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AKTION/901: Urgent Action - Albanien - Roma droht Vertreibung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-032/2012, AI-Index: EUR 11/001/2012, Datum: 1. Februar 2012 - mr

Albanien
Roma droht Vertreibung


NEUN ROMA-FAMILIEN in Tirana

Neun obdachlose Roma-Familien, die die albanischen Behörden übergangshalber in Zelten auf einem Privatgrundstück untergebracht haben, droht auch dort die Vertreibung durch den privaten Besitzer. Den Familien ist bislang keine alternative Unterkunft angeboten worden.

Die Familien gehören zu etwa 40 Roma-Familien, die die informelle Siedlung in der Nähe des Bahnhofs in der albanischen Hauptstadt Tirana verlassen hatten, wo sie seit Februar 2011 wohnten. Sie verließen die Siedlung nach einer Reihe von Angriffen durch Männer, die nicht zur Siedlung gehörten. Die Behörden boten ihnen vorübergehend Unterkunft in Zelten in Babrru, einem Außenbezirk von Tirana, an. Dort sollten sie bleiben, bis sie in eine ehemalige Kaserne umgesiedelt werden würden, deren Instandsetzung noch aussteht. Die übrigen Familien lehnten die Unterbringung in Zelten hauptsächlich aus Gesundheits- und Sicherheitsgründen ab. Die Regierung behauptet zwar, dass das Gelände mit den Zelten alle Bedingungen für ein normales Leben erfüllt, Amnesty International ist jedoch der Ansicht, dass es den Kriterien für angemessenes Wohnen wie sie im Völkerrecht festgeschrieben sind, nicht gerecht wird. Der Besitzer des Grundstücks, auf dem sich die Zelte befinden, plant nun Berichten zufolge die Vertreibung der Familien. Grund soll eine Auseinandersetzung über ausstehende Mietzahlungen mit dem Arbeits- und Sozialministerium sein, das für die Unterbringung und das Wohl der Roma-Familien zuständig ist. Das Ministerium soll erwägen, die Familien schon jetzt auf das Kasernengelände umzusiedeln, obwohl die Unterbringung dort den internationalen Standards für angemessenes Wohnen nicht entspricht, da die Sanierung noch nicht einmal begonnen wurde. Die nächtlichen Temperaturen bewegen sich zu dieser Jahreszeit in Albanien um den Gefrierpunkt.

Laut Völkerrecht dürfen Zwangsräumungen nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn alle Alternativen ausgeschöpft sind und eine wirkliche Konsultation mit den betroffenen Gemeinschaften stattgefunden hat. Die Behörden sind verpflichtet, jede Räumung mit ausreichendem Vorlauf anzukündigen. Sie müssen sicherstellen, dass niemand infolge der Räumung obdachlos wird oder seine Menschenrechte in anderer Weise verletzt werden. Das schließt ein, das Rechtsmittel zugelassen werden, einschließlich der Entschädigung für die Zerstörung von Häusern und Eigentum sowie für Einkommensverluste.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Zwangsräumungen, bei denen die Menschen ohne Rechtsschutz oder die Zusicherung einer alternativen Unterkunft gegen ihren Willen vertrieben werden, stellen eine schwere Menschenrechtsverletzung dar. Als Vertragsstaat des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist die Regierung von Albanien rechtlich verpflichtet, das Recht auf angemessenes Wohnen gemäß Artikel 11(1) des Paktes zu respektieren, zu schützen und es fortschreitend umzusetzen. Dies schließt die Aufgabe ein, "ein legales Wohnverhältnis" sicherzustellen, "welches Rechtsschutz gegen rechtswidrige Zwangsräumungen, Schikane und anderen Bedrohungen garantiert". Die Regierung ist rechtlich verpflichtet, ihre BürgerInnen vor rechtswidrigen Zwangsräumungen zu schützen, insbesondere wenn die Räumung sie obdachlos werden ließe. Darüber hinaus hat Albanien zugesagt, die Ziele der "Roma-Dekade 2005-2015" (Decade of Roma Inclusion 2005-2015) zu erfüllen. Die Roma-Dekade ist eine Initiative von zwölf europäischen Ländern zur Verbesserung der sozi-ökonomischen Lebensverhältnisse der Roma. Das Land hat außerdem die albanische Strategie "zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Minderheit der Roma" verabschiedet.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich appelliere an Sie, die drohende Vertreibung der zurzeit provisorisch in Babrru wohnenden Roma zu verhindern.

- Bitte stellen Sie den betroffenen Familien ohne weitere Verzögerung angemessenen Wohnraum zur Verfügung.

- Klären Sie in Konsultation mit allen betroffenen Familien die möglichen Alternativen zu einer Zwangsräumung, ergreifen Sie Verfahrens- und rechtliche Schutzmaßnahmen und arbeiten Sie, falls die Räumung unumgänglich ist, einen umfassenden Umsiedlungs- und Entschädigungsplan für alle betroffenen Gemeinschaften aus, der den Anforderungen der internationalen Menschenrechtsstandards entspricht.

- Stellen Sie bitte die notwendigen finanziellen und anderen Mittel für die Sanierung der Kasernen oder anderer dauerhafter Unterkünfte zur Verfügung. Überwachen Sie den Fortschritt bei der Sicherstellung von Dauerunterkünften gemäß internationalen Standards zu angemessenem Wohnraum, und informieren Sie die Familien umfassend und über alle Fortschritte bei der Umsetzung.


APPELLE AN

STELLVERTRETENDER MINISTER FÜR ARBEIT, SOZIALES UND CHANCENGLEICHHEIT
Filloreta Kodra
Ministër i Punës, Cështjeve Sociale dhe Shanseve te Barabarta
Rruga e Kavajës
Tirana
ALBANIEN
(korrekte Anrede: Dear Deputy Minister /Sehr geehrter stellvertretender Minister)
E-Mail: kodraf@yahoo.com

BÜRGERMEISTER VON TIRANA
Z. Lulzim Basha
Blvd. Dëshmorët e Kombit
Tirana
ALBANIEN
(korrekte Anrede: Dear Mr Basha /Sehr geehrter Herr Basha)
E-Mail: kabineti@tirana.gov.al


KOPIEN AN

MINISTERPRÄSIDENT
Prof. Dr. Sali Berisha
Kryetari i Këshillit të Ministrave
Bulevardi "Dëshmorët e Kombit" Nr. 1
1000 Tirana
ALBANIEN
E-Mail: kryeministri@km.gov.al

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ALBANIEN
S.E. Herrn Valter Ibrahimi
Friedrichstraße 231
10969 Berlin
Fax: 030-25 93 18 90
E-Mail: kanzlei@botschaft-albanien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Albanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. März 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Prevent the imminent forced eviction of the Romani families living in Babrru.

- Provide without further delay, immediate access to adequate housing for these families.

- Identify in consultation with all affected families, all feasible alternatives to eviction, put in place procedural and legal safeguards and, if evictions are unavoidable, develop a comprehensive relocation and compensation plan for all affected communities which complies with requirements under international human rights standards.

- Provide the necessary financial and other resources for the renovation of the military barracks or other permanent housing, and by closely monitoring progress in ensuring that this permanent housing is made ready in line with international standards on adequate housing, while keeping the families fully informed and updated on progress.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-032/2012, AI-Index: EUR 11/001/2012, Datum: 1. Februar 2012 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Postfach - 53108 Bonn
Heerstr. 178, 53111 Bonn
Telefon:+ 49 228 98373-0, Fax: +49 228 630036
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2012