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ANTIQUARIAT/061: "Tarzan"-Neuauflage von Bruce Jones und anderen (SB)


Burroughs, Jones, Schenk, Yeates


Tarzan

Band 1 "Tarzans Zorn"



An den großen Vorbildern der Vergangenheit, wie der sorgfältigen Gestaltung Hal Fosters oder der rasanten, anatomisch jedoch immer korrekten Dynamik von Burne Hogarth, den beiden bekanntesten klassischen Tarzan-Zeichnern, hat man sich bei dieser Neuauflage zwar kein Beispiel genommen, dafür bekommt der Leser eine in ihrer Kuriosität sicher einmalige Interpretation der Abenteuer des edlen Dschungelhelden geboten. Lassen Sie sich überraschen. Ein wenig Sinn für Humor sollte man jedoch unbedingt mitbringen.

Schon das Titelbild ist gewöhnungsbedürftig. Man blickt erstaunt auf poppige rosa-lila-Töne, die absolut nichts mit Urwald oder Dschungel zu tun haben. Die Tatsache, daß man in dem Kundenmagazin Tocktock dasselbe Bild in viel ansprechenderen grün-blau-Tönen abgebildet findet, liefert hierfür allerdings eine mögliche Erklärung: Wahrscheinlich wurde hier schlicht und einfach eine Druckfarbe vergessen. Bei der Zeichnung muß man jedoch von Absicht ausgehen und sie hätte auch durch andere Farben kaum dazugewonnen. Man sieht einen grimmigen Gorilla, der, Jane im Arm, zum Angriff gegen Tarzan antritt - ein klassisches Motiv also, gegen das an sich nichts einzuwenden ist. Doch wird dieser Kampf wahrscheinlich der erste sein, den Tarzan verliert, denn er ist hoffnungslos unterlegen. In der gekünstelten Haltung eines Ballettänzers scheint er auf den von oben herabspringenden Affen zuzuschweben, mit durchgebogenem Hohlkreuz, nach hinten gestreckten Oberkörper, einen Arm zaghaft nach vorne gestreckt, den anderen mit dem Messer in der Hand artig angewinkelt - kurz, eine Haltung, die weder anatomisch noch dramaturgisch überzeugend wirkt. Und erst Jane! In ein hautenges rotes Etwas gehüllt, das an ein Abendkleid erinnert, nimmt sie, die Beine angewinkelt, den Hintern rausgestreckt, eine Haltung ein, die am ehesten mit einem verunglückten Kopfsprung vergleichbar ist. Mit beleidigtem Schmollmund blickt sie Tarzan vorwurfsvoll an - wahrscheinlich befürchtet auch sie, daß er verliert.

Das Lesevergnügen selbst ist nicht so schlimm, wie man es angesichts des verunglückten Covers erwartet. Sieht man von einigen Show-Einlagen ab, die selbst James Bond zur Ehre gereichen würden - so schwingt Tarzan sich zum Beispiel, als ein Flugzeug auf sein Haus zu stürzen droht, vom Dach aus in selbiges, reißt dem verdutzten Piloten den Steuerknüppel aus der Hand und zieht die Maschine wieder hoch. Ein anderes Mal springt er von einem Fesselballon in einen anderen, um dessen Insassinnen zu Hilfe zu kommen. Bei seiner Landung bringt er jedoch den Korb zum Kippen, die beiden Frauen fallen heraus, eine kann er noch halten, die andere hält sich am Fuß der ersten fest, so daß Tarzan am Ende mit einer Hand drei Menschen hält, und das in schwindelnder Höhe bei heftigem Wind - handelt es sich um eine völlig normale Tarzan-Geschichte, wie sie ein durchschnittlich begabter Zeichner zustande bringt und von denen in der Vergangenheit schon etliche erschienen sind. Diesmal sind allerdings - SF läßt grüßen - auch Außerirdische mit im Spiel.

Die Story ...

In Mondschein getaucht sieht man Jane im Bett liegen. Sie schläft. Auf dem Nachttisch liegt (welch sinnige Idee) ein Tarzan-Heft mit einem Cover, in dem man das Bild erkennt, das auf der vorigen Seite dieses Albums zu sehen war - Tarzan im Kampf mit einem gigantischen Krokodil. Rap - Rap - Rap - Taka - Booooooom - Jane erwacht von diesen merkwürdigen Geräuschen. Nachdem das durchsichtige Tuch, mit dem sie sich dekorativ umhüllte, sich unversehens in ein eng anliegendes Unterkleid verwandelt hat, geht die Action los: Ein mächtiger Gorilla stürzt sich auf Jane, die natürlich keine Chance hat. Glücklicherweise kommt Hilfe in Form von Tarzan und einem Freund herbei, und der Riesenaffe kann unschädlich gemacht werden.

Eine junge Eingeborene tritt in den Raum, sie heißt Kita und wollte Tarzan um Hilfe bitten, sagt sie. Ihr gehörte der Affe und sie ist bekümmert, daß er Jane gebissen hat, denn nun ist auch sie mit einer geheimnisvollen Krankheit infiziert, die sie "Tara" - das Wort ihres Volkes für die Pest - nennt. Keinen scheint es zu wundern, daß dem Erkrankten bei dieser Form der "Pest" merkwürdige Schlingen und Lianen aus dem Körper herauswuchern, wie man bei dem Affen beobachten konnte. Nun ja. Die junge Frau kennt eine Heilpflanze, die in ihrer Heimat, den verborgenen Städten von Fhala, wächst, und Tarzan macht sich in Begleitung von Kita, seinem unterdessen eingetroffenen Freund Paul D'Arnot und einer weiteren geheimnisvollen Frau, die dieser unterwegs aufgelesen hat, auf den Weg. Was es mit den beiden Unbekannten auf sich hat, darüber wird in diesem ersten Abenteuer nur in Bruchstücken Aufklärung gegeben, schließlich folgen noch weitere Bände ...

Aaaahhheeeeaaaahh!

6. Dezember 2007


Tarzan (1) "Tarzans Zorn"
Burroughs, Jones, Schenk, Yeates
Carlsen Verlag, Hamburg, Januar 1998
48 S., farbig, Softcover, Format 17x26 cm
ISBN 3-89343-769-X