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ANTIQUARIAT/055: "Die Blauen Boys" von Cauvin und Lambil (SB)


Raoul Cauvin, Willy Lambil


Die Blauen Boys

Band 22 "Strohmänner" und Band 23 "Zirkusreif"



Heute stellen wir Ihnen mit den "Blauen Boys" zur Abwechslung wieder eine Jugend-Serie vor, die, wie so mancher andere gutgemachte Comic auch, angesichts des überwältigenden Manga- Angebots (der Carlsen Verlag beispielsweise, in dem die Serie bis 1999 erschien, bringt heute jährlich 250 Mangas auf dem Markt und nur noch 60 andere Comics) bei uns schon fast in Vergessenheit geraten ist, obwohl die Reihe zu den Klassikern der frankobelgischen Marcinelle-Schule zählt.

Die "Blauen Boys" Blutch und Chesterfield sind Soldaten der Nordstaatenarmee zur Zeit des amerikanischen Sezessionskrieges, die, wie es damals üblich war, unfreiwillig rekrutiert wurden, nachdem man sie betrunken gemacht hatte. Obwohl sie Freunde sind, unterscheiden sich die beiden vom Charakter her gewaltig: der kleine Blutch folgt vor allem seinem gesunden Selbsterhaltungstrieb. Getreu seinem Motto: "Ich will kein toter Held sein", sieht er sein Ziel vor allem darin, den Krieg zu überleben. Besonders die menschenverachtende Gesinnung mancher Generäle, die die Soldaten als Kanonenfutter betrachten, ist für Blutch ein Grund, immer wieder aufzubegehren, wodurch er oft in brenzlige Situationen gerät. Der korpulente Chesterfield hingegen, der es schon zum Sergeanten gebracht hat, ist ein pflichtbewußter Soldat, dem es sichtlich schwerfällt, seinen Glauben an die Autorität seiner Vorgesetzten aufzugeben.


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"Die Blauen Boys" wurden 1968 von dem Autor Raoul Cauvin erdacht. Die Serie trat in dem Magazin Spirou an die Stelle des mitsamt seinen Schöpfern zum neugegründeten Pilote gewechselten "Lucky Luke". Zunächst erschienen ausschließlich Kurzgeschichten, die der Zeichner Louis Salvérius gestaltete. Nach dessen Tod im Jahr 1972 übernahm Willy Lambilotte, besser bekannt unter dem Namen Lambil, den Part des Zeichners. In Deutschland kamen die Abenteuer der Blauen Boys zunächst in den Publikationen von Rolf Kauka heraus, später veröffentlichte der Bastei Verlag 17 Hefte mit "Bud & Chester", wie sie dort hießen (1981/1982). Von 1989 bis 1999 brachte der Carlsen Verlag 23 Alben heraus; seit 1999 wird die Serie bei Salleck fortgesetzt.

Zur Veranschaulichung werfen wir noch einen Blick in die beiden letzten, bei Carlsen erschienenen Bände:

Dies ist unsere exakte Position! Hier bringen wir unsere Artillerie in Stellung, und etwas weiter westlich, in diesem Waldstück, hält sich unsere Kavellerie bereit. Das 19. Corps unter General Auger stellt sich Early diesseits des Potomac entgegen und startet auf mein Zeichen hin den ersten Angriff ...

... Wenn alles nach Plan verläuft, Gentlemen, haben wir Early und seine Armee besiegt, bevor sie den Potomac durchqueren können. Sie können wegtreten.

Eine Strategiebesprechung des Generalstabs ist eine völlig normale Angelegenheit und findet alle Tage statt. Ungewöhnlich hingegen ist, daß auch die beiden einfachen Soldaten Chesterfield und Blutch hinzugezogen werden, und der General offensichtlich gesteigerten Wert darauf legt, daß die beiden auch alles ganz genau verstehen. Während Chesterfield der Meinung ist, man habe nun endlich ihre besonderen Qualitäten erkannt, wittert der mißtrauische Blutch Morgenluft.

Spätestens, als man ausgerechnet ihn, den notorischen Querulanten, unter einem Vorwand zum Offizier befördert, sieht Blutch seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Und während Chesterfield sich immer noch darüber grämt, warum man nicht ihm, sondern seinem aufmüpfigen Kumpel diese Ehre angedeihen ließ, grübelt Blutch darüber nach, in welcher Angelegenheit sie wohl als Kanonenfutter dienen sollen.

Die Antwort soll er bald bekommen: Blutch und Chesterfield bekommen eine Aufklärungsmission übertragen und sollen in einem Fesselballon aufsteigen, um sich einen Überblick über das Gelände zu verschaffen. "Unglücklicherweise" löst sich die Verankerung des Ballons und die beiden treiben in Richtung Feindesland. Als sich herausstellt, daß die Ballastsäcke statt mit Sand mit Federn gefüllt sind, so daß sie nicht weiter aufsteigen können, kann auch Chesterfield kaum mehr an einen Zufall glauben. Nun weiß Blutch auch, was es mit der Planbesprechung auf sich hatte: In dem Glauben, daß Chesterfield und Blutch die Angelegenheit nicht durchschauen würden, tischten die Herren Generäle ihnen absichtlich falsche Informationen auf, mit denen sie die Konföderierten in die Falle locken wollen ...

Die Fortsetzung der Geschehnisse findet sich im folgenden Band:

Sie müssen doch zugeben, daß es eine idiotische Idee war, einen Korporal so mir nichts, dir nichts in den Rang eines Lieutenants zu befördern und ihn dem Feind in die Hände fallen zu lassen, damit er ihm falsche Informationen zuspielt.

Stimmt! Das hätte verheerende Folgen haben können!

Es HATTE verheerende Folgen!

Nachdem Blutch und Chesterfield von ihren Vorgesetzten so schmählich als Lockvögel mißbraucht wurden, sind sie desertiert. Damit höheren Orts nichts von den Machenschaften der Herren Offiziere bekannt wird, die dieses Manöver erdachten, sollen die beiden nun gesucht, und, bevor sie etwas ausplaudern können, exekutiert werden ...

Die Gesuchten halten sich in Mexiko auf, wo sie sich beinahe zu Tode langweilen. Vor allem der patriotische Chesterfield hält es bald nicht mehr aus und faßt einen gefährlichen Plan: Er will nach Washington reiten, um seine und Blutchs Begnadigung zu erwirken. Dieser versucht vergeblich, seinem Freund die Idee auszureden. Schließlich werden die beiden steckbrieflich gesucht - und auf Desertion steht bekanntlich die Todesstrafe. Trotzdem beschließt Blutch, Chesterfield zu begleiten.

Unterwegs stehlen ihnen Pferdediebe eines ihrer Reittiere, so daß ihre Reise nun wesentlich beschwerlicher wird. Wenig später treffen sie auf einen kleinen Wanderzirkus, der ebenfalls eines Pferdes - seines einzigen - beraubt wurde. Für unsere beiden Freunde wäre dies eine hervorragende Möglichkeit, unbemerkt durch das Land zu reisen. Daher tun sie sich mit den Zirkusleuten zusammen und stellen ihnen Blutchs Pferd zur Verfügung. Kaum ist man sich einig, nähern sich einige Soldaten, die auf der Suche nach den Deserteuren sind. Gerade noch können die beiden sich im Zirkuswagen verstecken, was ihnen jedoch wenig nützt, denn er soll gründlich durchsucht werden. Nun ist guter Rat teuer.

Glücklicherweise kommt Blutch die rettende Idee. Er verkleidet sich und seinen Freund als "siamesischen" Clown und die beiden geben eine Stehgreif-Vorstellung zum besten. Auch die Zirkusleute beweisen Geistesgegenwart und stellen den Soldaten "Tim und Tom" als Höhepunkt ihrer Show vor.

Natürlich müssen die beiden noch einige weitere Abenteuer durchstehen, bis es zum - zwar unterwarteten, aber dennoch glücklichen - Ende dieses Abenteuers kommt ...

16.10.2007


Die Blauen Boys
von Raoul Cauvin und Willy Lambil
Band 22 "Strohmänner" und Band 23 "Zirkusreif"
Carlsen Verlag, Hamburg, Februar/August 1999
je 48 S., farbig, Softcover
Band 22 ISBN 3-551-71836-9
Band 23 ISBN 3-551-71837-7