gebiet wird vom Seuchenschutz zur Roten Zone erklärt. Weder die Polizei noch das Militär wissen, ob es sich um einen Chemieunfall oder um eine neue Seuche handelt, doch ein Parkwächter fragt Captain America, ob es ein Terroranschlag mit biologischen Waffen sein könnte, was dieser nicht bestätigt. Auf die Frage eines Soldaten, wer zu so etwas Grausamen fähig sei, zählt sein Kamerad Namen wie Al-Qaida oder Hisbollah auf. So bleibt selbst im Comic das Bedrohungspotential durch "Terroranschläge" allgegenwärtig, und man gewinnt den Eindruck, als ob die Medien durch das bloße, ständige Aufzählen bestimmter Namen wie z.B. Al-Qaida den Beweis erbringen wollen, daß es eine Verbindung zwischen diesen Namen und bestimmten Taten gibt, frei nach dem Motto, der ausgesprochene Verdacht ist gleich der Beweis. Bleibt zu hoffen, daß die Geschichte nicht in die einfache Richtung "Terroranschläge auf Amerika" reduziert wird, denn dafür benötigte man nicht die ruhmreichen Rächer, sondern bräuchte nur die Tageszeitung aufzuschlagen.

Die Rächer scheinen zur Zeit aus den Mitgliedern Captain America, Wasp, Iron Man, She-Hulk, Warbird, Yellowjacket, Vision, Scarlet Witch, Jack of Hearts, Ant-man und Falcon zu bestehen. Leider haben sich auch bei den Rächern die englischen Namen durchgesetzt, waren doch in der alten Ära des Marvel Deutschland noch deutsche Namen gebräuchlich, doch gerade im Comic werden Trends innerhalb der Sprache, wie die Verwendung von Anglizismen, sehr zeitgemäß umgesetzt.

Bei den Fantastischen Vier ist die Geschichte von Victor von Doom, dem Herrscher des Balkanstaats Latveria, ein gelungenes Highlight. Der Wandel, die Prioritäten von seinen wissenschaftlichen und technischen Fähigkeiten auf das magische Erbe seiner Mutter zu verlagern, eröffnet eine völlig neue Dimension der Auseinandersetzung mit seinem Erzfeind Reed Richards von den Fantastischen Vier. Vor allem, da Reed nicht an Magie glaubt, sondern sie als unerforschte Wissenschaft versteht. Vielleicht ist der Unterschied auch tatsächlich nicht gegeben, da die Parameter der Wissenschaft und der Magie auf den gleichen Axiomen beruhen. Sehr schön wird auch in diesem ersten Teil der Geschichte auf klassische Vorurteile nicht verzichtet, und der stehlende Zigeuner aus Ungarn wird wieder neubelebt.

Da diese Heftserie im Prestige-Format leider nur monatlich erscheint, bleibt dem interessierten Leser nur die Möglichkeit, die andern Helden des Marvel-Universums in ihren Editionen aufzusuchen, um so die Spanne zwischen Kaufen und schnellem Auslesen zu überbrücken. Beide Rächer-Storys laufen gut an und auch die Fantastischen Vier erwartet ein vielversprechendes, erneutes Aufeinandertreffen mit ihren alten Feind Dr. Doom.

Euer Marvel-Broker


Die Fantastischen Vier & Die Rächer 1
Autoren: G. Johns, M. Wieringo, O. Coipel
Panini, Stuttgart, Februar 2004
84 Seiten, farbig, Softcover-Album, Kleinformat, 6,- Euro