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AKTION/531: Urgent Action - Bahrain - Tote bei Niederschlagung friedlicher Proteste


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-029/2011, AI-Index: MDE 11/004/2011, Datum: 15. Februar 2011 - ar

BAHRAIN
Tote bei Niederschlagung friedlicher Proteste


Herr 'ALI 'ABDULHADI MUSHAIMA'
Herr FADHEL 'ALI MATROOK

In Bahrain wurden zwei Personen getötet, als Angehörige der Bereitschaftspolizei auf Protestierende schossen, die friedlich für mehr politische Rechte und Freiheiten demonstrierten. Die Polizei setzte Tränengas und Berichten zufolge scharfe Munition ein, um die friedlichen Proteste in ganz Bahrain einzudämmen, die am 14. Februar begonnen hatten.

'Ali 'Abdulhadi Mushaima' wurde am 14. Februar bei einer Demonstration im Dorf al-Daih im Norden Bahrains angeschossen. Er wurde in das Krankenhaus al-Salmaniaya in der Hauptstadt Manama gebracht, erlag dort jedoch eine Stunde später seinen Verletzungen. Am 15. Februar fand ein Trauerzug vom Krankenhaus zum Friedhof statt, wo sein Begräbnis gehalten werden sollte. Augenzeugenberichten zufolge warteten sehr viele Menschen am Eingangstor des Krankenhauses, um sich dem Trauerzug anzuschließen. Angehörige der Bereitschaftspolizei vertrieben sie von dort mit Tränengas und Gewehren. Ein Mann, Fadhel 'Ali Matrook, wurde durch Kugeln aus einer Schrotflinte verletzt und starb daraufhin im Krankenhaus.

Menschenrechtsverteidiger_innen in Bahrain verfügen über Videoaufnahmen, in denen die Brutalität und unverhältnismäßige Gewaltanwendung der Polizei deutlich zu sehen sind. Damit verletzt die Polizei internationale Menschenrechtsabkommen und -normen. Artikel 3 des am 17. Dezember 1979 von der UN-Generalversammlung in Resolution 34/169 verabschiedeten Verhaltenskodexes für Beamte mit Polizeibefugnissen betont, "dass Gewaltanwendung durch Beamte mit Polizeibefugnissen die Ausnahme darzustellen hat; obwohl sie impliziert, dass Beamte mit Polizeibefugnissen zur Verhütung von Verbrechen oder bei der Vornahme bzw. Unterstützung der rechtmäßigen Festnahme von Straffälligen oder Verdächtigen berechtigt sein können, in einem entsprechend den gegebenen Umständen notwendigen Maß Gewalt anzuwenden, darf darüber hinaus keine Gewalt angewendet werden." Auf mehreren Internetseiten sowie über Facebook und Twitter wurde zu den Protesten am "Tag des Zorns" (Day of Rage) aufgerufen, die zum 10. Jahrestag der bahrainschen National Action Charter stattfinden sollten. Die Demonstrierenden ließen sich von den Protesten in Tunesien und Ägypten inspirieren und verlangten mehr Freiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen, eine neue Verfassung und eine gewählte Regierung. Die prominenteste schiitische politische Gruppe al-Wefaq soll Berichten zufolge ihre Teilhabe an einer Parlamentssitzung ausgesetzt haben, um gegen den Tod der beiden Demonstrierenden sowie die Methoden der Polizei zu protestieren.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In den letzten zwölf Monaten hat sich die Menschenrechtssituation in Bahrain bedeutend verschlechtert. Am 11. Februar veröffentlichte Amnesty International einen englischen Bericht, in dem Menschenrechtsverletzungen in Bahrain angeprangert werden: Crackdown in Bahrain: human rights at the crossroads
(http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE11/001/2011/en).

Die National Action Charter wurde von Bahrains Regierungschef Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa entworfen, um die politischen Unruhen in den 1990er Jahren zu beenden und eine konstitutionelle Monarchie einzuführen. Am 14. Februar 2001 stimmte in einem Referendum die große Mehrheit der Staatsbürger_innen Bahrains für diese Charta, und im Februar 2002 wurde somit eine neue und relativ progressive Verfassung verabschiedet. Die Verfassung garantiert die Wahrung der Menschenrechte und erlaubt es Frauen, sich für öffentliche Ämter zur Wahl zu stellen und bei Wahlen ihre Stimme abzugeben. Die Verfassung wurde jedoch von einigen Seiten kritisiert, besonders von Seiten der schiitischen Mehrheitsbevölkerung. Kritikpunkte sind, dass sie ohne angemessene Konsultation zustande gekommen ist und ein Gesetzgebungssystem der zwei Kammern festschreibt: Es gibt ein Unterhaus, bestehend aus 40 direkt gewählten Mitgliedern, und ein Oberhaus - den Schura-Rat -, dessen Angehörige vom König ernannt werden und das Gesetzesvorlagen des Unterhauses mit einem Veto ablehnen kann.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich bitte Sie eindringlich darum, die unverhältnismäßige Gewaltanwendung gegenüber den Demonstrierenden unverzüglich einzustellen.

- Ich fordere Sie höflich auf, sofort eine umfassende und unabhängige Untersuchung der Gründe für den Tod von 'Ali 'Abdulhadi Mushaima' und Fadhel 'Ali Matrook einzuleiten. Falls Angehörige der Polizei in unverhältnismäßiger Weise Gewalt angewendet haben sollten, dringe ich nachdrücklich darauf, die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.

- Ich appelliere an Sie, in Bahrain die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Bewegungs- und Vereinigungsfreiheit zu gewährleisten.


APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555
Rifa'a Palace, al-Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Highness/Königliche Hoheit)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah bin Ahmad Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13, al-Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 973) 1723 2661


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ahmed Mohamed Yousif Aldoseri
Klingelhöfer Str. 7
10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort.
Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. März 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urge the authorities to immediately stop using excessive force against the protesters.

- Urge the authorities to set up an immediate, thorough and independent investigation into the deaths of 'Ali 'Abdulhadi Mushaima' and Fadhel 'Ali Matrook, and ensure that any police found to have used excessive force are brought to justice.

- Urge the authorities to respect and protect the right of freedom expression, movement and assembly in Bahrain.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-029/2011, AI-Index: MDE 11/004/2011, Datum: 15. Februar 2011 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2011