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SF-JOURNAL/005: Akzente... Internationale SF-Preise (SB)


Internationale SF-Preise


Wer kennt das nicht: Man steht als wohlgeneigter Neuling in der Science Fiction-Szene an der übervollen Regalwand im Buchladen und fühlt sich erschlagen von dem reichhaltigen Angebot. Mit welchen Romanen steigt man am besten ins Genre ein, gefällt einem der Autor auch, der so bekannt ist und von dem man noch nichts gelesen hat, oder greift man lieber erst zur Sekundärliteratur, um sich einen gewissen Überblick zu verschaffen und dann systematisch vorzugehen?

Verlockend und durchaus nicht so verwirrend wie es zunächst scheint, ist auch die Vorgehensweise, einfach in die Vollen zu greifen und sich von den Buchrückeninformationen bei der Wahl verführen zu lassen. Will man sich allerdings dabei an die Empfehlungen halten, die durch die unübersehbar aufgedruckten Auszeichnungen, das heißt Preisverleihungen, gegeben werden, stößt man schon wieder auf die eigene Anfänger-Unkenntnis. "Awards", "Hugos" und "Preise" purzeln durcheinander und schließlich ist nicht mehr klar, wofür das Buch in der Hand denn nun prämiert wurde oder ob der Preis etwas über die gewünschte Richtung aussagt. Hier deshalb ein kleiner Grundkurs:


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Seit 1950 werden jedes Jahr Science Fiction-Preise verliehen, was nicht unerheblichen Einfluß auf die Anstrengungen der Autoren hatte, dem Genre neue Impulse hinzuzufügen. Zunächst wurden die sogenannten "Hugos" (die Abkürzung für den "Hugo Gernsback Award") Gradmesser für literarische Höhepunkte.

Den meisten Preisverleihungen ist gemein, daß sie jeweils einen Preis für die vier Prosa-Kategorien erteilen:

Roman: mehr als 40.000 Wörter
Novelle: 17.500 bis 40.000 Wörter
Erzählung: 7.500 bis 17.500 Wörter
Short Story: weniger als 7.500 Wörter
(Kurzgeschichte)

Im folgenden werden nur die Literaturpreise aufgeführt, die direkt mit Science Fiction zu tun haben und die wohl die bekanntesten unter ihnen sind:

1. Hugo Gernsback Award
2. Nebula Award
3. John W. Campbell Award
4. John W. Campbell Memorial Award
5. Locus Award
6. Philip K. Dick Memorial Award
7. Kurd-Laßwitz-Preis

weitere seien hier nur erwähnt (teilweise werden Science Fiction- Autoren auch mit Preisen für Fantasy ausgezeichnet):

World Fantasy Award Prometeus Award (vergeben von der Libertarian Futurist Society) British Fantasy Award (vergeben von der British Fantasy Society) Arthur C. Clarke Award (jährlich für den besten in England veröffentlichten SF-Roman verliehen) BSFA Award (von der British Science Fiction Association)


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1. Der Hugo Gernsback Award

Es gibt ihn seit 1953. Sein Name wurde zu Ehren von Hugo Gernsback (1884-1967) gewählt, dem Herausgeber von "Amazing Stories" (seit 1926), dem ersten Science Fiction-Magazin in den USA. Bei der Abstimmung entscheiden die Science Fiction-Leser selbst. Das hat Einfluß auf die Wahl der prämierten Titel, die meist schon einen großen Beliebtheitsgrad haben. Zur Verleihung treffen sich jedes Jahr die Teilnehmer des sogenannten "Worldcon" (World Science Fiction Convention), das sind SF-Fans, -Autoren, -Verleger und -Künstler aus aller Welt.

Der "Hugo" wird nicht nur für die oben aufgeführten vier Prosa- Abteilungen verliehen, sondern unter anderem auch für den "Best Fan Artist", den "Best Fan Writer", den "Best Professional Artist" und den "Best Professional Editor".


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2. Der Nebula Award

Er existiert seit 1965. Die Bewertung für den Nebula bezieht sich auf literarische Qualität und Originalität. Seit 1973 wird er für die oben genannten vier Kategorien erzählerischer Prosa vergeben und seit 1974 gibt es auch Spezialpreise wie den Nebula für "Best Dramatic Presentation", Plaketten für "pre-Nebula-dates film work" oder den "Grand Master Award".

Die Jury setzt sich ausschließlich aus SF-Autoren zusammen, die dem Science Fiction-Schriftstellerverband, den Science Fiction Writers of America (SFWA), angehören. Die Gewinner werden durch Abstimmung der Mitglieder anhand von Vorschlagslisten gewählt.

Ein für Leseratten besonders erfreulicher Leckerbissen ist, daß die preisgekrönten Erzählungen zusammen mit den Stories auf dem 2. und 3. Platz in einem Jahresband als "Nebula Award Stories" herausgegeben werden, und zwar von einem prominenten Mitglied der SFWA.


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3. Der John W. Campbell Award

wird für den jeweils vielversprechendsten Nachwuchsautoren des Vorjahres vergeben, gewählt von den Teilnehmern des "Worldcon" (World Science Fiction Convention).


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4. Der John W. Campbell Memorial Award

wird jedes Jahr für den originellsten und literarisch anspruchsvollsten Roman verliehen. Es entscheidet eine Jury, die aus Wissenschaftlern und Autoren besteht.

Der Name wurde zum Andenken an John W. Campbell gewählt, dem Herausgeber des Magazins "Astounding" (später "Analog", "Science Fact"/"Science Fiction") und Kritiker, Betreuer, Förderer und Freund vieler Autoren.


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5. Der Locus Award

Die größte SF-Fachzeitschrift der Welt, "Locus - The Newspaper of the Science Fiction Field", ermittelt seit 1971 jedes Jahr durch eine Umfrageaktion unter der Leserschaft, den Locus Poll (Abstimmung durch Fragebögen), die besten SF-Romane und SF-Erzählungen und Preise für herausragende Leistungen im Fandom.


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6. Der Philip K. Dick Memorial Award

Philip K. Dicks Romane erschienen ehemals als Taschenbücher. Ihm zu Ehren wird der nach ihm benannte Preis für den besten, original als Taschenbuch erschienenen Roman erteilt.


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7. Der Kurd-Laßwitz-Preis

Dies ist der wichtigste deutsche Science Fiction-Literaturpreis, der jedes Jahr unter Autoren, Herausgebern, Lektoren, Übersetzern, Künstlern und Rezensenten ermittelt wird, die beruflich mit Science Fiction zu tun haben (aus Deutschland, Österreich und der Schweiz). Das Verfahren ist eine Fragebogen-Umfrage.

Der Name stammt von Kurd Laßwitz (1848-1910), dem Vater der deutschen Science Fiction. Er war mit Kurzgeschichten und dem Roman "Auf zwei Planeten" wegweisend für die Entwicklung des Genre.


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Literatur:
Alpers/Fuchs/Hahn/Jeschke (Hrsg.):
Lexikon der Science Fiction-Literatur,
Bd. 1 und 2, München 1980, Heyne Verlag


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Akzente
Hinweise auf
- Bemerkenswertes, Erfreuliches und Wissenswertes
- Höhepunkte und Tendenzen in der Entwicklung
- neue literarische Richtungen
- gesellschaftliche Einflüsse


Erstveröffentlichung am 20. August 1995

5. Januar 2007