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AKTION/1336: Urgent Action - Iran, Rizana Nafeek droht die Hinrichtung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-175/2007-3, AI-Index: MDE 23/002/2013, Datum: 7. Januar 2013 - mr

Iran
Rizana Nafeek droht die Hinrichtung

Weitere Informationen zu UA 175/2007 (MDE 23/026/2007, 5. Juli 2007, MDE 23/006/2008, 8. Februar 2008 und MDE 23/012/2010, 27. Oktober 2010)



RIZANA NAFEEK, Hausangestellte

Rizana Nafeek, eine Hausangestellte aus Sri Lanka, hat alle Rechtsmittel in Saudi-Arabien ausgeschöpft. Nun droht ihr unmittelbar die Hinrichtung.

Rizana Nafeek war im Mai 2005 unter der Anklage verhaftet worden, ein in ihrer Obhut befindliches Kind getötet zu haben. Zum Tatzeitpunkt war sie erst 17 Jahre alt. Ein Gericht in der westlich der Hauptstadt Riad gelegenen Stadt Dawadmi hatte Rizana Nafeek am 16. Juni 2007 zum Tode verurteilt. Das zuständige Kassationsgericht hielt das Urteil aufrecht und leitete es an den Obersten Richterrat zur Ratifizierung weiter. Der Rat sah jedoch zusätzlichen Klärungsbedarf und verwies das Urteil deshalb zurück an die Vorinstanz. Der Fall ging daraufhin an verschiedene Gerichte zur Beratung, bis schließlich am oder um den 25. Oktober 2010 herum der Oberste Gerichtshof von Riad das Todesurteil aufrechterhielt. Anschließend wurde das Urteil dem saudischen König zur Ratifizierung zugeleitet. Kürzlich erschienen Medienberichte, die darauf hindeuten, dass die Familie des verstorbenen Kindes, die über das Strafmaß bestimmen darf, Rizana Nafeek keine Begnadigung gewährt. Ihre Hinrichtung könnte daher jederzeit vollstreckt werden.

Die junge Frau hatte weder in der Untersuchungshaft noch während ihres ersten Prozesses Zugang zu anwaltlicher Beratung. Während der Verhöre hatte sie den Mord "gestanden", ihr Geständnis jedoch später mit der Begründung zurückgezogen, es sei ihr nach der Anwendung körperlicher Gewalt abgenötigt worden. Bei dem Mann, der ihre Aussagen vom Tamilischen in die saudische Sprache übersetzt hatte, hatte es sich nicht um einen anerkannten Übersetzer gehandelt. Möglicherweise war er gar nicht in der Lage, korrekt vom Tamilischen ins Arabische zu übersetzen. Mittlerweile lebt der Mann nicht mehr in Saudi-Arabien.

Rizana Nafeek war im Mai 2005 nach Saudi-Arabien gereist, um dort als Hausmädchen zu arbeiten. In dem von ihr mitgeführten Pass war ihr Geburtsdatum mit Februar 1982 angegeben, laut Geburtsurkunde kam sie jedoch erst im Februar 1988 zur Welt. Somit wäre sie zum Tatzeitpunkt gerade einmal 17 Jahre alt gewesen. Nach Kenntnis von Amnesty hatte man Rizana Nafeek nicht gestattet, dem Gericht ihre Geburtsurkunde oder einen anderen Nachweis ihres Alters vorzulegen. Vielmehr verließ sich das Gericht auf die Angaben in ihrem Pass und ging infolge dessen von einem Alter von 23 Jahren zum Tatzeitpunkt aus.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Saudi-Arabien ist Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, das die Hinrichtung von Menschen untersagt, die im Alter von weniger als 18 Jahren straffällig geworden sind. Doch das Land vollstreckt Hinrichtungen an minderjährigen StraftäterInnen und verstößt damit gegen das Übereinkommen.

In Saudi-Arabien werden besonders schlecht geschützte Einzelpersonen in beunruhigender Weise systematisch diskriminiert. Viele der in den vergangenen Jahren hingerichteten Menschen waren ausländische Staatsangehörige, überwiegend ArbeitsmigrantInnen aus armen und Entwicklungsländern.

Jahr
Insgesamt
Ausländische Staatsangehörige
2012
2011
2010
2009
2008
2007
79   
82   
27   
69   
102   
158   
27              
28              
5              
19              
       fast 40 76              

In Saudi-Arabien wird die Todesstrafe für viele Vergehen verhängt. Gerichtsverfahren entsprechen bei Weitem nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren. Den Angeklagten wird nur selten eine rechtliche Vertretung zugestanden und sie werden häufig nicht über den Stand des Verfahrens informiert. Verurteilungen auf der Basis von durch Zwang oder Täuschung erzielten Geständnissen sind zulässig.

Saudi-Arabien ist Vertragsstaat der Antifolterkonvention, die die Verwendung von unter Folter oder anderer Misshandlung erlangten "Geständnisse" vor Gericht verbietet. In Artikel 15 wird ausgeführt: "Jeder Vertragsstaat trägt dafür Sorge, dass Aussagen, die nachweislich durch Folter herbeigeführt worden sind, nicht als Beweis in einem Verfahren verwendet werden, es sei denn gegen eine der Folter angeklagte Person als Beweis dafür, dass die Aussage gemacht wurde." Amnesty International hat 2008 einen Bericht über die Todesstrafe in Saudi-Arabien veröffentlicht, in dem auf die häufige Verhängung der Todesstrafe und auf die unverhältnismäßig hohe Zahl an Hinrichtungen von ausländischen Staatsangehörigen aus sogenannten Entwicklungsländern verwiesen wurde. Nähere Informationen finden Sie unter: Saudi Arabia: Affront to Justice: Death Penalty in Saudi Arabia,
http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/report/saudi-arabia-executions-target-foreign-nationals-20081014


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie dringend bitten, Frau Rizana Nafeek nicht hinrichten zu lassen. Sie war zum Zeitpunkt des ihr zur Last gelegten Verbrechens aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht einmal 18 Jahre alt.
  • Wandeln Sie das Todesurteil gegen Frau Rizana Nafeek um. Saudi-Arabien ist Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechte des Kindes. Damit würden Sie dem Umstand Rechnung tragen, dass das Alter von Frau Rizana Nafeek zum Tatzeitpunkt nicht zweifelsfrei ermittelt werden kann.
  • Ich möchte an die völkerrechtlichen Verpflichtungen der saudischen Behörden wie beispielsweise Artikel 37 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes erinnern, der die Anwendung der Todesstrafe gegen jugendliche StraftäterInnen untersagt.

APPELLE AN

KÖNIG
His Majesty King 'Abdullah Bin 'Abdul 'Aziz Al-Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty The King, Royal Court, Riyadh, SAUDI-ARABIEN (Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 1 403 3125 (über Innenministerium)

INNENMINISTER
His Royal Highness
Prince Mohammed bin Naif bin 'Abdul 'Aziz Al-Saud
Minister of the Interior, Ministry of the Interior
P.O. Box 2933, Airport Road, Riyadh 11134
SAUDI-ARABIEN (Anrede: Your Royal Highness / Königliche Hoheit)
Fax: (00 966) 1 403 3125


KOPIEN AN

GOUVERNEUR DER PROVINZ RIAD
His Royal Highness
Prince Sattam bin Abdul Aziz Al Saud
Riyadh, Riyadh Province
SAUDI-ARABIEN
Fax: (00 966) 141 10470

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S.E. Herrn Prof. Dr. med
Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179 oder 030-8892 5176
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18. Februar 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE SEND APPEALS IMMEDIATELY
  • Urging the King of Saudi Arabia to prevent the execution of Rizana Nafeek, who is believed to have been under 18 at the time of the crime for which she has been convicted.
  • Calling on the King to commute her death sentence, particularly given Saudi Arabia's obligations as a state party to the Convention on the Rights of the Child and taking into account the uncertainty over Rizana Nafeek's age.
  • Reminding the authorities that they should act in accordance with international law, particularly Article 37 of the Convention of the Rights of the Child, and end the use of the death penalty against juvenile offenders.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-175/2007-3, AI-Index: MDE 23/002/2013, Datum: 7. Januar 2013 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2013