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INTERNATIONAL/024: Honduras - E-Learning-Plattform hilft Teenagern bei Schwangerschaftsverhütung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. Oktober 2015

Honduras: E-Learning-Plattform hilft Teenagern bei Schwangerschaftsverhütung

von Thelma Mejía



Bild: © Thelma Mejía/IPS

Die 16-jährige Cinthia Padilla, die Teenager vor ungewollten Schwangerschaften schützen will
Bild: © Thelma Mejía/IPS

PLAN GRANDE, HONDURAS (IPS) - Seit vier Jahren bringt die inzwischen 16-jährige Cinthia Padilla Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in dem abgelegenen Fischerdorf Plan Grande im Norden von Honduras bei, das Internet im Alltag zu nutzen. Ihr neuestes Projekt ist eine E-Learning-Plattform, durch die Teenager lernen können, ungewollte Schwangerschaften zu verhindern.

Cinthias Vater Oscar Padilla hat das Leben in Plan Grande bereits grundlegend verbessert, indem er als Dorfvorstand eine ständige Versorgung mit Strom aus Wasserkraft eingeführt hat. Zudem initiierte er ein Projekt zum Schutz des Matías-Flusses. Seine Tochter begleitete ihn bereits früh zu Treffen mit den Einwohnern von Plan Grande.

"Heute zeige ich Kindern und Erwachsenen in meiner Freizeit, wie sie Computerprogramme wie Word und Excel für sich nutzen können", erzählt Cinthia, die die erste Klasse einer weiterführenden Schule besucht. "Ich fing mit einem gebrauchten Rechner an, den mir eine Unternehmerin aus der Hauptstadt Tegucigalpa schenkte. Bis jetzt habe ich mehr als 60 Kinder und viele Erwachsene fortgebildet."

Dank der Kenntnisse der jungen Frau, die später Systemingenieurin werden will, entdeckten viele der 500 Dorfbewohner die Vorteile des Internets. Fischer sind nun in der Lage, ihren Fang besser zu vermarkten und Hilfsmittel, die sie für ihre Arbeit brauchen, günstiger einzukaufen.


Unterstützung durch Globale Umweltfazilität

Mit ihrer E-Learning-Plattform will Cinthia andere Teenager über Verhütungsmethoden aufklären. Unterstützt wird sie dabei von dem Netzwerk für Nachhaltige Entwicklung, das die Nutzung von Kommunikationstechnologien in dem armen zentralamerikanischen Staat mit etwa 8,8 Millionen Einwohnern fördert.

Der Erfolg von Cinthias Initiative stieß auch auf Interesse bei dem Bürgermeister der Gemeinde Santa Fé, Noel Ruiz, sowie bei dem Kleinkreditprogramm (SGP) der Globalen Umweltfazilität (GEF), das von dem UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) umgesetzt wird. Mit Hilfe eines von SGP bereitgestellten Darlehens von 50.000 US-Dollar soll das Lernprojekt ab 2016 auf die gesamte Gemeinde Santa Fé und die Nachbargemeinde Balfate ausgeweitet werden.

In Plan Grande, wo die Plattform im Rahmen eines Pilotprogramms getestet wird, zeigen sich die Lehrer begeistert. Denn Teenagerschwangerschaften sind in der Region häufig. Dort leben vorwiegend Angehörige der Garifuna-Ethnie, deren Vorfahren afrikanische Sklaven waren, die sich mit der indigenen Bevölkerung mischten. Laut Schätzungen der Afro-Honduranischen Organisationen und Gemeinschaften sind etwa zehn Prozent der Bevölkerung von Honduras Schwarze.

Julissa Esther Pacheco, die in der Siedlung Punta Frijol nahe Plan Grande unterrichtet, hofft, dass die neue Internet-Plattform den Jugendlichen die Augen öffnet. Bisher seien viele Mädchen schwanger geworden, weil sie nicht aufgeklärt seien, sagt sie. "Auch wenn die Schüler hier keinen privaten Zugang zum Internet haben, können sie in der Schule lernen, interaktive Programme zu nutzen, die sie über ihren Körper aufklären."


Bild: © Thelma Mejía/IPS

Schüler in dem Dorf Punta Frijol im Norden von Honduras begrüßen IPS-Journalistin
Bild: © Thelma Mejía/IPS

Unter Pachecos Schülern ist auch der achtjährige Javier Alexander Ramos. "Ich gehe in die vierte Klasse. Mir gefällt das Programm, weil wir mit Hilfe von Spielen etwas lernen. Und die Mädchen verlieben sich nicht mehr so früh und werden nicht schwanger", erklärt er, während Mitschüler und ihre Eltern in herzhaftes Lachen ausbrechen. Der Junge hat keinen eigenen Computer, kann aber die Rechner in seiner Schule nutzen.

Javier sagt, er träume von einem Land, das allen bessere Bildung, Frieden und Sicherheit garantiere, wie es bereits in Plan Grande geschieht. Dabei kann das Fischerdorf, das etwa 400 Kilometer von Tegucigalpa entfernt liegt und nur per Boot zu erreichen ist, nur geringe Bildungsmöglichkeiten bieten. Der Großteil der Bevölkerung lebt vom Fischfang und von Subsistenzwirtschaft. Einige verdingen sich an anderen Orten als Saisonarbeiter.


Hohe Schwangerschaftsrate bei Teenagern

In der Gemeinde Santa Fé, die aus drei Dörfern und neun kleinen Siedlungen besteht, bekamen bereits viele Mädchen Kinder. Laut dem honduranischen Gesundheitsministerium und den Vereinten Nationen verzeichnet das zentralamerikanische Land eine der höchsten Schwangerschaftsraten bei Teenagern. Demnach bringt jedes vierte Mädchen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren ein Kind zur Welt. Offiziellen Statistiken zufolge liegt die Geburtenrate bei 108 pro 1.000 Mädchen aus dieser Altersgruppe.

Um Cinthias Initiative zu unterstützen, legte Bürgermeister Ruiz im September den symbolischen Grundstein für ein Computerlabor, in dem die E-Learning-Plattform ab dem kommenden Januar genutzt werden kann. Besitzer alter Computer sind gebeten, Plan Grande ihre Rechner zu spenden, damit möglichst viele Menschen mit dem Internet vertraut gemacht werden können.

"Die jungen Leute hier verlieren allmählich die Scheu, sich selbst auszudrücken", meint Cinthia. "Mit Hilfe dieser Plattform werden wir ihnen beibringen, wie sie auf sich achten können und sich am besten in den sozialen Netzwerken bewegen." (Ende/IPS/ck/15.10.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/10/youngster-uses-technology-to-fight-teen-pregnancy-in-honduran-village/

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IPS-Tagesdienst vom 15. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2015

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