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AKTION/417: Gao Zhisheng spurlos verschwunden (ai journal)


amnesty journal 01/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte

Gao Zhisheng: Spurlos verschwunden


Er gilt als einer der herausragenden Menschenrechtsanwälte in China. Seit dem 22. September ist Gao Zhisheng, 43 Jahre alt, spurlos verschwunden. "Mehrere Polizeiautos mit etwa zehn Zivilbeamten hielten an dem Tag vor seinem Haus in Peking", berichtete ein Freund gegenüber ai. Vielleicht waren es Beamte des Amtes für Staatssicherheit oder der Abteilung für nationale Sicherheit, man weiß es nicht genau. Niemand hat gesehen, dass Zhisheng festgenommen wurde. Mehrfache Versuche, Kontakt zu seiner Ehefrau Geng He aufzunehmen, blieben erfolglos. Wahrscheinlich ist ihr der Kontakt zur Außenwelt verboten worden. Schon lange ist ihr Ehemann den Behörden ein Dorn im Auge. Ende 2005 entzogen sie ihm die Anwaltslizenz und schlossen seine Kanzlei. Trotz der Repressionen rief Zhisheng im Februar 2006 zu einem Hungerstreik auf, um auf das Schicksal von Menschenrechtsverteidigern aufmerksam zu machen. Wenig später setzte er sich in einem offenen Brief für das Recht auf Religionsfreiheit ein und verlangte von der chinesischen Regierung, die "barbarische Verfolgung" der spirituellen Bewegung "Falun Gong" zu beenden. Im Dezember 2006 verurteilten ihn die Behörden wegen "Anstiftung zur Subversion" zu drei Jahren Haft. Vier Monate saß er im Gefängnis. "Die Polizei hat mich misshandelt", sagte er später. "Ich wurde gezwungen, mehrere Stunden mit verschränkten Beinen zu sitzen." Er habe sein "Vergehen" schließlich gestanden - aus Angst, seiner Familie könnte etwas angetan werden. Seine Freiheitsstrafe wurde für fünf Jahre auf Bewährung ausgesetzt. Für Zhisheng bedeutete das: Kein Gefängnis, solange ihm keine weiteren Straftaten zur Last gelegt werden. Sein politisches Engagement setzte Zhisheng jedoch fort. Am 13. September 2007 schrieb er in einem offenen Brief an den US-Kongress, dass sich die Menschenrechtslage in China dramatisch verschlechtert habe. Die Austragung der Olympischen Spiele könne er "zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht befürworten". Drei Tage später durchkämmten mehrere Polizisten seine Wohnung. In Zivil kehrten sie am 22. September zurück, ohne Spuren über seinen Verbleib zu hinterlassen.

Unterstützen Sie die Kampagne "Gold für Menschenrechte".
www.goldfuermenschenrechte.de


Setzen auch Sie sich bei der chinesischen Regierung für die Freilassung von Gao Zhisheng ein!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Wen,

der Menschenrechtsverteidiger Gao Zhisheng hat im September 2007 in einem offenen Brief an den US-Kongress auf die sich verschlechternde Menschenrechtslage in China hingewiesen.

Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Es ist davon auszugehen, dass er von der Polizei festgehalten wird.

Gao Zhisheng wird allein wegen der friedlichen Ausübung seiner Menschenrechte festgehalten.

Ich fordere Sie auf, dafür zu sorgen, dass sein Aufenthaltsort umgehend bekannt gegeben wird.

Gao Zhisheng darf weder misshandelt noch gefoltert werden. Er muss Zugang zu seiner Familie, Rechtsanwälten und umfassender medizinischer Versorgung erhalten. Anlässlich der Olympischen Spiele in Peking 2008 fordere ich Gold für Menschenrechte.

Adresse:

An den Ministerpräsidenten der VR China
Wen Jiabao Guojia Zongli
Guowuyuan, 9 Xihuangchenggen Beijie
Beijingshi 100032
VOLKSREPUBLIK CHINA


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Quelle:
amnesty journal, Januar 2008, S. 27
Herausgeber: amnesty international
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Telefon: 0228/98 37 30
E-Mail: info@amnesty.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2008