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AKTION/637: Urgent Action - Oman - Trotz Freilassungen einige Protestierende weiter in Haft


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-096/2011-1, AI-Index: MDE 20/002/2011, Datum: 21. April 2011 - pn

Oman
Trotz Freilassungen einige Protestierende weiter in Haft

Weitere Informationen zu UA-096/2011 (MDE 20/001/2011, 31. März 2011)


Freigelassen:
Herr AHMED AL-SHEZWAWI
Herr DR. ABDUL GUFAR AL-SHEZWAWI

In Haft:
Herr ALI AL-BADI
Herr HILAL AL-ALAWI, 27 Jahre alt
und mindestens sieben weitere Männer

Mit Ausnahme von mindestens neun Männern sind alle, die sich in Oman in Zusammenhang mit den jüngsten Protesten in Haft befanden, ohne Anklage freigelassen worden. Die neun Inhaftierten werden weiterhin ohne Anklage festgehalten. Mindestens einer hat keinen Kontakt zur Außenwelt und ist dadurch besonders von Folter und Misshandlungen bedroht. Möglicherweise sind sie nur deshalb in Haft, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung friedlich wahrgenommen haben. Die Sicherheitskräfte in Oman haben im Zusammenhang mit Protesten, die im Januar begannen, Dutzende Festnahmen vorgenommen. Am 29. März wurde eine ganze Reihe von Protestierenden festgenommen, die auf dem Kreisverkehr Globe in Suhar im Norden des Landes kampierten. Weitere Personen wurden bei sich zu Hause festgenommen. Infolge einer Demonstration vom 1. April kam es zu weiteren Festnahmen. Es ist davon auszugehen, dass die Inhaftierten ohne Anklage freigelassen wurden. Mindestens neun Männer befinden sich jedoch noch in Haft. Sie werden nach wie vor ohne Anklage festgehalten. Es wird vermutet, dass die meisten von ihnen im Zentralgefängnis in Samail westlich der Hauptstadt Maskat festgehalten werden.

Alle neun Männer, unter ihnen Ali al-Badi und Hilal al-Alawi, wurden vermutlich am 29. März festgenommen. Sie sind die mutmaßlichen Organisatoren der Proteste in Suhar. Die Festnahme von Hilal al-Alawi erfolgte im Haus seiner Eltern um etwa drei Uhr in der Nacht. Er wird seit seiner Festnahme in Einzelhaft gehalten. Seine Familie hat ihn bisher ein Mal sehen können, als er sich noch im Zentralgefängnis von Samail befand. Seit seiner Verlegung in ein Gefängnis in Maskat vor einer Woche wird den Angehörigen der Zugang untersagt. Die Familie von Ali al-Badi hatte ihn seit seiner Festnahme am 29. März nicht besuchen dürfen. Es ist nicht bekannt, ob den mindestens sieben weiteren Männern der Kontakt zu ihrer Familie und ihrem Rechtsbeistand untersagt wurde.

Ahmed al-Shezawi und sein Onkel Dr. Abdul Gufar al-Shezawi, die an den Protesten in Suhar teilgenommen hatten, wurden am 10. April ohne Anklage aus der Haft entlassen, nachdem sie schriftlich zugesichert hatten, in Zukunft kein öffentliches Eigentum zu zerstören. Ahmed al-Shezawi war am 29. März gegen drei Uhr nachts in seiner Wohnung in Maskat festgenommen worden. Er wurde an einem unbekannten Ort in Haft gehalten. Dort soll er in Einzelhaft nur unterbrochen durch Verhöre Tag und Nacht lauter Musik ausgesetzt gewesen sein. Berichten zufolge befragte man ihn zu seinen Verbindungen mit ausländischen Organisationen wie etwa der BBC.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Protestierende kampierten seit dem 27. Februar auf dem Kreisverkehr Globe in Suhar im Norden des Landes. An diesem Tag starben Berichten zufolge zwei Menschen, als PolizistInnen Gummigeschosse und Tränengas gegen die 2.000 Teilnehmenden eines Protests einsetzte, um die Menge auseinander zu treiben. Die Protestierenden forderten mehr Arbeitsplätze, ein Ende der Korruption und die Entlassung bestimmter RegierungsvertreterInnen. Der Student Abdullah al-Ghamalasi wurde getötet und ein weiterer Mann erlag während einer Operation den Verletzungen, die er bei den Protesten davongetragen hatte. Die Polizei setzte Gummigeschosse und Tränengas gegen Demonstrierende ein, von denen einige Steine auf Angehörige der Polizei warfen. Mindestens zwölf Menschen wurden dabei verletzt. Mindestens 40 Personen sollen am folgenden Tag festgenommen worden sein, kamen jedoch auf Anordnung des Sultans Qaboos bin Sa'id (Qabus bin Said) noch am selben Tag ohne Anklageerhebung wieder frei. Für nähere Informationen auf Englisch siehe Presseerklärung Oman must rein in security forces to prevent further deaths vom 28. Februar 2011 unter
http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/oman-must-rein-security-forces-prevent-further-deaths-2011-02-28.

Als Reaktion auf die Proteste ordnete Sultan Qaboos am 27. Februar die Schaffung von 50.000 Arbeitsplätzen an und gestand allen Arbeitslosen eine monatliche Unterstützung von 150 Omanischen Rial (umgerechnet etwa 390 US-Dollar oder 275 Euro) zu. Am 7. März nahm Sultan Qaboos eine weitreichende Umbildung des Kabinetts vor und entließ eine Reihe von MinisterInnen.

Doch seither haben Protestierende immer wieder die Entlassung weiterer Minister gefordert, darunter auch die des Informationsministers. Die Protestierenden fordern zudem, dass mehrere derzeitige und ehemalige MinisterInnen, wie der ehemalige Minister des Büros des Sultans (Royal Office), für Straftaten zur Verantwortung gezogen werden, die sie im Amt begangen haben sollen. Darüber hinaus verlangen sie mehr Pressefreiheit und die Umsetzung der von Sultan Qaboos im Februar und März angekündigten Reformen. Am 20. April begnadigte Sultan Qaboos Berichten der amtlichen Nachrichtenagentur Oman (ONA) zufolge 234 Personen, die der "Straftat des Versammelns auf der Straße in den Verwaltungsbezirken Suhar, Ibri, Dhank und Yanqul" verdächtigt wurden. Andere Personen, die der Brandstiftung, gewaltsamer Behinderung der Arbeit von Behörden, Errichtung von Straßenblockaden, Blockierung des Straßenverkehrs, Beamtenbeleidigung und tätliche Angriffe auf Beamte bezichtigt werden, sollen in Übereinstimmung mit dem Gesetz vor Gericht gestellt werden. Es ist unklar, welche Personen begnadigt und wann sie freigelassen wurden.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, LUFTPOSTBRIEFE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich begrüße die Freilassung ohne Anklage der Personen, die nach den Protesten in Suhar und Maskat festgenommen wurden.

- Bitte stellen Sie sicher, dass die mindestens neun Männer, die sich weiterhin in Haft befinden, weder gefoltert noch in anderer Weise misshandelt werden und dass sie regelmäßigen Zugang zu ihren Familien, Rechtsbeiständen ihrer Wahl und, falls notwendig, medizinische Betreuung erhalten.

- Falls sie sich nur deshalb in Haft befinden, weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit friedlich wahrgenommen haben, fordere ihre umgehende und bedingungslose Freilassung, sofern sie nicht einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden und ein faires Gerichtserfahren gemäß internationalen Standards eingeleitet wird.

- Bitte geben Sie Auskunft über die genauen Anklagepunkte, den Aufenthaltsort und den Rechtsstatus der neun Inhaftierten.


APPELLE AN

SULTAN VON OMAN
His Majesty Sultan Qaboos bin Sa'id
Head of State, Prime Minister, Foreign Affairs, Defence and Finance Minister
Diwan of the Royal Court
The Palace, Muscat 113, SULTANAT OMAN
(korrekte Anrede: Your Majesty/Ihre Majestät)
Fax: (00 968) 24 735 375

INNENMINISTER
His Excellency Sayyid Hamoud bin Faisal bin Said Al Busaidi
Minister of the Interior, Ministry of Interior
PO Box 127, Ruwi 112, Muscat, SULTANAT OMAN
(korrekte Anrede: Your Excellency/Exzellenz)


KOPIEN AN

VORSITZENDER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Mr Mohammed bin Abdullah Al Riyami
Chairman, National Human Rights Commission
P.O. Box 29, Postal Code: 103
Bareq A' Shati, Muscat, SULTANAT OMAN
(korrekte Anrede: Dear Mr Mohammed bin Abdullah Al Riyami/Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
Fax: (00 968) 24 648 801
E-Mail: enquiry@nhrc.om

BOTSCHAFT DES SULTANATS OMAN
I. E. Frau Zainab Ali Said AL-QASMI
Clayallee 82, 14195 Berlin
Fax: 030-8100 5199
E-Mail: botschaft-oman@t-online.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. Juni 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Welcome the release without charge of those arrested following the protests in Sohar and Muscat;

- Urge the authorities to ensure that the at least nine men who remain detained are protected from torture and other ill-treatment, and given regular access to their families, lawyers and any medical attention they may require;

- Call for their immediate and unconditional release if they are prisoners of conscience held solely for peacefully exercising their rights to freedom of expression and assembly; otherwise they should be released unless they are promptly charged with recognizable criminal offences and tried in conformity with international fair trial standards;

- Ask for details of any charges brought against them and clarification of their current legal status and whereabouts in detention.


ZUSÄTZLICHE HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Protestierenden weigerten sich, den Kreisverkehr Globe in Suhar zu räumen, bis ihre Forderungen erfüllt würden. Am 29. März um drei Uhr in der Nacht nahmen Sicherheitskräfte dort eine Reihe von Protestierenden fest, räumten Straßenblockaden, die errichtet worden waren und zwangen die Anwesenden den Ort zu verlassen. Andere Personen, die an Protesten teilgenommen hatten, wurden bei sich zu Hause festgenommen. Am 1. April versuchten Hunderte von Demonstrierenden, erneut die Kontrolle über den Kreisverkehr Globe zu gewinnen, wurden allerdings von der Polizei vertrieben. Ein Mann soll Berichten zufolge an den Verletzungen, die er sich dabei zugezogen hatte, gestorben sein. Weitere Festnahmen folgten.

Im Oman sind die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit weiterhin stark eingeschränkt. Mehrere BloggerInnen und JournalistInnen wurden in den vergangenen Jahren zur Zielscheibe oder kamen in Haft, weil sie die Regierung kritisiert hatten.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-096/2011-1, AI-Index: MDE 20/002/2011, Datum: 21. April 2011 - pn
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2011