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BIBLIOTHEK/357: Tonaufnahmen von Horkheimer und Löwenthal (Goethe-Uni Frankfurt)


Johann Wolfgang Goethe-Universität - 22. Juli 2008

Unveröffentlichte Tonaufnahmen von Horkheimer und Löwenthal

Bedeutende Schenkung der Universität Bremen / neues Verfahren der digitalen Datensicherung


FRANKFURT. Das Archivzentrum der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg hat bisher unbekannte Tonaufnahmen von Max Horkheimer (1895 bis 1973) und Leo Löwenthal (1900 bis 1993) erhalten. Es handelt sich um ein Geschenk der Universität Bremen; die Horkheimer-Aufnahmen wurden von seinem offiziellen Biografen Matthias Becker erstellt.

Die vom Bremer Soziologen und Erziehungswissenschaftler Prof. Ottmar Preuß übergebenen Bänder enthalten ausführliche Interviews, die seit den frühen 1970er-Jahren entstanden. Darin sprechen Horkheimer und Löwenthal über ihr Leben und Werk, den Begriff der Freiheit, Kritik an der Gesellschaft und über die Sehnsucht nach dem "ganz anderen". Das Material lässt zudem neue Erkenntnisse über das enge Vertrauensverhältnis von Horkheimer zu Becker nach dem Tod Friedrich Pollocks im Jahre 1970 zu. "Ich bin froh darüber, dass die Tonbänder nun fachkundig archivisch aufbereitet und wissenschaftlich ausgewertet werden", sagte Preuss, der als Alumnus der Goethe-Universität noch enge Beziehungen zu seiner Alma Mater pflegt.

Das Frankfurter Archivzentrum freut sich, gerade im 40. Jubiläumsjahr der '68er' seine Bestände mit solch aussagekräftigen Archivalien zur Frankfurter Schule zu ergänzen. Derzeit sind im Nachlass Horkheimer etwa 100 Tonträger mit Reden, Vorträgen und Interviews aus den Jahren 1938 bis 1972 vorhanden, die seit 2003 auf digitalen Tonträger und CDs zur Verfügung stehen. Aufgrund bislang ungelöster Probleme bei der langfristigen Konservierung solcher Medientypen kooperiert das Archivzentrum seit März 2008 mit dem Kompetenznetzwerk für digitale Langzeitarchivierung nestor. Ziel der Zusammenarbeit ist es, in Kooperation mit anderen Einrichtungen geeignete Dateiformate einsetzen zu können sowie passende und verfügbare Lesegeräte für solche Medientypen dauerhaft vorzuhalten. So können nicht zuletzt die neu erhaltenen Tonaufnahmen auch in Zukunft von einer breiten Fachöffentlichkeit genutzt werden. Als Kompetenznetzwerk für Fragen der Langzeitarchivierung digitaler Ressourcen bündelt nestor die in Deutschland identifizierbaren Kompetenzen auf diesem Gebiet und sucht den Kontakt zu entsprechenden Initiativen und Fachgruppen. Zu den Aufgaben von nestor zählen der Aufbau der nestor-Community aus dem Bereich der Bibliotheken, Archive und Museen. Nationale und internationale Experten bearbeiten über die Dialogplattform www.langzeitarchivierung.de zahlreiche Projekte im Bereich der digitalen Langzeitarchivierung.

Der Öffentlichkeit sind die Interviews nach ihrer Aufbereitung ab Anfang September im Archivzentrum zugänglich, montags bis freitags jeweils von 9.30 bis 16.30 Uhr nach Voranmeldung und im Rahmen der Benutzungsordnung (www.ub.uni-frankfurt.de/archive/home.html).

Die Nachlässe Horkheimer und Löwenthal im Archivzentrum

In den Jahren 1974 und 1994 übergaben die Erben Horkheimers und Löwenthals deren kompletten Nachlässe im Umfang von insgesamt rund 350.000 Seiten an die Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt. Seitdem zählen sie zu den bedeutendsten Beständen des Frankfurter Archivzentrums.

Horkheimer und der gebürtige Frankfurter Löwenthal gelten neben Theodor W. Adorno als Hauptvertreter der sogenannten >Kritischen Theorie< der Frankfurter Schule. Dabei war Horkheimer auch Professor für Sozialphilosophie an der Goethe-Universität sowie Mitbegründer und Direktor des Instituts für Sozialforschung bis zu dessen Schließung durch die Nationalsozialisten.

Die Emigration führte beide Anfang der 1930er-Jahre in die USA. Während Löwenthal 1956 einen Lehrstuhl an der Universität von Kalifornien in Berkeley erhielt, gründete Horkheimer an der Columbia University das Institut für Sozialforschung neu. 1947 veröffentlichte Horkheimer gemeinsam mit Adorno die >Dialektik der Aufklärung<, eines seiner Hauptwerke. 1949 kehrte Horkheimer an die Universität Frankfurt zurück, wo er 1950 das Institut für Sozialforschung wieder einrichten konnte. Der Literatursoziologe Löwenthal blieb bis zu seinem Tod in den USA.


Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt am Main. Vor 94 Jahren von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn größten Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht derzeit für rund 600 Millionen Euro der schönste Campus Deutschlands. Mit 45 eingeworbenen Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Uni den deutschen Spitzenplatz ein. In drei Forschungsrankings des CHE in Folge und in der Exzellenzinitiative zeigt sich die Goethe-Universität als eine der forschungsstärksten Hochschulen Deutschlands.

Internet: www.uni-frankfurt.de


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 48 vom 25. März 2008
Herausgeber: Der Präsident
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60054 Frankfurt am Main
Redaktion: Stephan M. Hübner, Pressereferent
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Internet: www.uni-frankfurt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2008