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ANTIQUARIAT/011: "Batman - Geister" von Jeph Loeb und Tim Sale


Jeph Loeb, Tim Sale


Batman (6)

"Geister"



Es ist der Abend vor Halloween. Bruce Wayne läßt gerade eines der unvermeidlichen Wohltätigkeitsdiners über sich ergehen ...
Bruce?
Lucius?
Es ist Jahre her ...
Nein ... Echt?
Und nun treffen wir uns ausgerechnet in Gotham wieder. Wissen Sie, was ich wünschte?
Hmmm?
Sie hätten mein Angebot akzeptiert. Was wir alles hätten erreichen können ...

Das Gespräch wird jäh unterbrochen, als mit einem mächtigen KBOOOM! eine widerliche Gestalt das festliche Geschehen unterbricht: Es handelt sich um Oswald Chesterfield Copplepot, auch genannt "Der Pinguin". Selbstverständlich führt der von Geburt an grauenhaft entstellte Copplepot, der seinem tierischen Namensvetter auf groteske Weise ähnelt, auch dieses Mal nichts Gutes im Schilde. Wild um sich schießend, treibt er die Gäste in einer Ecke des Raumes zusammen und verlangt Schmuck und Bargeld. Doch bevor Schlimmeres geschehen kann, greift Batman ein. Es gelingt ihm, dem Verbrecher die geraubten Wertgegenstände wieder abzujagen ...

Spät in der Nacht kehrt Bruce Wayne nach Hause zurück. Er ist hundemüde und fühlt sich außerdem nicht wohl. Vielleicht, so vermutet er, hat er etwas gegessen, das ihm nicht bekommen ist. Er legt sich zu Bett, wälzt sich jedoch nur unruhig hin und her. Obendrein beunruhigt ihn ein merkwürdiges Klappern und Rasseln, das näherzukommen scheint. Schließlich erkennt Wayne eine geisterhaft leuchtende Gestalt - seinen Vater. Doch er kann nicht glauben, was er da sieht: "Jemand erlaubt sich einen Halloween- Spaß, einen perversen Streich!" Da hebt die geisterhafte Stimme an:

Verschwende nicht meine begrenzte Zeit damit, meine Existenz zu leugnen. Sieh dir statt dessen meine Last genau an. Es sind die Ketten meines Lebens. Ich habe sie Glied für Glied geschmiedet. Besessen von meinen ärztlichen Pflichten übersah ich, was wirklich wichtig war.

Bruce Wayne protestiert: "Sie irren sich! Mein Vater hat Leben gerettet! Er war ein großer Mann!" - "Bruce ... Aus Liebe zu dir wage ich, dich zu besuchen. Ich hoffe, es ist nicht zu spät. Deine Besessenheit als Batman schmiedet eine noch größere, schwerere Kette! Heute nacht, wenn die Uhr eins schlägt, kommt der erste von drei Geistern zu dir. Beherzige ihre Warnungen, mein Sohn. Beherzige ihre Warnungen ..."

Was optisch und inhaltlich wie ein x-beliebiger, durchschnittlicher Superheldencomic begann, entwickelt sich schon nach wenigen Seiten zu einer reizvollen Variante der altbekannten "Scrooge"-Erzählung von Charles Dickens. Auch der Zeichenstil paßt sich den neuen Gegebenheiten an, wird leichter und phantasievoller, und man erkennt, daß das überzogene Superhelden- Klischee am Anfang ein beabsichtigtes Stilmittel war, das dem Leser durchaus störend auffallen sollte.

"Über all den Verdiensten Batmans bleibe ich selbst im Schatten. Wollte mein Vater mir das mitteilen?" Diese Erkenntnis zieht Bruce Wayne aus der Begegnung mit den Geistern, die ihn am Ende zu seinem eigenen Grab führen und ihm so demonstrieren, wie schnell er nach seinem Tod in Vergessenheit geraten würde. Bruce Wayne wäre jedoch nicht Batman, wenn er nicht wüßte, wie er das Problem angehen kann. Und so trifft er sich am nächsten Tag mit seinem alten Bekannten Lucius, um nach vielen Jahren doch noch sein Angebot anzunehmen, eine "Bruce Wayne-Stiftung" zu gründen. Außerdem hat er gelernt, daß es im Leben mehr gibt, als nur den Weg des einsamen Dunklen Ritters zu gehen und so bleibt er an Halloween zu Hause, um den Kindern der Nachbarschaft ihre Forderung nach "Süßem oder Saurem" zu erfüllen ...

Bevor der Panini im wahrsten Sinn des Wortes das Superhelden-Heft in die Hand nahm und mittlerweile monatlich zwischen 15 und 20 verschiedene Titel auf den Markt bringt, erschienen in den Albenkollektionen von Carlsen und Ehapa sporadisch einige handverlesene Abenteuer mit den beliebtesten Superhelden, zu denen natürlich auch der Dunkle Ritter gehört. Die hier vorliegende Geschichte "Geister", die 1998 in der Ehapa Comic Collection als sechster Band der damaligen Batman-Reihe erschien, steht beispielhaft für diese "Perlen", nach denen es sich zu suchen lohnt. Bestimmt ist das eine oder andere Album noch antiquarisch erhältlich.


Jeph Loeb und Tim Sale
Batman (6) "Geister"
Ehapa, Stuttgart, Juli 1998
56 Seiten, Softcover, farbig, Kleinformat
ISBN 3-7704-1387-3