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AKTION/1586: Urgent Action - Aserbaidschan, Aktivisten drohen zwölf Jahre Haft




ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-068/2013-1, AI-Index: EUR 55/009/2013, Datum: 18. September 2013 - dw

Aserbaidschan
Aktivisten drohen zwölf Jahre Haft

Mitglieder der Jugendorganisation NIDA:

Herr MAHAMMAD AZIZOV
Herr BAKHTIYAR GULIYEV
Herr SHAHIN NOVRUZLU
Herr RASHAD HASANOV
Herr RASHADAT AKHUNDOV
Herr ZAUR GURBANLI
Herr UZEYIR MAMMADLI
Herr ILKIN RUSTAMZADE

Acht Aktivisten, die sich für Demokratie einsetzen, könnten zu bis zu zwölf Jahren Haft verurteilt werden, da sie wegen geplanter "Störung der öffentlichen Ordnung" angeklagt sind. Sie waren zuvor in Zusammenhang mit der Teilnahme an einer friedlichen Demonstration am 10. März angeklagt worden.

Zwischen März und Juni dieses Jahres wurden die Jugendaktivisten Bakhtiyar Guliyev, Mahammad Azizov, Shahin Novruzlu, Rashad Hasanov, Rashadat Akhundov, Zaur Gurbanli, Uzeyir Mammadli und Ilkin Rustamzade festgenommen und wegen des Besitzes von Drogen und Sprengstoff sowie wegen Rowdytums angeklagt. Amnesty International vertritt jedoch die Auffassung, dass diese Vorwürfe konstruiert sind und betrachtet sie als gewaltlose politische Gefangene. Darüber hinaus wurden den acht jungen Männern am 12. September zusätzlich die geplante "Störung öffentlicher Ordnung" und den Einsatz von Molotowcocktails bei einer Demonstration am 10. März gegen Todesfälle in der Armee zur Last gelegt.

Die Polizei gibt an, in den Wohnungen von Bakhtiyar Guliyev und Shahin Novruzlu am 8. März Molotowcocktails gefunden zu haben, aber ihre Eltern beteuern, dass PolizistInnen in Zivil bei der Durchsuchung die Brandflaschen dort deponiert hätten. Bakhtiyar Guliyev und Mahammad Azizov wollten ihre "Geständnisse", die sie ohne Rechtsbeistände ihrer Wahl gemacht hatten, widerrufen. Mahammad Azizov berichtete seinem Rechtsbeistand, er sei geschlagen worden, nachdem er sich geweigert hatte, gegen Rashad Hasanov auszusagen. Die "Geständnisse" wurden später von einem staatlichen Fernsehsender ausgestrahlt. Die Behörden berufen sich weiterhin auf sie und haben die Vorwürfe von Folter und anderen Misshandlungen nicht untersucht. Laut den VerteidigerInnen besteht keine Verbindung zwischen den drei Aktivisten, denen die Produktion von Molotowcocktails zur Last gelegt wird, und den übrigen Personen in diesem Fall. Die einzige Verbindung zwischen ihnen ist die Teilnahme an der friedlichen Demonstration. Die acht Aktivisten weisen die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zurück.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Angaben der Polizei zufolge wurden am 8. März, einen Tag vor der Festnahme der Aktivisten, 19 mit Benzin gefüllte Flaschen und Drogen in der Wohnung von Bakhtiyar Guliyev gefunden. Des Weiteren gibt die Polizei an, drei Flaschen mit Benzin in der Wohnung von Shahin Novruzlu und weitere Drogen in der Wohnung von Mahammad Azizov gefunden zu haben. Familienangehörige, die mit den Aktivisten zusammenwohnen, sind der Ansicht, dass die Drogen und Brandflaschen von PolizistInnen in Zivil bei der Durchsuchung in den Wohnungen deponiert wurden.

Rashad Hasanov wurde am 14. März festgenommen, Uzeyir Mammadli sowie Rashadat Akhundov am 30. März, und Zaur Gurbanli am 1. April. Die drei Männer wurden wegen illegalen Besitzes von Waffen und Sprengstoff angeklagt. Ilkin Rustamzade kam am 17. Mai in Haft. Ursprünglich legte man ihm Rowdytum wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an der Verfilmung sowie Veröffentlichung eines Youtube Videos, in dem ein friedlicher "Harlem Shake" gezeigt wird, zur Last. Er leugnet dies jedoch. Die Staatsanwaltschaft hat nicht erläutert, inwiefern Ilkin Rustamzade gemeinsam mit sieben weiteren Mitgliedern der NIDA-Bürgerbewegung unter Verdacht steht, die "Störung der öffentlichen Ruhe" geplant zu haben. Seine einzige Verbindung zu der Demonstration am 10. März ist die Erstellung und Veröffentlichung einer Veranstaltungsseite bei Facebook für die Demonstration, die bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Behörden sie unterbrachen, friedlich verlaufen war.


SCHREIBEN SIE BITTE

LUFTPOSTBRIEFE, E-MAILS UND FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass Bakhtiyar Guliyev, Mahammad Azizov, Shahin Novruzlu, Rashad Hasanov, Rashadat Akhundov, Zaur Gurbanli, Uzeyir Mammadli und Ilkin Rustamzade gewaltlose politische Gefangene sind, die sich nur deshalb in Haft befinden, weil sie friedlich von ihren Rechten auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht haben. Lassen Sie die acht Aktivisten deshalb bitte umgehend und bedingungslos frei.
  • Leiten Sie bitte unverzüglich wirksame und unparteiische Untersuchungen der Folter- und anderen Misshandlungsvorwürfe ein, insbesondere in den Fällen von Mahammad Azizov, Bakhtiyar Guliyev und Shahin Novruzlu.
  • Ich bitte Sie eindringlich, die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- sowie Versammlungsfreiheit zu achten. Garantieren Sie zudem, dass niemand wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner oder ihrer Rechte mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen muss.

APPELLE AN

GENERALSTAATSANWALT
Zakir Qaralov
Prosecutor General of the Republic of Azerbaijan
7 Nigar Rafibeyli Street
Baku AZ 1001
ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 994) 12 392 32 30

PRÄSIDENT DER REPUBLIK ASERBAIDSCHAN
Ilham Aliyev
Office of the President of the Azerbaijan Republic
18 Istiqlaliyyat Street
Baku AZ 1066
ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear President Aliyev / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 994) 12 392 0625
E-Mail: office@pa.gov.az


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ASERBAIDSCHAN
S. E. Herrn Parviz Shahbazov
Hubertusallee 43
14193 Berlin
Fax: 030-2191 6152
E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch, Russisch, Aserbaidschanisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. Oktober 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Noting that the eight activists (naming them) are prisoners of conscience detained solely for the peaceful exercise of their rights to freedom of expression, association and assembly, and calling on the authorities to release them immediately and unconditionally.
  • Calling on them to order a prompt, effective and impartial investigation into allegations of torture and other ill-treatment, particularly in the cases of Mahammad Azizov, Bakhtiyar Guliyev and Shahin Novruzlu.
  • Urging them to ensure that the rights to freedom of expression, association and assembly are respected and that no one is persecuted for the peaceful exercise of their rights.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Bei der Durchsuchung der Wohnung von Bakhtiyar Guliyev am 8. März legten die PolizeibeamtInnen weder ihre Ausweispapiere noch einen Durchsuchungsbefehl vor. Als die Familie aufgefordert wurde, in einem Zimmer zu warten, behaupteten die BeamtInnen eine große Kiste mit 19 Flaschen in einem anderen Zimmer der Wohnung der Familie Guliyev gefunden zu haben. Die Familie beteuert jedoch, dass sich diese Kiste vor dem Eintreffen der Polizei nicht in ihrer Wohnung befunden habe. Später entdeckten sie eine Kiste mit Benzinbehältern in ihrem Vorgarten. Sie vermuten, dass die PolizeibeamtInnen die Flaschen gefüllt haben.

Als bei der ersten Durchsuchung in Mahammad Azizovs Zimmer nichts gefunden worden war, kehrte die Polizei am selben Tag zurück, um eine zweite Durchsuchung durchzuführen, bei der sie angab, in Papier gewickelte Drogen gefunden zu haben. Die Familie vermutet, die Polizei habe die Drogen während der ersten Durchsuchung in der Wohnung deponiert. Nach ihrer Festnahme wurden die Aktivisten ohne Zugang zu Rechtsbeiständen ihrer Wahl verhört. Mahammad Azizov, Bakhtiyar Guliyev und Shahin Novruzlu wurden gezwungen, in einer Fernsehsendung vorgefertigte Geständnisse vorzulesen. Mahammad Azizov berichtete seinem Rechtsbeistand, man hätte ihn zu dem Geständnis gebracht, indem man ihm angedroht habe, seine Familie strafrechtlich zu verfolgen. Shahin Novruzlu, der zu dem Zeitpunkt minderjährig war, wurde ohne die Anwesenheit einer/s Erziehungsberechtigten zu einem Geständnis gezwungen.

Der einzige Beweis, der gegen Rashadat Akhundov, Zaur Gurbanli und Uzeyir Mammadli vorgelegt wurde, ist ihre Mitgliedschaft im Vorstand der Bürgerbewegung NIDA.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-068/2013-1, AI-Index: EUR 55/009/2013, Datum: 18. September 2013 - dw
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2013