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AKTION/1417: Urgent Action - Syrien, Drohende Todesstrafe nach "Geständnis"


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-061/2013, AI-Index: MDE 24/007/2013, Datum: 12.3.2013 - we

Syrien
Drohende Todesstrafe nach "Geständnis"



Herr ANAS AL-HUSSEINI
Herr ABD AL-RA'OUF "JIWAN" AL-HUSSEINI
Herr YASER "ABU KURDU" KURMI
Herr MU'AYID AL-HASHTAR

Am 2. März wurde im Internet ein Video gezeigt, in dem sich vier syrische Männer schuldig bekannten, an einer Verschwörung zur Ermordung des Präsidenten beteiligt gewesen zu sein. Sie befinden sich bereits seit zehn Wochen ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Mindestens zwei von ihnen sollen in Gewahrsam gefoltert worden sein. Die vier Männer sind in Lebensgefahr.

Anas al-Husseini, sein Cousin Abd al-Ra'ouf "Jiwan" al-Husseini und Yaser "Abu Kurdu" Kurmi wurden am 31. Dezember 2012 von Angehörigen der Staatssicherheit in Damaskus festgenommen. Seitdem befinden sie sich ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Anas al-Husseini und Abd al-Ra'ouf "Jiwan" al-Husseini wurden örtlichen Quellen zufolge bis vor drei Wochen oder noch länger bei der Staatssicherheit in al-Khatib in Damaskus festgehalten. Dort sollen beide Männer unter anderem mit Elektroschocks und Messern gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein. Am 2. März veröffentlichten regierungsnahe Internetseiten ein Video, in dem Anas al-Husseini und ein vierter Mann, Mu'ayid al-Hashtar, "gestanden" gemeinsam mit Abd al-Ra'ouf "Jiwan" al-Husseini und Yaser "Abu Kurdu" Kurmi an einer Verschwörung zur Ermordung des Präsidenten und des Außenministers beteiligt gewesen zu sein. Es wird befürchtet, dass die Männer zur Abgabe dieses "Geständnisses" gezwungen wurden - ein gängiges Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte.

Alle vier Männer gehören der kurdischen Minderheit Syriens an. Anas al-Husseini und Abd al-Ra'ouf "Jiwan" al-Husseini arbeiteten für eine Reinigungsfirma, wodurch sie laut ihrer "Geständnisse" Zugang zu Regierungsgebäuden hatten. An der vermeintlichen Verschwörung sollen auch französische, türkische und US-amerikanische Geheimdienste beteiligt gewesen sein. Die syrischen Behörden sollen das geplante Attentat jedoch aufgedeckt haben. Werden die vier Männer der Beteiligung an einer solchen Verschwörung für schuldig befunden, könnte ihnen die Todesstrafe drohen.

Folter und anderweitige Misshandlungen sind in syrischen Hafteinrichtungen und Gefängnissen an der Tagesordnung. Amnesty International liegen die Namen von mehr als 980 Menschen vor, die Berichten zufolge seit Ausbruch der Proteste im Februar 2011 in Gewahrsam gestorben sind. Weitere Informationen finden Sie in dem Artikel "Systematische Folter in Syrien"
http://www.amnesty.de/presse/2012/3/14/systematische-folter-syrien


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Seit Ausbruch der Proteste im Februar 2011 sind tausende mutmaßliche GegnerInnen der syrischen Regierung festgenommen und viele, vermutlich sogar die Mehrzahl, gefoltert und anderweitig misshandelt worden.

Die Situation hat sich inzwischen fast im gesamten Land zu einem internen bewaffneten Konflikt zwischen den Sicherheitskräften und den bewaffneten Oppositionsgruppen entwickelt, welche die Regierung stürzen wollen. Systematische und weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mögliche Kriegsverbrechen sind mittlerweile in Syrien an der Tagesordnung, und die Zivilbevölkerung leidet am meisten darunter. Amnesty International hat zahlreiche solcher Fälle dokumentiert. Lesen Sie dazu auch den Artikel: Syrien: wahllose Attacken terrorisieren die Zivilbevölkerung, online unter
http://www.amnesty.de/2012/9/19/syrien-wahllose-attacken-terrorisieren-die-zivilbevoelkerung
oder den englischsprachigen Bericht Syria: Indiscriminate attacks terrorize and displace civilians, online unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/078/2012/en

Auch andere Organisationen haben Menschenrechtsverletzungen in Syrien recherchiert und dokumentiert, so beispielsweise die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der UN zur Situation in der Arabischen Republik Syrien. Amnesty International fordert alle am Konflikt beteiligten Parteien dazu auf, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten und Zivilpersonen zu schützen. Die Mehrzahl der von Amnesty International dokumentierten Menschenrechtsverletzungen wurde von den Streitkräften und Milizen der als Shabiha bekannten regierungstreuen Gruppierungen begangen. Doch auch bewaffnete Oppositionskräfte haben sich Menschenrechtsverstößen schuldig gemacht. Darunter die Folterung und Tötung gefangengenommener Angehöriger der Armee und der Shabiha sowie auch die Entführung und Tötung tatsächlicher und vermeintlicher RegierungsanhängerInnen und -unterstützerInnen. Außerdem versuchten sie durch die Geiselnahme von Zivilpersonen Gefangenenaustausche herbeizuführen. Amnesty International verurteilt diese Menschenrechtsverstöße scharf und hat die Führungsebene sämtlicher in Syrien operierender bewaffneter Oppositionsgruppen dazu aufgerufen, derartige Handlungen in einer öffentlichen Bekanntmachung zu verbieten und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit oppositionelle Gruppen keine Menschenrechtsverstöße mehr begehen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin sehr in Sorge darüber, dass Anas al-Husseini, Abd al-Ra'ouf "Jiwan" al-Husseini, Yaser "Abu Kurdu" Kurmi und Mu'ayid al-Hashtar seit ihrer Festnahme am 31. Dezember 2012 ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten werden. Es besorgt mich zudem sehr, dass zwei der Männer in Gewahrsam gefoltert worden sein sollen.
  • Ich bitte Sie eindringlich, den vier Männern unverzüglich Zugang zu ihren Familienangehörigen, Rechtsbeiständen ihrer Wahl sowie jegliche erforderliche medizinische Versorgung zu gewähren.
  • Ich möchte Sie an dieser Stelle daran erinnern, dass unter Zwang abgelegte "Geständnisse" nicht als Beweismittel vor Gericht verwendet werden dürfen. Ich fordere Sie zudem auf, die vier Männer sofort und bedingungslos freizulassen, sofern sie keiner als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden.

APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Bashar al-Assad
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 332 3410 (Bitte sagen Sie "Fax") (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)

INNENMINISTER
His Excellency Major General Mohamad Ibrahim al-Shaar
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 211 9578 (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)

AUSSENMINISTER
Walid al-Mu'allim
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 214 6253 (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN
Frau Abir Jarf
Geschäftsträgerin a. i., Gesandte - Botschaftsrätin
Rauchstr. 25, 10787 Berlin
Fax: 030-5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de
press@syrianembassy.de
secretary@syrianembassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. April 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern that Anas al-Husseini, Abd al-Ra'ouf "Jiwan" al-Husseini, Yaser "Abu Kurdu" Kurmi and Mu'ayid al-Hashtar have been detained incommunicado without charge since their arrest on 31 December 2012, during which time at least two of them are reported to have been tortured.
  • Urging the Syrian authorities to allow the men immediate access to visits from their family members, lawyers of their choosing, and any medical attention they may require.
  • Reminding them that "confessions" obtained under duress must not be used as evidence in trials, and calling for the men to be released immediately and unconditionally unless they are to be charged with a recognizably criminal offence.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Amnesty International ruft vor diesem Hintergrund weiterhin dazu auf, die Situation in Syrien der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterbreiten; ein internationales Waffenembargo gegen das Land zu verhängen, um so zu verhindern, dass Waffen an die syrische Regierung geliefert werden; und die Vermögenswerte von Präsident al-Assad und seinen engsten Vertrauten einzufrieren. An Staaten, die Waffenlieferungen an die bewaffnete syrische Opposition erwägen, richtet Amnesty International den eindringlichen Appell, mit geeigneten Mechanismen sicherzustellen, dass mit den gelieferten Waffen keine Menschenrechtsverletzungen und/oder Kriegsverbrechen begangen werden. Amnesty International fordert darüber hinaus die syrische Regierung auf, dem internationalen unabhängigen Untersuchungsausschuss sowie internationalen Menschenrechtsorganisationen und humanitären Organisationen ungehinderten Zugang zu allen Teilen des Landes zu gewähren. Besuchen Sie die interaktive Karte "Eyes on Syria" auf der internationalen Webseite: www.eyesonsyria.org. Dort sind Orte eingezeichnet, an denen Berichten zufolge Menschenrechtsverletzungen begangen worden sind. Zudem finden Sie dort Informationen über die weltweiten Aktionen von Amnesty International für Gerechtigkeit in Syrien.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-061/2013, AI-Index: MDE 24/007/2013, Datum: 12.3.2013 - we
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2013