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AKTION/891: Urgent Action - Indonesien - Gläubige weiterhin bedroht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-212/2011-3, AI-Index: ASA 21/004/2012, Datum: 24. Januar 2012 - we

Indonesien
Gläubige weiterhin bedroht

Weitere Informationen zu UA-212/2011 (ASA 21/017/2011, 6. Juli 2011), UA 212/2011-1 (ASA 21/019/2011, 11. Juli 2011) und UA-212/2011-2 (ASA 21/031/2011, 5. Oktober 2011).


ANGEHÖRIGE DER INDONESISCHEN CHRISTLICHEN KIRCHE TAMAN YASMIN

Gläubige der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin fürchten um ihre Sicherheit. Am 22. Januar waren sie von Angehörigen einer radikal-islamistischen Gruppe bedroht worden. Es besteht die Gefahr weiterer Einschüchterungsversuche und möglicher Anschläge. Am 22. Januar um etwa 7:00 Uhr, versammelten sich Angehörige zweier radikal-islamistischer Gruppen - die islamische Reformbewegung und das indonesisch-muslimische Kommunikationsforum - in der Nähe der Kirche und blockierten die Straße mit Ästen und Holzstühlen. Da die Kirche 2008 versiegelt worden war, hat die Gemeinde seither ihre wöchentlichen Gottesdienste auf dem Gehsteig vor der Kirche abgehalten. Dort werden sie immer wieder mit Protesten und Einschüchterungen durch radikaler Gruppierungen konfrontiert. Amnesty International ist dennoch nicht bekannt, dass wegen der anhaltenden Drohungen gegen die Gemeinde Ermittlungen durchgeführt werden. Aufgrund der andauernden Sorge um die eigene Sicherheit hatte die Gemeinde im Voraus entschieden, ihren wöchentlichen Gottesdienst in ein 300 Meter von der Kirche entferntes Haus zu verlegen. Einige Gemeindemitglieder wurden auf dem Weg zu dem dort stattfindenden Gottesdienst von Protestierenden bedroht und beschimpft. Um 9:00 Uhr, ca. 30 Minuten nach Beginn des Gottesdienstes, trafen auch mindestens 50 BeamtInnen der Verwaltungspolizei (Satpol PP) am Ort des Geschehens ein. Kurze Zeit später versammelten sich Dutzende GegnerInnen der indonesisch christlichen Gemeinde vor dem Haus. Sie bedrohten die Gemeindemitglieder und riefen ihnen zu, sie sollen verschwinden. Anstatt jedoch die notwendigen Schritte einzuleiten, die einen ungestörten weiteren Ablauf des Gottesdienstes ermöglicht hätten, forderte die Verwaltungspolizei die GottesdienstbesucherInnen dazu auf zu gehen. Trotz des von der Polizei ausgeübten Drucks weigerten sich die Gemeindemitglieder zu gehen, solange die Protestierenden noch anwesend waren. Der Aufruhr fand erst ein Ende, als der Bezirkspolizeichef von Bogor einwilligte, für den Schutz der Gemeinde zu sorgen. Die Gemeindemitglieder verließen daraufhin unter Polizeischutz das Haus.

Im Jahr 2008 hatte die Stadtverwaltung von Bogor die Baugenehmigung zurückgezogen und das Gebäude versiegelt. Die Behörden gaben an, dass Angehörige der Glaubensgemeinschaft bei Erhalt der Genehmigung Unterschriften gefälscht hätten. Im Dezember 2010 hob der indonesische Oberste Gerichtshof diese Entscheidung jedoch auf und ordnete an, dass die Kirche wieder geöffnet werden solle. Da die Behörden von Bogor sich aber weigerten, diesem Gerichtsentscheid nachzukommen, hat die indonesische Omudsperson den Fall an den Staatspräsidenten Indonesiens weitergeleitet.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Als Begründung für die Weigerung dem Gerichtsentscheid nachzukommen führten die Behörden von Bogor mögliche soziale Unruhen an. Die indonesische christliche Kirche Taman Yasmin hat jüngst Unterstützung von verschiedenen politischen und religiösen Personen aus ganz Indonesien erfahren. In der Vergangenheit kamen diese zu der Kirche Taman Yasmin, um die wöchentlichen Bedrohungen gegen die Gemeindemitglieder zu beobachten. Am 22. Januar versuchten Lily Wahid, eine indonesische Parlamentarierin, und einige ihrer ebenfalls anwesenden Teammitglieder, mit BeamtInnen der Verwaltungspolizei von Bogor (Satpol PP) über die Fortführung der Gemeindegottesdienste zu verhandeln.

Am 18. Juli 2011 setzte die indonesische Ompudsperson, deren Aufgabe in der Überwachung der Tätigkeit staatlicher Stellen und ihrer Bediensteten besteht, der Stadtverwaltung von Bogor eine Frist von 60 Tagen, um dem Urteil des Obersten Gerichtshofs nachzukommen. Am 13. Oktober 2011, nachdem die Verwaltung die Frist hatte verstreichen lassen, ohne tätig geworden zu sein, kündigte die Ombudsperson nach vorliegenden Informationen an, sie werde den Fall auf der Grundlage des Gesetzes zu Ombudspersonen aus dem Jahr 2008 (Gesetz Nr. 37/2008) an den Staatspräsidenten Indonesiens weiterleiten.

Das Recht auf Religionsfreiheit ist in Indonesien per Verfassung und durch den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte geschützt, zu dessen Vertragsstaaten Indonesien gehört. Dennoch erhält Amnesty International immer wieder von Meldungen Kenntnis, denen zufolge religiöse Minderheiten, darunter auch ChristInnen, in Indonesien angegriffen und eingeschüchtert werden. Im Jahr 2011 wurden mindestens 18 Kirchen angegriffen oder zur Schließung gezwungen. Einige Kirchengebäude wurden von gewalttätigen Gruppen niedergebrannt oder auf andere Weise beschädigt. Kirchenmitglieder wurden ebenfalls zur Zielscheibe von Übergriffen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ergreifen Sie bitte angemessene Maßnahmen zum Schutz der Gläubigen der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin und zwar gemäß ihres Rechts auf Religionsfreiheit, und sorgen Sie bitte außerdem dafür, dass sie ihren Glauben ohne Angst vor Einschüchterungen und Angriffen ausüben können.

- Kommen Sie dem Urteil des Obersten Gerichtshofs bitte unverzüglich nach und gewährleisten Sie die Wiedereröffnung der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin.

- Ich möchte Sie bitten, umgehend eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Berichte über Einschüchterungen, Drangsalierungen und Angriffe gegen Mitglieder der indonesischen christlichen Kirche Taman Yasmin einzuleiten und die Verantwortlichen in Übereinstimmung mit internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vor Gericht zu stellen.


APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT DER REPUBLIK INDONESIEN
H.E. Susilo Bambang Yudhoyono
Istana Merdeka
Jakarta, 10110, INDONESIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (0062) 21 345 2685
POLIZEIPRÄSIDENT VON INDONESIEN
General Timur Pradopo
Indonesian National Police Headquarters
Jl. Trunojoyo No. 3, Jakarta Selatan
INDONESIEN
(korrekte Anrede: Dear General Timur Pradopo / Sehr geehrter Herr Polizeipräsident)
Fax: (00 62) 21 722 0669


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND MENSCHENRECHTE
Amir Syamsuddin
Jl. H.R. Rasuna Said Kav No. 4-5
Kuningan, Jakarta Selatan, 12950
INDONESIEN
Fax: (00 62) 21 525 3095

BOTSCHAFT DER REPUBLIK INDONESIEN
S.E. Herrn Eddy Pratomo
Lehrter Straße 16-17, 10557 Berlin
Fax: 030-4473 7142
E-Mail: nur über die Website:
http://botschaft-indonesien.de/de/botschaft/organisation.htm
Kontaktformular:
http://www.botschaft-indonesien.de/de/kontak/kontakt.php


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 6. März 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Take adequate measures to guarantee the safety of the Taman Yasmin Indonesian Christian Church congregation so that they can practice their religion free from attacks and intimidation.

- Ensure that the Bogor city authorities immediately comply with the Indonesian Supreme Court ruling and re-open the Taman Yasmin Indonesian Christian Church.

- Conduct prompt, independent and impartial investigations into all reports of intimidation, harassment and attacks against members of the Taman Yasmin Indonesian Christian Church and bring the perpetrators to justice in accordance with international fair trial standards.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-212/2011-3, AI-Index: ASA 21/004/2012, Datum: 24. Januar 2012 - we
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2012