Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1516: Urgent Action - USA (Florida), neues Todesstrafengesetz verabschiedet


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-146/2013, AI-Index: AMR 51/038/2013, Datum: 17. Juni 2013 - ek

USA (Florida)
Neues Todesstrafengesetz verabschiedet



ZUM TODE VERURTEILTE GEFANGENE IM US-BUNDESSTAAT FLORIDA

Am 14. Juni hat der Gouverneur von Florida den Gesetzesentwurf 7083 (Timely Justice Act of 2013) unterzeichnet. Das Gesetz soll, der "Absicht des Gesetzgebers zur Reduzierung von Verzögerungen in Fällen, in denen die Todesstrafe verhängt wurde", Rechnung tragen und dafür sorgen, dass "alle Berufungsverfahren und nach der Verurteilung eingelegten Rechtsmittelverfahren so zeitnah wie möglich" nach der Verhängung des Todesurteils abgewickelt werden.

Gouverneur Rick Scott, der das Gesetz unterzeichnete, sieht darin eine Verbesserung der ordnungsgemäßen Anwendung der Todesstrafe im US-Bundesstaat Florida. Seine Gegner beschuldigte er, die Bestandteile des Gesetzes missverstanden zu haben und machte geltend, dass durch das Gesetz "das Risiko von Hinrichtungen von Personen, die keinen Mord begangen haben, nicht erhöht wird". In einem Brief, der seiner Unterzeichnung des Gesetzes beigefügt war, verweist er auf die Zeit, die ein Häftling in der Todeszelle sitzt und erklärt, dass solche Verzögerungen vor einer Hinrichtung den Familien der Mordopfer gegenüber ungerecht seien.

"Zum Tode verurteilte Häftlinge in Florida, die gerichtliche Überprüfungen ihrer Verurteilung ausgeschöpft haben, sitzen momentan im Durchschnitt seit 22 Jahren im Todestrakt. Ein Häftling, der 22 Jahre lang auf seine Todesstrafe wartet, hatte eine faire Möglichkeit, die für die Anfechtung seiner Verurteilung benötigten Beweismittel zu sammeln. Insbesondere dann, wenn der Häftling mehrere Überprüfungen und das außergerichtliche rechtstaatliche Verfahren durchlaufen hat, das zum Tode verurteilten Straftätern gewährt wird. Ich beispielsweise habe in meinem Amt bisher 11 Todesurteile unterschrieben. Diese Häftlinge sitzen im Durchschnitt seit über 25 Jahren im Todestrakt, was sicherlich eine große Last von Ungewissheit für die Familien des Mordopfers bedeutet."

Der Brief von Gouverneur Scott geht nicht darauf ein, dass der Staat Florida bereits für mehr Justizirrtümer in Todesstraffällen verantwortlich ist als irgendein anderer Bundesstaat der USA. Er missachtet auch Beweise, dass das US-amerikanische Justizsystem in Todesstraffällen von Diskriminierung und Willkür geprägt ist. Mit der Unterzeichnung der Gesetzesvorlage 7083 hat Gouverneur Scott den internationalen Menschenrechtsstandards zuwider gehandelt. Diese erwarten, dass Regierungen auf eine Abschaffung der Todesstrafe hin arbeiten. Nachdem die Einhaltung des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte 1995 und 2006 in den USA durch den UN-Menschenrechtsausschuss geprüft wurde, hatte dieser Bemühungen hin zur Abschaffung der Todesstrafe in den USA gefordert - u.a. durch die Verhängung eines Hinrichtungsmoratoriums.

Gouverneur Scott handelt ebenso gegen das in den USA zunehmende Bewusstsein darüber, dass die Todesstrafe grundlegend falsch ist. Vier US-Bundesstaaten haben in den vergangenen vier Jahren ein Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe erlassen: New Mexico (2009), Illinois (2011), Connecticut (2012) und Maryland (2013). Damit haben 18 US-Bundesstaaten die Todesstrafe abgeschafft.

Laut dem Gesetz muss das Oberste Gericht Floridas den Gouverneur informieren, sobald ein Todeskandidat alle regulären Rechtsmittel ausgeschöpft hat. Sollte der Gouverneur daraufhin das Gnadengesuch abweisen, so hat er 30 Tage Zeit, einen Hinrichtungsbefehl auszusprechen, in dem wiederum die Gefängnisbehörden aufgefordert werden, das Todesurteil innerhalb von 180 Tagen zu vollstrecken. Abgeordneter des Abgeordnetenhauses von Florida und Hauptbefürworter des Gesetzes, Matt Gaetz, hat dem Gouverneur seinen Dank per Twitter ausgesprochen und fügte hinzu, dass sich einige Häftlinge im Todestrakt bald ihre Henkersmahlzeit aussuchen sollten. Berichten zufolge kämen durch das Gesetz mindestens 13 zum Tode Verurteilte umgehend für einen Hinrichtungsbefehl infrage.

Drei von insgesamt 15 Hinrichtungen in den USA in diesem Jahr wurden in Florida vollstreckt. In Florida sitzen derzeit 405 Häftlinge im Todestrakt.

Weiterhin ist berichtet worden, dass das Büro des Gouverneurs 447 Anrufe mit 438 Gegenstimmen zum Gesetz, 14 Briefe mit 13 Gegenstimmen und 14.571 E-Mails mit 14.565 Gegenstimmen erhalten hat.

Weitere Aktionen des Eilaktionsnetzes sind derzeit nicht erforderlich. Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-146/2013, AI-Index: AMR 51/038/2013, Datum: 17. Juni 2013 - ek
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2013