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BERICHT/031: Leibniz-Gemeinschaft - Anspruch und Wirklichkeiten? (SB)


Fragen zu den Forschungslandschaften in Deutschland am Beispiel der Leibniz-Gemeinschaft

Aus Anlaß des Jahrespressegesprächs der Leibniz-Gemeinschaft am 24. März 2014 in Berlin



Gut 300 Jahre nach der Gründung einer Wissenschaftsakademie durch Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) beruft sich heute eine Reihe von wissenschaftlichen Einrichtungen auf den Universalgelehrten, so zum Beispiel die Leibniz-Gemeinschaft, die Leibniz Sozietät und die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Der Schattenblick will in einer Serie von Berichten und Interviews diese Institutionen vorstellen, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten und an alle drei die Frage nach ihrem Beitrag zur Bewältigung gesellschaftlicher Problemen richten.

Mit inzwischen 89 Einrichtungen zählt die Leibniz-Gemeinschaft zu den Giganten in der außeruniversitären Forschungslandschaft Deutschlands. Weniger Industrienähe als die Fraunhofer-Gesellschaft, nicht so großforschungsorientiert wie die Helmholtz-Gemeinschaft und nicht zentral organisiert wie die Max-Planck-Gesellschaft versucht die 1997 gegründete, von ihren beiden Hauptwurzeln her jedoch ältere Leibniz-Gemeinschaft ihren Platz im Spektrum des deutschen Wissenschaftsbetriebs zu behaupten. Entstanden ist sie einerseits aus der "Blaue Liste"-Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschlands (seit 1977) und andererseits mehreren Dutzend Instituten der Akademie der Wissenschaften der DDR, über die der Wissenschaftsrat, das führende wissenschaftspolitische Beratergremium Deutschlands, nach der Wende nicht den Daumen gesenkt hat.

Nebeneinander an einer Tischreihe sitzend - Foto: © 2014 by Schattenblick

Jahrespressegespräch der Leibniz-Gemeinschaft mit Prof. Dr. Rainer Brunsch, Christian Walther, Prof. Dr. Karl Ulrich Mayer, Prof. Dr. Clemens Fuest, Prof. Dr. Martin Möller (von links nach rechts).
Foto: © 2014 by Schattenblick

Wenn man gegenüber einem Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft versehentlich von Leibniz-"Gesellschaft" spricht, kann es passieren, daß man höflich, aber in der Sache bestimmt auf den Irrtum aufmerksam gemacht wird. Das durfte der Autor im Vorfeld des Jahrespressegesprächs am 24. März 2014 in der Geschäftsstelle der Leibniz-Gemeinschaft in der Berliner Chausseestraße 111 selbst erfahren. Der Hinweis hat nicht allein formale, sondern durchaus inhaltliche Gründe. Die Leibniz-Gemeinschaft umfaßt vergleichsweise autonome Forschungseinrichtungen. Das sei "bottom-up" wurde dem Autor auf Neudeutsch mitgeteilt, nicht "top-down" wie bei manchen anderen Forschungsinstitutionen.

Der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft erläßt keinen Ukas oder, in der klerikalen Variante, keine Bulle, dem die Institutsleitungen Folge zu leisten hätten. Es findet keine von oben gesteuerte Programmforschung statt, vielmehr bestimmen die Leibniz-Institute die Themen durch eigene Suchprozesse. "Koordinierte Dezentralität" lautet das Zauberwort.


Autonomie ist relativ

Den Einrichtungen der "Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V.", wie der vollständige Name lautet, wird ein Budget zugeteilt, über das sie relativ frei verfügen können. Die Einschränkung "relativ" muß insofern gesetzt werden, als daß die Institute einer regelmäßigen Bewertung unterzogen werden. Sowohl der Senat der Leibniz-Gemeinschaft als auch der Finanzträger von Bund und dem Land, in dem das jeweilige Institut seinen Stammsitz hat, evaluieren turnusmäßig, spätestens nach sieben Jahren die Forschungsrelevanz einer Einrichtung.

Das Konzept der Leibniz-Gemeinschaft scheint aufzugehen. Wie der im Juli dieses Jahres aus seinem Amt scheidende Präsident Prof. Karl Ulrich Mayer mit deutlich spürbarer Erleichterung und einem gewissen Stolz berichtete, hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) aus Bund und Ländern auf ihrem Treffen am 7. März die Strategie der Leibniz-Institute "in wesentlichen Punkten aufgegriffen und bestätigt". Damit verbunden sei ein "Finanzkorridor", der über das Jahr 2015 hinausreicht. Auch der Wissenschaftsrat habe in seinen "Braunschweiger Empfehlungen" [1] zur Zukunft des Wissenschaftssystems den Platz der Leibniz-Gemeinschaft in der deutschen Forschungslandschaft bestätigt und empfohlen, die Forschungsverbünde zu einem "Markenkern" der Leibniz-Gemeinschaft weiterzuentwickeln.

Mit den auf maximal acht Jahre geförderten Forschungsverbünden zwischen Leibniz-Instituten und externen Forschungseinrichtungen hat es eine besondere Bewandtnis. Sie sind neben den (auf höchsten vier Jahre geförderten) WissenschaftsCampi eines von zwei neueren Vernetzungsinstrumenten, mit denen sich die Leibniz-Institute innerhalb der Forschungs- und Hochschullandschaft Deutschlands einbringen. Für beide Instrumente zusammen sind fünf Millionen Euro jährlich aus dem von der GWK genehmigten Fördertopf von 30 Mio. Euro für Forschungen vorgesehen.

Auf dem Jahrespressegespräch faßte Prof. Mayer die generelle Ausrichtung seiner Organisation wie folgt zusammen: "Die Leibniz-Gemeinschaft ist bereits jetzt und wird zukünftig noch stärker derjenige Ort im deutschen Wissenschaftssystem sein, an dem exzellente rechtlich und wissenschaftlich eigenständige Institute gesellschaftlich relevante Forschungen in der Verbindung von grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung betreiben, in der die Institute sich zunehmend vernetzen und ihre Kompetenzen bündeln für aktuelle Problemstellungen, die wichtige Infrastrukturen vorhalten und weiterentwickeln, indem sie insbesondere auch auf dem Weg der Kooperationen mit den Hochschulen neue Wege eingehen."

Unterhalb des Bundesforschungsministerium als höchste Instanz des Wissenschaftsbetriebs sind GWK und Wissenschaftsrat die entscheidenden administrativen bzw. beratenden Einrichtungen, die den Kurs der staatlich geförderten Forschung in Deutschland bestimmen. Ihr wichtigstes Steuerungsmittel ist die Finanzierung. Der Leibniz-Gemeinschaft wird vom Wissenschaftsrat zwar eine hervorragende Arbeit und auch Fortschritte hinsichtlich der Frage attestiert, wie sie sich strategisch aufzustellen gedenkt, aber es greifen andere Forschungseinrichtungen mit einem stärker konturierten Profil und einer eindeutigeren Funktionszuweisung in den gleichen Fördertopf. Auch sie erfüllen die in sie gesetzten Erwartungen und bedienen ein bestimmtes politisches Interesse an der Wissenschaft.

Solange das Bundesforschungsministerium erfolgreich gegen andere Ministerien um Anteile am Bundeshaushalt konkurriert, dürfte die auf eine regelmäßige Erweiterung abhebende Leibniz-Gemeinschaft - in diesem Jahr sind drei neue Institute aufgenommen worden [2] - keine Finanzierungsengpässe zu spüren bekommen. Doch ausgerechnet die von Prof. Mayer als "Stärke" ausgewiesene "fachliche Vielfalt und Synergie durch Verbindung von Kultur- und Sozialwissenschaften mit Natur- und Lebens- und Technikwissenschaften" könnte in einer noch zugespitzter von Nutzungs- und Leistungsdenken geprägten Forschungslandschaft als Eigenschaft der Schwäche ausgelegt werden - mit den entsprechenden Konsequenzen, wie sie jedem Wettbewerb innewohnen.

Daß die Blaue-Liste-Institute unter der einheitlichen Marke "Leibniz-Gemeinschaft" auftreten, diente bereits vor vielen Jahren ihrer Profilierung. Nichtsdestotrotz hat der Wissenschaftsrat im Juni vergangenen Jahres in seinen Braunschweiger Empfehlungen besonders der Helmholtz-Gemeinschaft und der Leibniz-Gemeinschaft zu "einer weiteren Profilschärfung" geraten. Beide durchliefen "seit geraumer Zeit Strategieprozesse, die perspektivisch eine Um- oder Neuorientierung ihrer zentralen Leitbilder erwarten lassen", heißt es dort. Und die folgenden Sätze der Empfehlungen klingen so, als wolle der Wissenschaftsrat speziell diesen beiden Einrichtungen in Zukunft noch genauer auf die Finger schauen, sich womöglich sogar in ihr Management einmischen. Er beabsichtige, schreibt der Rat, "diese Prozesse durch Hinweise zur weiteren Entwicklung [...] in gesamtsystemischem Interesse konstruktiv mitzugestalten".

Des weiteren empfiehlt der Wissenschaftsrat "angesichts der themenorientierten Weiterentwicklung der Leibniz-Gemeinschaft" Bund und Ländern "eine Überprüfung der finanziellen Steuerung der Leibniz-Gemeinschaft", um - verkürzt gesagt - Entscheidungen zur finanziellen Bemittelung effizienter zu gestalten.

Es kann nur gemutmaßt werden, daß die Erleichterung des Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft über die Bestätigung ihrer Arbeit durch die fortgesetzte Förderung unter anderem darauf zurückgeht, daß er sich gar nicht sicher sein konnte, ob die Leibniz-Institute zukünftig weiter im gleichen Ausmaß wie bisher finanziert werden. Die Unsicherheit scheint sogar programmatisch zu sein, unterstützt sie doch den erwünschten Wettbewerb innerhalb der deutschen Forschungslandschaft. [3]

Mit der Einrichtung von WissenschaftsCampi und Forschungsverbünden, die der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft zu den erfolgreichsten Projekten seines Wirkens an der Spitze dieser Institution zählt, erfüllt die Leibniz-Gemeinschaft bereits zentrale Empfehlungen der Politik. Dennoch, so der Eindruck, ist nicht alles eitel Sonnenschein. Der Wissenschaftsrat hatte noch im vergangenen Jahr von einer "Herausforderung" gesprochen, vor der die Leibniz-Gemeinschaft stehe, indem sie den Anspruch erhebe, "andere und weiter reichende Aufgaben zu übernehmen", um durch den Zusammenschluß der verschiedenen Einrichtungen im Verbund der Leibniz-Gemeinschaft "einen erkennbaren Mehrwert für das Wissenschaftssystem" zu erzielen.

Was würde geschehen, so könnte man fragen, wenn der begehrte "Mehrwert" nicht mehr von Bund und Ländern anerkannt wird?


Das Diktat der "Zuwendungsgeber"

Wenngleich die Leibniz-Gemeinschaft selbst "bottom-up" aufgestellt ist, wird ihr seitens der Politik einen Überbau verpaßt, den man nur als "top-down" bezeichnen kann. Der Wissenschaftsrat spricht es deutlich aus:

"Die Leibniz-Gemeinschaft unterliegt [...] sowohl mit Blick auf die Aufnahme und Schließung von Einrichtungen, als auch hinsichtlich ihres Budgets, das durch die Zuwendungsgeber direkt an die einzelnen Einrichtungen vergeben wird, einer starken Steuerung durch Bund und Länder."

Wie diese Steuerung aussieht, ging aus den näheren Erklärungen des Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft zum Aufnahmeprozeß für weitere Einrichtungen hervor: Neue Institute oder Institutseinrichtungen werden entweder vom Bund oder den Ländern angemeldet (in diesem Jahr werden es voraussichtlich 32 Anmeldungen sein, davon 22 für WissenschaftsCampi und 10 für Forschungsverbünde). Dann wird innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft eine Kommission gebildet, die auch eine Begehung macht, sich den Kandidaten anschaut und eine Empfehlung an den Senatsausschuß "Strategische Vorhaben" ausspricht. Der gibt das weiter an die GWK, die sich mit dem Wissenschaftsrat abstimmt.

Der "Zuwendungsgeber", wie es in Beamtendeutsch heißt, legt den Rahmen für die inhaltliche Ausrichtung der Leibniz-Institute fest, da von ihm die Vorschläge für eine Erweiterung ausgehen, und er setzt seine Finanzmittel ein, indem er bestimmte Forschungen fördert und andere nicht. Das ist nicht neu und überrascht sicherlich niemanden. Dennoch ist dieser Umstand nicht zu vernachlässigen. Ganz deutlich wird hieran der Einfluß der Politik auf die staatlich geförderte Wissenschaft in Deutschland.

Da stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Entscheidungsträger die Finanzmittel vergeben. Oder anders gefragt, ob denn der Kriterienkatalog etwas anderes widerspiegelt als das vorherrschende Interesse, die Wissenschaft darauf auszurichten, um Deutschland zum führenden Wirtschaftsstandort zu machen.

Mehr dazu erfährt man im "Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern über die Errichtung einer Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK-Abkommen)" vom 19. September 2007 (BAnz S. 7787). Da heißt es unter Artikel 2: "Aufgaben der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz": "Die Mitglieder der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz streben unter Wahrung ihrer Kompetenzen bei gemeinsam berührenden Fragen eine enge Koordination auf dem Gebiet der nationalen, europäischen und internationalen Wissenschafts- und Forschungspolitik mit dem Ziel an, die Leistungsfähigkeit des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutschland im internationalen Wettbewerb zu steigern." [4]

Der von der Politik vorgegebene Rahmen wird natürlich nicht derart eng gesetzt, daß nur nach am Nützlichkeitsdenken ausgerichtete Forschungen, die taktisch kurzfristige Erfolge innerhalb der Nationenkonkurrenz erwarten lassen, finanziert werden. Beispielsweise gehören zur Leibniz-Gemeinschaft auch 205 "Infrastruktureinrichtungen", die Dienstleistungen für andere bringen, wie zum Beispiel Bibliotheken. Die lassen keinen Mehrwert im engeren ökonomischen Sinn erkennen. Ihr Wert ergibt sich eher aus der Bewahrung einer geisteswissenschaftlichen Tradition und darin, daß der Zugang zu dem älteren Wissen und der kulturell geprägten Denktradition auch für kommende Generationen offen gehalten wird. Der Nutzen solcher Einrichtungen wäre folglich eher strategischer Natur.

Porträt, beim Vortrag - Foto: © 2014 by Schattenblick

"Die ganze Begrifflichkeit, die ganze Denke, das ganze Kategorienschema" droht durch Vorgaben der europäischen Programmforschung verändert zu werden. (Prof. Mayer)
Foto: © 2014 by Schattenblick

Dennoch geben die mahnenden Worte Prof. Mayers zu denken, der in der europäischen Forschungspolitik eine Gefahr für die, wie er es nennt, "autonome Forschung" heraufziehen sieht. Mit Ausnahme des European Research Council werde auf europäischer Ebene im wesentlichen Programmforschung betrieben und versucht, die nationale Forschungspolitik darin einzubinden: "Da sehe ich eine relativ große Gefahr, daß der Bereich der Forschung, der eigentlich autonom durch die Wissenschaft gesteuert ist, tendenziell kleiner wird." Das bedeute nicht, daß dabei nicht aktuelle Probleme bearbeitet würden, aber: "Ich sehe große Gefahren im Rahmen der europäischen Forschungspolitik, daß im Grunde die ganze Begrifflichkeit, die ganze Denke, das ganze Kategorienschema bereits quasi vorgegeben ist und man sich darauf einlassen muß, wenn man Mittel abrufen will."

Insofern hätten die Leibniz-Gemeinschaft und andere Forschungsorganisationen mit autonom bestimmter Forschung "einen ganz, ganz wichtigen Platz", sieht Prof. Mayer das Gute im Schlechten.

Da stellt sich allerdings die Frage, ob die Politik weiterhin dazu stehen wird und solche relativ autonomen Forschungen nicht der Effizienzsteigerung opfern wird. So wurde mit dem 1999 beschlossenen Bologna-Prozeß die Bildung eines einheitlichen Europäischen Hochschulraums eingeleitet. Diesem Trend wird sich die Leibniz-Gemeinschaft, die mindestens über ihre WissenschaftsCampi unmittelbar in diese Entwicklung involviert ist, nicht entziehen können.


Von der Leistungsspirale umschlungen

Zur Zeit der Morgendämmerung der Aufklärung, als der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz seine Studien betrieb und das Duale System erfand, um mit Hilfe der Sprache der Mathematik bzw. Logik alle Mißverständnisse zwischen Menschen und damit auch sämtliche Kriege zu beenden [5], war Philosophie die Leitwissenschaft. Abgelöst wurde sie in der Moderne, in der die Wissenschaften sehr weitgehend ausdifferenziert sind, von der Ökonomie, der Lehre vom Haushalt. Selbstverständlich schlägt sich das in den Absichten, Zielen, Methoden und Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeiten nieder. Auch die staatlich geförderte Wissenschaft dient nicht dem allgemeinen Erkenntniszuwachs oder gar "der Menschheit", sondern Partikularinteressen aus Politik und Wirtschaft.

Die Leibniz-Gemeinschaft spricht von einer funktional sinnvollen Arbeitsteilung in der außeruniversitären Forschungslandschaft Deutschlands und nimmt für sich den Platz einer Einrichtung in Anspruch, die relativ flexibel und rasch auf Forschungsanforderungen reagiert. Dennoch ist die Gefahr unübersehbar, daß es der Leibniz-Gemeinschaft, die mit einem Bein in den ökonomisch weniger attraktiven Geisteswissenschaften steht und zudem sowohl Grundlagen- als auch anwendungsorientierte Forschung betreibt, also nicht ausschließlich an Nützlichkeitskriterien ausgerichtet ist, in den nächsten Jahren noch schwerer gemacht werden könnte, sich gegenüber ihrer Konkurrenz durchzusetzen.

Bund und Länder wollen "eine Leistungsspirale in Gang setzen, die die Ausbildung von Spitzen und die Anhebung der Qualität des Hochschul- und Wissenschaftsstandortes Deutschland in der Breite zum Ziel hat", schreiben die "Zuwendungsgeber" der GWK [4]. Dazu ist zu sagen, daß die von permanenter Evaluierung und Konkurrenz vor sich hergetriebenen Forscherinnen und Forscher tendenziell immer weniger andere wissenschaftliche Ergebnisse hervorbringen werden als jene, die ihnen innerhalb eben dieses Wettbewerbs Vorteile verheißen. Es läßt sich gut vorstellen, daß vor diesem Hintergrund die von allen Wissenschaftseinrichtungen beanspruchte "Qualität" oder gar "Exzellenz" der Forschung ebenfalls diesen Maßgaben folgt.


Fußnoten:

[1] http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3228-13.pdf

[2] Das Leibniz-Institut für Interaktive Materialien an der RWTH Aachen, das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe in Bamberg und das Leibniz-Institut für Photonische Technologien in Jena.

[3] In seinen "Braunschweiger Empfehlungen" [Fußnote 1]schreibt der Wissenschaftsrat: "Ein zentrales Element zur Sicherung der Qualität wissenschaftlicher Leistungen und der Effizienz des Wissenschaftssystems ist der Wettbewerb um Ressourcen. Die Forschungsorganisationen sollen ihre Instrumente des organisationsinternen Wettbewerbs kontinuierlich weiterentwickeln und effizient ausgestalten; Bund und Länder erwarten von ihnen, dass sie zugunsten übergeordneter strategischer Anliegen auch finanziell Prioritäten setzen. Auch am organisationsübergreifenden Wettbewerb sollen sie sich mit dem Ziel der Leistungssteigerung des Wissenschaftssystems verstärkt beteiligen."

[4] http://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/GWK-Grundlagen-03-2011.pdf

[5] Gesine Wiemer: "Nicht streiten - rechnen! Wie Leibniz mit Nullen und Einsen die Probleme der Welt lösen wollte.", in: Leibniz-Journal - Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft, 1/2014, S. 32.


Ein SB-Interview mit dem Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft, Prof. Karl Ulrich Mayer, finden Sie unter:
BILDUNG UND KULTUR → REPORT
INTERVIEW/011: Leibniz-Gemeinschaft - Universaloption und Grenzen, Prof. Karl Ulrich Mayer im Gespräch (SB)

1. April 2014