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AKTION/1186: Erfolge - August/September 2012


amnesty journal 08/09/2012 - Das Magazin für die Menschenrechte

Erfolge

- Irland/Norwegen - Aung San Suu Kyi: "Ihr habt mir die Kraft gegeben"
- USA - Rechte für jugendliche Straftäter gestärkt
- Kambodscha - 13 Aktivistinnen freigelassen
- Sudan - Journalist vorerst ausser Gefahr
- Indien - Aktivist in Freiheit
- Singapur - Keine Todesstrafe für Drogenschmuggel
- Sudan - Keine Steinigung




"Ihr habt mir die Kraft gegeben"

IRLAND/NORWEGEN - Lange musste sie auf diesen Moment warten. Aung San Suu Kyi, Oppositionspolitikerin und Friedensnobelpreisträgerin, hat im Juni 2012 erstmals seit mehr als 24 Jahren ihr Heimatland Myanmar verlassen und ist nach Europa gereist. Suu Kyi, in Myanmar auch ehrenvoll "Daw Suu" genannt, ist Vorsitzende der Oppositionspartei Nationale Liga für Demokratie (NLD) und gilt als Hoffnungsträgerin für einen demokratischen Wandel in Myanmar.

Auf ihrer Europareise nahm sie in Oslo den Friedensnobelpreis und in Dublin die Auszeichnung "Botschafterin des Gewissens" von Amnesty International entgegen. Bei der Preisverleihung in Dublin war die Politikerin, die insgesamt 15 Jahre unter Hausarrest stand, sichtlich bewegt. "Ihr habt mir die Kraft gegeben,' weiterzumachen", sagte Suu Kyi. Ihr sei nicht bewusst gewesen, wie viele Menschen sich für sie und ihre Mitstreiter eingesetzt hätten. "Wir hoffen, dass ihr in den kommenden Jahren an unserer Seite bleibt", sagte sie am Ende ihrer Rede. Angesichts der jüngsten Reformen zeigte sich die Oppositionsführerin "vorsichtig optimistisch", warnte aber vor blindem Vertrauen.

Ende 2010 fanden in Myanmar die ersten demokratischen Wahlen seit Jahrzehnten statt. Unter der neuen zivilen Regierung wurden zwischenzeitlich eine Reihe politischer und wirtschaftlicher Reformen eingeleitet. Dennoch sitzen weiterhin Hunderte politische Gefangene in Haft, ethnische Minderheiten werden Opfer von Zwangsräumungen und willkürlicher Gewalt.


Rechte für jugendliche Straftäter gestärkt

USA - Sie bekommen eine neue Chance: Minderjährige Straftäter dürfen nicht mehr ohne die vorherige Prüfung mildernder Umstände zu einer lebenslangen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt werden. Das hat der Oberste Gerichtshof in den USA Ende Juni entschieden. Die Richter wiesen darauf hin, dass die bisherige Rechtspraxis verfassungswidrig sei und gegen das Verbot von "grausamer und ungewöhnlicher Bestrafung" verstoße. Hintergrund des Urteils waren die Fälle zweier Jugendlicher, die wegen Mordes und Beteiligung an einem Mord eine lebenslange Haftstrafe erhielten.

Die Richter führten aus, dass der "Mangel an Reife und Verantwortungsgefühl" bei Kindern eine Rolle in der Urteilsfindung spielen müsse. Mehrere Bundesstaaten müssen nun ihre Gesetzgebung ändern. Derzeit verbüßen rund 2.500 Personen, die beim Tatzeitpunkt minderjährig waren, eine lebenslange Haftstrafe ohne die Chance auf eine vorzeitige Entlassung.

Amnesty International begrüßte das Urteil als "willkommenen Schritt" auf dem Weg zur vollständigen Anerkennung internationaler Standards für die Rechte von Kindern in den USA. Die UNO-Kinderrechtskonvention verbietet es, minderjährige Straftäter zu einer lebenslangen Haftstrafe ohne die Möglichkeit auf Bewährung zu verurteilen. Die USA sind neben Somalia das einzige Land weltweit, das die Konvention noch nicht ratifiziert hat.


EINSATZ MIT ERFOLG

Weltweit beteiligen sich Tausende Menschen mit Appellschreiben an den "Urgent Actions", den "Briefen gegen das Vergessen" und an Unterschriftenaktionen von Amnesty International. Dass dieser Einsatz drohende Menschenrechtsverletzungen verhindert und Menschen in Not hilft, zeigen diese Beispiele.


13 Aktivistinnen freigelassen

KAMBODSCHA - Sie haben gegen den Abriss ihrer Wohnungen protestiert und kamen dafür ins Gefängnis. Dreizehn kambodschanische Frauen, die wegen ihres Widerstands gegen die drohende Vertreibung von ihrem Land am Boeung Kak See in Phnom Penh im Gefängnis saßen, sind wieder frei. Ein kambodschanisches Gericht hat Ende Juni die Freilassung der Frauen angeordnet, die einen Monat zuvor von einem lokalen Gericht zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden waren. Amnesty International hatte sich im Rahmen einer Briefaktion für die Frauen eingesetzt und den Prozess gegen sie als "unfair" kritisiert. Die Anklage gegen die Aktivistinnen wurde jedoch nicht fallen gelassen, sodass sie bei weiteren Protesten gegen die Räumung jederzeit befürchten müssen, wieder inhaftiert zu werden. Von der Zwangsräumung sind Tausende Familien betroffen, die am Ufer des Sees leben.


Journalist vorerst ausser Gefahr

SUDAN - Wegen seiner Arbeit wird er regelmäßig von den sudanesischen Behörden schikaniert. Faisal Mohammed Salih arbeitet als Journalist und leitet außerdem die Nichtregierungsorganisation Teeba Press, welche Journalisten ausbildet. Zuletzt war er angeklagt, weil er einer Aufforderung des sudanesischen Geheimdienstes NSS nicht nachgekommen war, der ihn angeblich befragen wollte. Damit habe er sich "einer Anordnung eines öffentlichen Bediensteten" widersetzt. Ende Mai sprach ihn schließlich ein Gericht von dieser Anklage frei. Gegen Faisal Mohammed Salih sind jedoch noch weitere Klagen anhängig, die in Zusammenhang mit seiner Arbeit als Journalist stehen. So wird er beschuldigt, mit einem Artikel über die Vergewaltigung der Aktivistin Safia Ishaag das Ansehen des Geheimdienstes ruiniert zu haben. Amnesty International wird den weiteren Verlauf der Verfahren gegen Faisal Mohammed Salih beobachten.


Aktivist in Freiheit

INDIEN - Fünf Monate musste er in Haft verbringen, dann wurde Narayan Reddy gegen Kaution freigelassen. Der Aktivist ist ein führender Vertreter der Kommunistischen Partei Indiens im Bundesstaat Orissa und engagiert sich gegen die Enteignung von Gemeindeland, auf dem das südkoreanische Unternehmen POSCO ein Stahlwerk errichten will. Narayan Reddy wurde im Dezember 2011 festgenommen und wegen Mordes angeklagt, nachdem es bei Auseinandersetzungen zwischen Arbeitern des Stahlwerks und Aktivisten zu einem Todesfall gekommen war. Nach Informationen von Amnesty International war Narayan Reddy nicht unmittelbar an den Zusammenstößen beteiligt. Das geplante Stahlwerk ist das bislang größte ausländische Investitionsvorhaben in Indien. Amnesty glaubt, dass die Vorwürfe gegen Reddy und andere Aktivisten fingiert sind, um sie von ihrer Kampagne abzubringen.


Keine Todesstrafe für Drogenschmuggel

SINGAPUR - Amnesty International hat Pläne der Regierung in Singapur begrüßt, die obligatorische Todesstrafe bei Drogenschmuggel und Mord abzuschaffen. Bis die entsprechenden Gesetzesänderungen vom Parlament verabschiedet werden, gilt ein Hinrichtungsstopp. Obligatorische Todesurteile sind unter internationalem Recht verboten, weil sie eine Form grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung darstellen. Gerichte weltweit haben diese Form der Strafe als verfassungswidrig bezeichnet. Die obligatorische Todesstrafe verhindert, dass mildernde Umstände oder die Einschätzung des Richters in die Urteilsfindung mit einbezogen werden können. Amnesty International lehnt jegliche Anwendung der Todesstrafe ab.


Keine Steinigung

SUDAN - Die 20-jährige Intisar Sharif Abdallah war wegen "Ehebruchs" zum Tod durch Steinigung verurteilt worden. Anfang Juli hat nun ein Gericht in Omdurman, einem Vorort der sudanesischen Hauptstadt Khartoum, das Urteil aufgehoben und Intisar Sharif Abdallah aus Mangel an Beweisen von allen Vorwürfen freigesprochen. Intisar Sharif Abdallah hatte anfänglich auf nicht schuldig plädiert, sich jedoch bei einer späteren Anhörung schuldig bekannt. Kurz zuvor soll sie von ihrem Bruder geschlagen worden sein. Während des Gerichtsverfahrens wurden ihr weder ein Rechtsbeistand noch ein Dolmetscher zur Seite gestellt. Intisar Sharif Abdallah hat drei Kinder und wurde mit ihrem jüngsten Sohn, der gerade einmal vier Monate alt ist, in Gewahrsam gehalten. Amnesty International hat die sudanesischen Behörden aufgefordert, einen allgemeinen Hinrichtungsstopp zu erlassen, um damit einen Schritt in Richtung Abschaffung der Todesstrafe zu machen.

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Quelle:
amnesty journal, August/September 2012, S. 7+9
Herausgeber: amnesty international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2012