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AKTION/559: Urgent Action - Saudi-Arabien - Professor aus Haft entlassen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-249/2010-1, AI-Index: MDE 23/003/2011, Datum: 23. Februar 2011 - gs

SAUDI-ARABIEN
Professor aus Haft entlassen

Weitere Informationen zu UA-249/2010 (MDE 23/015/2010, 8. Dezember 2010)


DR. MOHAMMED 'ABDULLAH AL-'ABDULKAREEM, 40-jähriger Professor für Rechtswissenschaften

Dr. Mohammed 'Abdullah al-'Abdulkareem ist am 15. Februar 2011 aus der Haft entlassen worden. Er war im Zusammenhang mit einem von ihm verfassten und auf seiner Facebook-Seite veröffentlichten Artikel über die saudische Königsfamilie und die Zukunft Saudi-Arabiens festgenommen worden.

Dr. Mohammed 'Abdullah al-'Abdulkareem, 40 Jahre alt, verheiratet und Vater von drei Kindern, ist nach mehr als zwei Monaten Haft aus dem Gefängnis al-Ha'ir in Riad entlassen worden. Am Nachmittag des 5. Dezember 2010 hatten ihn vier in Zivil gekleidete Männer, vermutlich Mitarbeiter des Nachrichtendienstes des Innenministeriums (al-Mabahith al-'Amma), in seiner Wohnung festgenommen. An seiner Festnahme waren auch mehrere uniformierte PolizistInnen beteiligt. Wenige Minuten nach seiner Festnahme rief Dr. 'Abdullah al-'Abdulkareem seine Frau an und teilte ihr mit, dass man ihn gerade ins Gefängnis des Nachrichtendienstes bringe. Am Abend, so der Rechtswissenschaftler, werde er wieder zu Hause sein. Seine Festnahme stand mit einem von ihm verfassten Artikel in Zusammenhang, den er am 23. November 2010 auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte. In der Haft war Dr. Mohammed 'Abdullah al-'Abdulkareem zu dem Artikel vernommen worden. Bei seiner Freilassung teilte man ihm mit, dass das Verfahren gegen ihn weiterhin anhängig sei. Er muss somit damit rechnen, jederzeit vor Gericht vorgeladen zu werden.

Der in arabischer Sprache verfasste Artikel trägt den Titel "Die Krise des politischen Konflikts zwischen den in Saudi-Arabien herrschenden Parteien". In dem Artikel stellt Dr. al-'Abdulkareem die Frage: "Ist der Fortbestand des vereinten Königreichs von der Existenz der Herrscherfamilie abhängig?" Er beantwortet die Frage, indem er auf die noch ungelöste Erbfolge in der königlichen Familie sowie auf anderweitige institutionelle Entwicklungen verweist, die sich auf die Zukunft von Saudi-Arabien auswirken werden. In dem Artikel wird an keiner Stelle die Anwendung von Gewalt befürwortet. Dr. 'Abdullah al-'Abdulkareem ist Professor für islamisches Recht an der Islamischem Universität Imam Muhammad bin Saud in Riad und Herausgeber der Zeitschrift Congress of the Nation, die sich mit Fragen des Islam befasst. Am 29. November 2010 wurde er von der Universitätsverwaltung zu einem Gespräch vorgeladen und befragt, ob er der Autor des oben erwähnten Artikels sei. Dr. al-'Abdulkareem lehnte es ab, die Frage zu beantworten.

Weitere Aktionen des Eilaktionsnetzes sind derzeit nicht erforderlich. Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

KritikerInnen der saudischen Regierung drohen im Gewahrsam der Sicherheitsdienste des Innenministeriums schwere Menschenrechtsverletzungen. Oft werden sie ohne Kontakt zur Außenwelt und ohne Anklage in Haft gehalten und können weder RechtsanwältInnen noch die Gerichte einschalten, um die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung anzufechten. Außerdem sind sie häufig Folterungen und anderen Misshandlungen ausgesetzt. Ihre Prozesse werden internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren bei Weitem nicht gerecht. Sie finden nicht selten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Oftmals werden weder die Angeklagten noch ihre Familien über den Fortgang des Verfahrens unterrichtet, und die Angeklagten haben so gut wie nie Zugang zu einem Rechtsbeistand. Haft ohne Kontakt zur Außenwelt und Einzelhaft sind in Saudi-Arabien gängige Praxis. Ebenso wie Folterungen und Misshandlungen dienen sie dem Zweck, "Geständnisse" zu erzwingen, nicht "reuige" Gefangene zu bestrafen oder sie von weiteren kritischen Äußerungen über die Regierung abzuhalten. Oftmals werden Menschen so lange von der Außenwelt abgeschnitten in Haft gehalten, bis sie schließlich doch ein "Geständnis" ablegen. Der Zeitraum kann Monate, wenn nicht sogar Jahre betragen.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-249/2010-1, AI-Index: MDE 23/003/2011, Datum: 23. Februar 2011 - gs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2011