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AKTION/1185: Urgent Action - Kolumbien, Paramilitärs bedrohen Menschenrechtlerin


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-268/2012, AI-Index: AMR 23/035/2012, Datum: 17. September 2012 - bs

Kolumbien
Paramilitärs bedrohen Menschenrechtlerin



Frau LUZ ELSIA ALMANZA SUÁREZ
und weitere Mitglieder der Menschenrechtsorganisation ASFADDES

Luz Elsia Almanza, Mitglied der Vereinigung der Familienangehörigen "Verschwundener" ASFADDES, hat am 6. September Morddrohungen von Paramilitärs erhalten. Amnesty international befürchtet, dass auch weitere ASFADDES-Mitglieder in großer Gefahr sind.

Am 4. September machten zwei Männer von einem Motorrad aus Fotos von Luz Elsia Almanza und ihrer Mutter. Luz Elsia Almanza ist die Koordinatorin der Menschenrechtsorganisation namens Vereinigung der Familienangehörigen "Verschwundener" (Asociación de Familiares de Detenidos Desaparecidos - ASFADDES) in der Stadt Barrancabermeja. Ebenfalls am 4. September parkten zwei Männer auf einem weiteren Motorrad vor dem Haus der Menschenrechtlerin in Barrancabermeja und beobachteten es mehrere Minuten lang. Am 6. September erhielt Luz Elsia Almanza eine SMS der paramilitärischen Gruppierung Los Urabeños, in der sie bedroht wurde. In der Kurznachricht wurde sie aufgefordert, ihre Kampagnenarbeit für die Aufklärung des Verschwindenlassens und der Tötung von John Jairo Amador Valencia einzustellen. Die SMS lautete übersetzt: "Wir wissen, wo du wohnst, wir wissen, wo du bist, ASFADDES-Koordinatorin Luz Almanza". Luz Elsia Almanza Suárez hat angegeben, nach dieser Drohung weiterhin verfolgt zu werden.

Zwei Tage nach seinem "Verschwinden" war am 22. Mai in dem kleinen Dorf Tenerife in Barrancabermeja der Leichnam von John Jairo Amador Valencia gefunden worden. Man hatte ihm Hände und Füße gefesselt. Die Tötung folgte auf den Jahrestag des Verschwindens seines Vetters Riky Nelson Garcia in Barrancabermeja, der gemeinsam mit 24 weiteren Personen am 16. Mai 1998 "verschwunden" war. Die Organisation ASFADDES setzt sich für die Aufklärung von Fällen von Verschwindenlassen und Tötungen ein. Dabei geht es auch um aktuelle Fälle, in denen MotorradfahrerInnen, die Taxidienste in Barrancabermeja angeboten haben, dem Verschwindenlassen zum Opfer fielen und getötet wurden.

Am 27. Juli ging im ASFADDES-Büro in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá ein Anruf ein. Dabei wurde eine Aufnahme abgespielt, in der ihnen zwei freie Gräber auf einem Friedhof angeboten wurden. Am 30. August organisierten ASFADDES und andere NGOs eine Veranstaltung, um den Internationalen Tag der "Verschwundenen" zu begehen. Einige Männer, deren Verhalten verdächtig wirkte, machten bei den Veranstaltungen in Bogotá und Medellín Fotos von ASFADDES-Mitgliedern.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Während des seit 40 Jahren andauernden bewaffneten Konflikts in Kolumbien sind die Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und anderen sozialen Organisationen häufig Opfer von Drohungen, Verschwindenlassen und Tötungen geworden. Die paramilitärischen Gruppen wurden eigentlich ab 2003 in einem von der Regierung unterstützten Prozess demobilisiert. Doch die Drohungen gegen Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften in Barrancabermeja und anderenorts zeigen, dass paramilitärische Gruppen weiter aktiv sind.

Die Nichtregierungsorganisation ASFADDES ist eine landesweit arbeitende Menschenrechtsorganisation, die von Familienangehörigen von "Verschwundenen" gegründet wurde. Die Organisation setzt sich dafür ein, das Schicksal der "Verschwundenen" aufzuklären sowie die Verantwortlichen zu ermitteln und sie vor Gericht zu stellen. Luz Elsia Almanza Suárez leitet das Büro von ASFADDES in Barrancabermeja, seit es nach einer vorübergehenden Schließung aus Sicherheitsgründen Ende 2008 wiedereröffnet wurde. Gemeinsam mit anderen ASFADDES-Mitgliedern in Barrancabermeja versucht sie, etwas über den Verbleib ihrer Angehörigen in Erfahrung zu bringen und tritt dafür ein, dass die Verantwortlichen für diese Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden.

Am 16. Mai 1998 fuhr eine schwer bewaffnete paramilitärische Einheit ungehindert durch mehrere Armenviertel der Stadt Barrancabermeja. Die Paramiltärs trieben Menschen zusammen, töteten einige auf der Stelle und zwangen andere, auf Lastwagen zu steigen. Insgesamt verschleppten die Paramilitärs 25 Personen, darunter Riky Nelson Garcia, den sie von seinem Motorrad zerrten und schlugen. Im Januar 2009 fand man seinen Leichnam zusammen mit vier weiteren "Verschwundenen" in einem Massengrab. Als nun am 20. Mai 2012 sein Vetter John Jairo Amador Valencia verschwand, sollen die MitarbeiterInnen der örtlichen Generalstaatsanwaltschaft unwillig gewesen sein, umgehend den Notfallsuchmechanismus zu aktivieren.

In jüngster Zeit haben die Drangsalierungen und Drohungen gegen ASFADDES-Mitglieder zugenommen. Vor kurzem ist der ehemalige General Mauricio Santoyo, dem die Beteiligung an der Telefonabhöraffäre der ASFADDES-Büros in Medellín im Vorfeld des Verschwindenlassens von Ángel Quintero und Claudia Monsalve am 6. Oktober 2000 zur Last gelegt wird, festgenommen und im Zusammenhang mit Drogendelikten an Kolumbien ausgeliefert worden. Ángel Quintero und Claudia Monsalve waren Mitglieder von ASFADDES in Medellín.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte meine Sorge um die Sicherheit von Luz Elsia Almanza Suárez, ihrer Mutter und weiteren ASFADDES-Mitgliedern ausdrücken.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass die bedrohten Personen geschützt werden und leiten Sie umgehend eine vollständige und unabhängige Untersuchung der Drohungen und Beschattungen ein, veröffentlichen Sie die Ergebnisse der Untersuchung und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.
  • Ich möchte Sie zudem daran erinnern, dass Kolumbien Vertragsstaat der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern aus dem Jahr 1998 ist und Sie somit die Pflicht haben, MenschenrechtlerInnen zu schützen.
  • Zudem fordere ich Sie auf, entsprechend der aufgeführten Verpflichtungen der Regierung sowie der von der UN und anderen zwischenstaatlichen Organisationen ausgesprochenen Empfehlungen umgehend Maßnahmen zur Auflösung der paramilitärischen Gruppen zu ergreifen und ihre Verbindungen zu Sicherheitskräften zu lösen.

APPELLE AN

PRÄSIDENT
Sr. Juan Manuel Santos
Presidente de la República de Colombia
Palacio de Nariño, Carrera 8 No. 7-26
Bogotá D. C., KOLUMBIEN
(Anrede: Excmo. Sr. Presidente Santos / Dear President Santos / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 57) 1 596 0631

INNENMINISTER
Señor Fernando Carrillo
Ministro del Interior
Carrera 9a No 14-10, piso 8
Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Estimado Sr. Ministro / Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 57) 1 283 9876


KOPIEN AN

MENSCHENRECHTSORGANISATION
ASFADDES
Association for Relatives of the Detained-Disappeared
Calle 77 No. 14-47
Oficina: 501 - Edificio Santa Lucia
Bogotá
KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S.E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Kurfürstenstr. 84
10787 Berlin
Fax: 030 26 39 61 25
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Oktober 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern for the safety of Luz Elsia Almanza Suárez, her mother, and other members of ASFADDES;
  • Calling on the authorities to guarantee their safety and order a full and impartial investigation into the threats and surveillance, publish the results and bring those responsible to justice;
  • Reminding authorities to fulfil their obligations regarding the situation of human rights defenders, as laid out in the 1998 UN Declaration on Human Rights Defenders;
  • Urge the authorities to take immediate action to dismantle paramilitary groups and break their links with the security forces.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-268/2012, AI-Index: AMR 23/035/2012, Datum: 17. September 2012 - bs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2012