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AKTION/1407: Urgent Action - Jemen, Hinrichtung für 9. März angesetzt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-057/2013-1, AI-Index: MDE 31/008/2013, Datum: 6. März 2013 - cw

Jemen
Hinrichtung für 9. März angesetzt



Herr MUHAMMAD ABDUL KARIM MUHAMMAD HAZA'A

Die Hinrichtung von Muhammad Abdul Karim Muhammad Haza'a ist bereits für den 9. März angesetzt. Es herrscht weiterhin Uneinigkeit über sein Alter zum Zeitpunkt der Tat.

Muhammad Abdul Karim Muhammad Haza'a soll am 9. März wegen eines mutmaßlich im Jahr 1999 begangenen Mordes an einem Mann hingerichtet werden. Der Generalstaatsanwalt setzte die Hinrichtung für eine Woche aus, da weitere Untersuchungen zum Alter von Muhammad Abdul Karim Muhammad Haza'a durchgeführt werden sollten. Dessen Rechtsbeistand reichte daraufhin beim Generalstaatsanwalt einen Antrag auf Hinrichtungsaufschub ein, mit der Begründung, sein Mandant sei zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahre alt gewesen und habe in Notwehr gehandelt. Der Generalstaatsanwalt soll diesen Antrag an einen Staatsanwalt in der Stadt Ta'izz im Südwesten des Jemen weitergeleitet haben. Als der Rechtsbeistand den Staatsanwalt jedoch am 6. März kontaktierte, weigerte dieser sich offenbar, den Antrag zu lesen.

Das erstinstanzliche Gericht in Ta'izz hatte Muhammad Abdul Karim Muhammad Haza'a im Jahr 2000 ursprünglich zu einer Haftstrafe und zur Zahlung einer finanziellen Entschädigung an die Angehörigen des Opfers verurteilt. Der Fall wurde dann eine Zeitlang abwechselnd vor dem Berufungsgericht und dem Obersten Gerichtshof verhandelt, bis das Berufungsgericht im Dezember 2005 entschied, gegen Muhammad Abdul Karim Muhammad Haza'a eine siebenjährige Gefängnisstrafe und die Zahlung einer finanziellen Entschädigung zu verhängen. Später verurteilte ihn das Berufungsgericht jedoch zum Tode mit der Begründung, er sei zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Tat über 18 Jahre alt gewesen und die von ihm vorgelegte Geburtsurkunde, nach der er zur Tatzeit 17 Jahre alt gewesen ist, sei gefälscht. Das Todesurteil wurde 2008 vom Obersten Gerichtshof bestätigt und im Dezember 2012 durch den jemenitischen Präsidenten ratifiziert. Das jemenitische Recht verbietet die Verhängung der Todesstrafe gegen StraftäterInnen, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren. Dennoch gibt es in der Praxis weiterhin Fälle, in denen Gerichte die Todesstrafe gegen StraftäterInnen verhängen, die zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt möglicherweise minderjährig waren. In manchen Mordfällen können die Blutsverwandten des Mordopfers entweder auf der Hinrichtung bestehen, eine finanzielle Entschädigung (das "Blutgeld" diya) verlangen oder den mutmaßlichen Täter mit oder ohne Bedingungen begnadigen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Amnesty International ist seit langem über die Anwendung der Todesstrafe im Jemen besorgt, insbesondere da Todesurteile häufig nach Verfahren verhängt werden, die nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen. 2012 sind sehr viele Menschen zum Tode verurteilt und dutzende StraftäterInnen hingerichtet worden.

Der Jemen hat bedeutende Fortschritte gemacht, was das Verbot der Verhängung von Todesurteilen gegen StraftäterInnen angeht, die zur Tatzeit minderjährig, d.h. unter 18 Jahre alt, waren. 1991 ratifizierte die Regierung des Landes das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Zu diesem Zeitpunkt galt das grundsätzliche Verbot der Todesstrafe gegen Minderjährige nur für StraftäterInnen, die zur Tatzeit unter 15 Jahre alt waren. 1994 wurde dieses Verbot jedoch auf Personen ausgeweitet, die bei der Begehung eines Kapitalverbrechens unter 18 Jahre alt waren. Diese Bestimmung findet sich in Artikel 31 des Strafgesetzbuches, Gesetz 12 aus dem Jahr 1994, und ist ein bedeutender Schritt hin zur Anpassung der jemenitischen Gesetze an Artikel 37 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes und Artikel 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, zu deren Vertragsstaaten der Jemen gehört. Beide Verträge verbieten grundsätzlich die Verhängung der Todesstrafe gegen StraftäterInnen, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren. Dennoch gibt es weiterhin Fälle, in denen Gerichte die Todesstrafe gegen StraftäterInnen verhängen, die zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt möglicherweise unter 18 Jahre alt waren. Amnesty International weiß von derzeit mindestens 26 mutmaßlichen minderjährigen StraftäterInnen, die bereits zum Tode verurteilt worden sind und von 200 weiteren, denen die Todesstrafe droht.

Am 16. Juni 2012 rief das jemenitische Justizministerium einen offiziellen Ausschuss für medizinische Untersuchungen zur Bestimmung des Alters jugendlicher StraftäterInnen ins Leben, der vor allem bei Fällen zum Einsatz kommen soll, in denen keine Geburtsurkunden vorliegen. Der medizinische Ausschuss wird von UNICEF und der Europäischen Kommission unterstützt und finanziert. Allerdings besitzt der Ausschuss keinen klar definierten Rechtsstatus und es fehlen die entsprechenden Gesetze, sodass er bisher keine wirksame Arbeit leisten konnte. Im Februar 2013 ordnete der Präsident die Wiedereinsetzung des Ausschusses an. An dem Fall von Muhammad Abdul Karim Muhammad Haza'a war der Ausschuss nicht beteiligt.


SCHREIBEN SIE BITTE

LUFTPOSTBRIEFE, FAXE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, das Todesurteil gegen Muhammad Abdul Karim Muhammad Haza'a nicht zu vollstrecken.
  • Nehmen Sie bitte unabhängig vom Alter des Angeklagten Abstand von der Verhängung der Todesstrafe.
  • Herr Justizminister, bitte reaktivieren Sie den Ausschuss für medizinische Untersuchungen als ersten Schritt hin zu umfassenden Reformen des Jugendgerichtssystems gemäß der Resolution 19/37 des UN-Menschenrechtsrats von 2012.
  • Herr Präsident, ich fordere Sie auf, keine weiteren Todesurteile zu bestätigen und ein Hinrichtungsmoratorium zu verhängen, mit dem Ziel, die Todesstrafe vollständig abzuschaffen.

APPELLE AN

PRÄSIDENT
His Excellency Abd Rabbu Mansour Hadi
Office of the President, Sana'a, JEMEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 967) 1 274 147
JUSTIZMINISTER
His Excellency Murshed Ali al-Arashani
Ministry of Justice, Sana'a, JEMEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 967) 1 222 015
E-Mail: moj@yemen.net.ye


KOPIEN AN

GENERALSTAATSANWALT
His Excellency Ali Ahmed Nasser al-Awash
Attorney General's Office
Sana'a, JEMEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 967) 1 374 412

BOTSCHAFT DER REPUBLIK JEMEN
Herr Abdulrahman Abdulla Salem Bahabib Gesandter (Geschäftsträger a. i.)
Budapester Str. 37, 10787 Berlin
Fax: 030-8973 0562
E-Mail: info@botschaft-jemen.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort, sodass sie noch vor dem 9. März 2013 eintreffen. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch.

Weitere Informationen zu UA-057/2013 (MDE 31/008/2013, 27. Februar 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Yemeni authorities to halt Muhammad Abdul Karim Muhammad Haza'a's death sentence.
  • Calling on them to prevent the imposition of the death penalty regardless of age.
  • Calling on the Justice Minister to reactivate the medical examination committee as a first step towards a comprehensive reform of the juvenile justice system, in line with UN Human Rights Council resolution 19/37 (2012).
  • Urging the President to stop ratifying death sentences and establish a moratorium on all executions, with a view to completely abolishing the death penalty.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-057/2013-1, AI-Index: MDE 31/008/2013, Datum: 6. März 2013 - cw
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. März 2013