Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1025: Urgent Action - USA (Ohio) - Hinrichtung von M. Wiles


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-093/2012-1, AI-Index: AMR 51/027/2012, Datum: 18. April 2012 - bs/gs

USA (Ohio)
Hinrichtung von M. Wiles

Weitere Informationen zu UA-093/2012 (AMR 51/024/2012, 28. März 2012)



MARK WILES, 49 Jahre

Mark Wiles wurde am 18. April im US-Bundesstaat Ohio hingerichtet. Er war schuldig befunden worden, im Jahre 1985 einen Mord begangen zu haben. Der Gouverneur von Ohio hatte am 11. April das Gnadengesuch des Gefangenen abgelehnt. Vor seiner Hinrichtung hatte Mark Wiles mehr als 25 Jahre im Todestrakt gesessen.

Mark Wiles war wegen des Mordes an Mark Klima, einem 15-jährigen Jungen, zum Tode verurteilt worden. Bei der Anhörung vor dem Begnadigungsausschuss am 15. März wurden unter anderem neurologische Gutachten über eine mögliche schwere Hirnschädigung bei Mark Wiles vorgelegt. Mehrere VerteidigerInnen berichteten zudem von der Reue ihres Mandanten. Dem Begnadigungsausschuss wurde darüber hinaus von Mark Wiles' guter Führung, seiner konstruktiven Rolle und seiner persönlichen Entwicklung im Gefängnis berichtet. Dennoch sprach sich der Begnadigungsausschuss einstimmig gegen die Begnadigung aus und erklärte, dass "das Bereuen der Tat, die Übernahme der Verantwortung und die gute Führung im Gefängnis" nicht ausreichen, um die Umwandlung des Todesurteils zu rechtfertigen. Am 11. April teilte ein Berater von Gouverneur John Kasich in einem Schreiben an Mark Wiles mit, der Gouverneur werde der Empfehlung des Begnadigungsausschusses folgen und habe entschieden, das Gnadengesuch abzulehnen.

Dies war die erste Hinrichtung im US-Bundesstaat Ohio seit der Exekution von Reginald Brooks am 15. November 2011. Davor war sechs Monate lang kein Todesurteil vollstreckt worden. Die Aussetzung von Hinrichtungen war darauf zurückzuführen, dass vor einem US-Bundesgericht Eingaben bezüglich der Hinrichtungsmethode in Ohio anhängig waren. Die gerichtlichen Anhörungen zu dieser Frage hatten 2004 begonnen. Im Juli 2011 stoppte ein US-Bezirksgericht alle Hinrichtungen bis zur Entscheidung über die Hinrichtungsmethode. Die überarbeiteten Bestimmungen über die Hinrichtungsmethode in Ohio traten am 18. September in Kraft, so dass Hinrichtungen wieder möglich waren. Nachdem das Bezirksgericht jedoch zu der Erkenntnis gelangt war, dass die überarbeiteten Bestimmungen bei der Hinrichtung von Reginald Brooks nicht eingehalten worden waren, wurden Exekutionen in Ohio erneut ausgesetzt. Das Gericht kritisierte den "zweifelhaften Kreislauf aus der Verteidigung eines oftmals unvertretbaren Verfahrens, der darauf folgenden Reformierung der Bestimmungen, die dann aber wiederum nicht eingehalten wurden". Im Februar 2012 stellten die RechtsanwältInnen von Mark Wiles im Rahmen der gerichtlichen Verfahren über die Hinrichtungsmethode einen Antrag auf Aussetzung der Exekution von Mark Wiles. Am 4. April lehnte das Bezirksgericht den Antrag mit der Begründung ab, Mark Wiles habe nicht in ausreichender Weise deutlich gemacht, dass ein Hinrichtungsaufschub berechtigt sei. Der Richter merkte jedoch zugleich an, dass der Bundesstaat Ohio durch die dort praktizierte Hinrichtungsmethode per Giftspritze verfassungsrechtliche Schutzvorschriften "routinemäßig missachtet" und "immer wieder gegen seine eigenen für Hinrichtungen erlassenen Bestimmungen verstoßen hat". Die Bestimmungen als solche befand der Richter als rechtlich nicht zu beanstanden, er führte aber weiter aus: "Das Problem besteht darin, dass Ohio seine erklärten Absichten wiederholt nicht umgesetzt hat". Für das Gericht, so der Richter, stelle sich somit die Frage: "Können wir Ohio nunmehr vertrauen?" Er selbst sei "skeptisch, ob Ohio in der Lage ist, seine jüngsten Reformen einzulösen", die in erster Linie in der Umsetzung "neuer Weisungsstrukturen und Verfahrensabläufe" bestehen. Der Richter fügte gleichwohl hinzu, er sei "bereit, Ohio das notwendige Maß an Vertrauen entgegenzubringen, um die geplante Hinrichtung zu genehmigen". Zu dieser Entscheidung habe er sich angesichts des bisherigen Vorgehens der Behörden in Ohio "nur zögerlich" durchringen können.

Mark Wiles verzichtete auf weitere Rechtsmittel gegen den abschlägigen Bescheid seines Antrags auf Aussetzung der Hinrichtung. Daraufhin wurde er am Vormittag des 18. April kurz nach 10.00 Uhr Ortszeit in der nahe Lucasville gelegenen Strafvollzugsanstalt in Süd-Ohio exekutiert.

Seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen 1977 sind in den gesamten USA 1291 Todesurteile vollstreckt worden, 47 davon im Bundesstaat Ohio, der im Jahr 1999 den Vollzug der Todesstrafe wieder aufgenommen hat. Im laufenden Jahr 2012 sind in den Bundesstaaten Arizona, Florida, Mississippi, Ohio, Oklahoma und Texas bisher 14 Menschen hingerichtet worden.

Vielen Dank allen, die versucht haben, die Hinrichtung zu verhindern.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-093/2012-1, AI-Index: AMR 51/027/2012, Datum: 18. April 2012 - bs/gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Postfach - 53108 Bonn
Heerstr. 178, 53111 Bonn
Telefon:+ 49 228 98373-0, Fax: +49 228 630036
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de

veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2012