Schattenblick →INFOPOOL →BILDUNG UND KULTUR → FAKTEN

SPRACHE/666: Sprachenstreit in Italien (idw)


Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 27.10.2009

Sprachenstreit in Italien


Über Jahrhunderte hinweg stritten sich italienische Gelehrte über die Frage, welcher der landesüblichen Dialekte zur Hochsprache Italiens werden sollte. Mit diesem Streit hat sich die Romanistin Sandra Ellena von der Uni Würzburg in ihrer Doktorarbeit auseinandergesetzt. Ihr Werk wurde nun mit einem Preis ausgezeichnet.

Den mit 1.500 Euro dotierten Elise-Richter-Preis des Deutschen Romanistenverbandes bekam die junge Wissenschaftlerin Ende September in Bonn überreicht. "Ich habe mich sehr gefreut, die Ehrung in meiner Geburtsstadt entgegennehmen zu dürfen. Ein schöner Nebeneffekt ist auch, dass ich zusammen mit den 500 Euro, mit denen die Unterfränkische Gedenkjahrstiftung meine Doktorarbeit ausgezeichnet hat, nun schon einen guten Teil der Druckkosten bestreiten kann." Erscheinen soll ihre Arbeit im Niemeyer-Verlag (Tübingen).

Sandra Ellena, Jahrgang 1973, geboren in Bonn, studierte Romanistik (Italienisch, Französisch) und Anglistik an den Universitäten Würzburg und Padua. Ab 2000 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Würzburger Romanistik bei Professor Wilhelm Pötters, der sie bei ihrer Promotion betreut hat.

Seit 2007 arbeitet Sandra Ellena an der Uni als Dozentin für italienische, spanische und französische Sprachwissenschaft. Sie übernimmt dabei vornehmlich die linguistische Ausbildung im Grundstudium, bereitet zum Teil aber auch die Studierenden aufs Examen vor und wirkt bei der Organisation der Lehre mit.

Wie Sandra Ellena den italienischen Sprachenstreit, die so genannte Questione della lingua, untersucht hat? Überliefert ist der Streit in vielen Textquellen: in Traktaten, Briefwechseln, Vorwörtern von Grammatiken und in Lexika. Solche Quellen aus der Zeit vom 14. bis zum 18. Jahrhundert hat die Romanistin ausgewertet.


Norditalienische Dialekte im Mittelpunkt

Konzentriert hat sich Sandra Ellena dabei auf die Rolle der norditalienischen Dialekte und Regionalsprachen. Wie wurden diese im Sprachenstreit bewertet? Welche ihrer Merkmale nahmen die Gelehrten wahr? Stellten sie diese Dialekte und Regionalsprachen gelegentlich auch als Gegenmodell zur toskanischen Norm dar? Das Toskanische sollte sich später als Hochsprache durchsetzen. Zur Modernisierung und wirklichen Verbreitung dieser Sprache kam es aber erst im 19. und 20. Jahrhundert.

"In meiner Arbeit konnte ich belegen, dass das Norditalienische eine größere Präsenz in der Questione della lingua besitzt, als es die traditionelle Forschungsliteratur zu diesem Thema vermuten lässt", so Sandra Ellena. Ihre Dissertation verstehe sie als Dokumentation des Sprachenstreits aus der Perspektive einer "Verlierervarietät". Sie wollte damit zudem einen Beitrag zur Rekonstruktion regionalsprachlicher Identitäten leisten.


Habilitation als mögliches Ziel

Die Würzburger Romanistin zieht nun eine Habilitation in Erwägung. "Derzeit suche ich ein interessantes Thema, möglichst im Bereich einer anderen romanischen Sprache als Italienisch und möglichst zu einem modernen statt einem historischen Untersuchungsgegenstand", sagt sie. Doch die Lehre will sie trotzdem nicht missen: "Bei den Studierenden möchte ich Begeisterung für die Linguistik und die Vielfalt der romanischen Sprachen wecken."

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution99


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Robert Emmerich, 27.10.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Oktober 2009