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SF-JOURNAL/041: Autoren... C. Darlton, Altmeister von Raum und Zeit (SB)


Walter Ernsting oder Clark Darlton, (geb. 13.6.1920)


Eigentlich unterschlägt man einen großen Teil seines Werkes, wenn man Walter Ernsting bzw. Clark Darlton nur als den Mitbegründer der größten Weltraumserie der Welt, Perry Rhodan, und als geistigen Vater ihrer berühmten und beliebtesten Figur Gucky sieht. Als engagierter Förderer der deutschen Science Fiction-Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg, als Gründer des "Science Fiction-Club Deutschland", als geduldiger und einflußreicher Ansprechpartner für SF-Autoren und - Fans hat er prägenden Einfluß auf die deutsche SF-Szene der 50er und 60er Jahre genommen. Die bevorzugten Themen seiner Romane sind Zeitreisen und der außerirdische Ursprung irdischen Lebens, was auf seinen langjährigen Freund Erich von Däniken abfärbte.

Zusammengefaßt gilt Walter Ernsting als ein liebenswerter Querkopf.


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Persönliche Daten

Walter Ernsting, bekannt geworden unter dem Pseudonym Clark Darlton, wurde in Koblenz geboren. In Essen besuchte er das Gymnasium. 1936 flog er mit der Auflage aus der Hitlerjugend, nie wieder einer nationalsozialistischen Organisation beizutreten. 1938 bestand er das Notabitur, arbeitete kurz bei Opel und wurde 1939 zum Reichsarbeitsdienst abgestellt. Zu dieser Zeit wollte er von Politik nichts wissen und gab sich lieber mit Swing, Mädchen und Jungenstreichen ab. Schon damals begeisterte er sich für die SF- Romane von Hans Dominik. Aus England bezog er Zeitschriften, die ihm später eine Verhaftung und vierzehn Tage Arrest durch die Gestapo einbrachten. Eigentlich wollte er nach England umsiedeln, fürchtete jedoch um seine zurückbleibende Mutter.

1940 mußte Ernsting doch noch zur Wehrmacht. Er wurde in Polen und Norwegen stationiert und hatte in Norwegen losen Kontakt zum Untergrund. 1942 wurde er nach Frankreich versetzt, wo er in einem Benimmkurs für angehende Offiziere mit dem Umgang mit Messer und Gabel vertraut gemacht werden sollte. Nach kurzer Zeit wurde er wegen empörter Widerworte für sechs Wochen in den Bau gesteckt. Schließlich transportierte man ihn nach Rußland zum Bewährungstrupp ab.

Während der Kapitulation hielt er sich gerade in Lettland auf und geriet von dort in russische Kriegsgefangenschaft (Arbeitslager in Karaganda, Sibirien), wo er aufgrund einer Lungenkrankheit mehrere Krankenhausaufthalte über sich ergehen lassen mußte.

Am 25. April 1950 traf Walter Ernsting nach seiner Entlassung wieder in Bonn ein. Für fünf Jahre Gefangenschaft erhielt er 1800 DM und kaufte sich einen VW-Käfer. Er arbeitete als Dolmetscher für die britischen Besatzungsbehörden und lernte aufgrund seines ungebrochenen, langjährigen Interesses an utopischer Literatur in einem Armeeladen der britischen Streitkräfte angloamerikanische SF- Magazine und SF-Taschenbücher kennen. Das brachte ihn auf die Idee, dafür einen deutschen Verleger zu suchen. 1953 stieß er auf die Jim Parker-Hefte des Pabel-Verlages und nahm mit Pabel und dessen Lektor Kurt Bernhardt Verbindung auf, um sie zur Herausgabe englischsprachiger Science Fiction zu überreden.

Von nun an betätigte er sich als Agent für Autoren, übersetzte, redigierte und startete als Lektor die berühmte Heftreihe UTOPIA Großband. Für Übersetzungen erhielt er 150 DM, so daß er sich auch noch an Western wie Jesse James beteiligen mußte.

1954 verbrachte Walter Ernsting wegen seiner nicht ausgeheilten Lunge neun Monate im Krankenhaus. Er begann selbst zu schreiben, mußte aber, um seine Romane in der eigenen Reihe veröffentlichen zu können, anfangs einen Übersetzertrick anwenden, da er dem Verlag versprochen hatte, vorrangig amerikanische Science Fiction herauszugeben. Seine ersten Romane schummelte er unter dem Pseudonym Clark Darlton ein, übersetzt von Walter Ernsting (sein Erstlingswerk "Ufo am Nachthimmel" erschien 1955). Der Schwindel flog nach einigen Heften auf, aber inzwischen war er so erfolgreich und beliebt, daß er weiterschreiben konnte.

Nach Streitigkeiten mit Kurt Bernhard wechselte Walter Ernsting mehrmals zwischen den Verlagen Pabel und Moewig hin und her, schrieb für Leihbuchverlage und hatte besonderen Erfolg mit der Herausgabe des ersten deutschen SF-Magazins ("Utopia Sonderband", später "Utopia Magazin"). Zeitweise war er auch Herausgeber der deutschen Taschenbuchausgaben der amerikanischen SF-Magazine "F&SF" und "Galaxy".

Am 4.8.1955 gründete Walter Ernsting den "Science Fiction Club Deutschland", zu dem u.a. Hugo Gernsback und Walter Spiegl gehörten und der bis heute besteht. Inzwischen entwickelte sich das Haus Ernstings in Irschenberg zur Anlaufstelle für Science Fiction-Fans und -Freunde.

1955 begegnete er dem Jungautoren Karl Herbert Scheer, den er von nun an redaktionell betreute.

1960 planten die beiden Autoren Scheer und Darlton zusammen mit dem nunmehr Chefredakteur des Moewig-Verlags Kurt Bernhard eine Heftserie mit einem feststehenden Helden. Am legendären Datum 8.9.1961 erschien der erste Perry Rhodan-Band. Im Auftrag waren zunächst zehn Bände, in Aussicht ein etwa dreißigbändiger Zyklus. Seitdem sind Dauer (40 Jahre) und Bestand auf der Welt bisher einmalig. Perry Rhodan erscheint wöchentlich und wird in ein halbes Dutzend Sprachen übersetzt. Inzwischen gibt es fünf Auflagen, dazu die Nebenserie ATLAN, PR Planetenromane, eine Leihbuchausgabe und eine bearbeitete Hardcover-Version. Zusammengerechnet kommt man auf mehr als eine Milliarde (!) verkaufte Exemplare. Clark Darlton war der Erfinder des berühmten, niedlichen außerirdischen Ilts Gucky und Ernst Ellerts, dem meist körperlosen Zeitreisenden. Zeitdilatation und der Besuch von Außerirdischen in prähistorischer Zeit auf der Erde sind Lieblingsthemen von Clark Darlton.

1973 erfüllte sich Clark Darlton einen alten Wunsch und schrieb eine Serie von Jugendbüchern (1973 "Rätsel-Trilogie", 1978 "Raumschiff Neptun"). 1979 erschien sein wohl bekanntester Roman, der Prä- Astronautik-Thriller "Der Tag, an dem die Götter starben". Walter Ernsting war bekannt dafür, daß er trotz der Unmengen, die er schrieb, zuverlässig pünktlich produzierte. Er veröffentlichte auch unter weiteren Pseudonymen wie Fred McPatterson, Tom Chester und Frank Haller (Western).

1981 zog er nach Irland um und war nun von seinen Fans räumlich getrennt. 1992 verabschiedete er sich von Perry Rhodan. 31 Jahre lang hatte er 192 Hefte und 24 TB-Serien mitgestaltet. "Vielen von Euch dürfte bekannt sein, daß ich an einem Lungenemphysem und an Kreislaufschwäche leide und die Schreibmaschine pensionieren mußte", schreibt er dazu an seine Fans.

1994 verließ er Irland wieder aus gesundheitlichen Gründen und zog nach Salzburg zu seinem Sohn Robert.

Mit den Fans steht er nur noch per Videobotschaft und Handy in Verbindung. Nach wie vor nimmt er jedoch regen Anteil: "Leider mußte ich wegen meiner Krankheit auch meinen Wohnsitz in Irland aufgeben und wohne nun wieder in Österreich. Immerhin hat die ganze Misere den einen Lichtblick: Ich habe nun endlich die Muße, in aller Ruhe jede Woche den neuen Perry Rhodan zu lesen. Eine vollstarke Lektüre, würde meine Tochter Sonja urteilen." (aus Perry-Rhodan Heft Nr. 1864 "Vorabend der Apokalypse", PR-Report von Hubert Haensel) Am 13. Juni 2000 ist Walter Ernsting 80 Jahre alt geworden.


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Leseprobe

Mit allem, was Clark Darlton schrieb, vermittelt er Begeisterung für ein Leben, das weit über unsere irdische menschliche Existenz hinausreicht - ins Weltall, in die Zeit. Er spielt mit der Idee, daß ein Leben, das nicht an die Grenzen körperlicher Existenz gebunden ist, nie endet. Über Umwege vermittelt geht es um nichts Unbedeutenderes als den sehnsüchtigen Wunsch der Menschen nach Unsterblichkeit:

Ich werde dir das Geheimnis des Lebens zeigen - das Geheimnis des niemals endenden Lebens, mein Freund. Du wirst begreifen, daß der Tod nicht das Ende, sondern nur ein neuer Anfang ist. Oder auch nur ein Übergangsstadium, wenn du so willst. [...] Löse dich von deinem Körper und stirb, suche dir einen neuen Körper, wenn dir der alte nicht mehr gefällt. Verlasse diese Welt und finde eine neue. Entdecke die Unendlichkeit des Alls und begib dich auf die Wanderschaft durch die Weiten des Kosmos.
(aus Clark Darlton: Der Sprung ins Jenseits, Heyne Verlag München, 1968, S. 17 und S. 39)


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Autoren
- Persönliche Daten
- neue Akzente für die Science Fiction-Literatur
- Zur Schreibtechnik
- Stellungnahmen zur Science Fiction
in Interviews und Romanen
- Werke mit Auszeichnungen und Verfilmungen
- Leseproben

Erstveröffentlichung 2000

8. Januar 2007