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AKTION/935: Urgent Action - Bahrain - AktivistInnen in Haft - Foltergefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-053/2012, AI-Index: MDE 11/011/2012, Datum: 17. Februar 2012 - ar

Bahrain
AktivistInnen in Haft - Foltergefahr


ZAHLREICHE DEMONSTRIERENDE, darunter:
AMIN JAFFAR SWAR, 22 Jahre
MUTAHER SAEED TAHER AHMED, 18 Jahre
MOHAMMED MAKKY, 22 Jahre
NAJI FATEEL, Menschenrechtler
HASSEN JABER, Blogger
ABDULLAH ABDULKARIM AL-FARDAN, Menschenrechtler

Bei einer Protestveranstaltung am 14. Februar, genau ein Jahr nach Beginn der Unruhen in Bahrain, wurden zahlreiche AktivistInnen festgenommen. Dutzende Protestierende befinden sich nach wie vor in Gewahrsam und laufen Gefahr, gefoltert oder in anderer Weise misshandelt zu werden. Viele von ihnen waren bei ihrer Festnahme schwer geschlagen worden.

Amin Jaffar Swar, Mutaher Saeed Taher Ahmed und Mohammed Makky waren am 14. Februar in ihrem Auto unterwegs, als sie im Stadtteil Seef in der Hauptstadt Manama festgenommen wurden. Sie befanden sich auf dem Weg zum Perlenplatz (auch GCC-Kreisverkehr genannt), wo die Protestveranstaltung stattfand. Zeugenaussagen zufolge gingen die PolizistInnen während der Festnahme mit Schlagstöcken gegen die drei jungen Männer vor und zerschlugen die Fensterscheiben des Wagens. Ein Polizist soll Amin Jaffar Swar mehrmals getreten haben, als dieser bereits am Boden lag. Die drei Männer wurden auf die Polizeiwache al-Ma'aridh in Manama gebracht, wo sie derzeit in Gewahrsam gehalten werden. Am 15. Februar wurden sie dort in Anwesenheit eines Rechtsbeistandes von einem Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft vernommen. Laut Aussagen des Rechtsbeistandes wiesen die Männer im Gesicht und an den Beinen Verletzungen auf, die von Schlägen zu stammen schienen.

Hunderte Menschen nahmen mit dem Auto oder zu Fuß an dem Protest teil. Die Polizei setzte eine große Menge Tränengas ein, um die Menge zu zerstreuen. Dabei wurden unter anderem drei namentlich bekannte Männer festgenommen: Naji Fateel, ein Menschenrechtsverteidiger und Mitglied der Organisation Bahrain Youth Society for Human Rights, sowie der Blogger Hassen Jaber und der Aktivist Abdullah Abdulkarim al-Fardan. Hassen Jaber und Abdullah Abdulkarim al-Fardan wurden auf die Polizeiwache al-Nu'aim gebracht, wo sie von einem Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft vernommen und der "illegalen Versammlung" angeklagt wurden. Später wurden die beiden Männer in das Dry-Dock-Gefängnis überstellt, wo sie sich nach wie vor befinden. Naji Fateel wurde zunächst auch auf die Polizeiwache al-Nu'aim gebracht, dann jedoch in eine Klinik des Innenministeriums überstellt. Dort wurde er schließlich von einem Angehörigen der Staatsanwaltschaft befragt. Sein Rechtsbeistand war zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend, aber ein anderer Anwalt, der sich gerade in der Klinik aufhielt, erklärte sich bereit, der Vernehmung beizuwohnen. Naji Fateel wurde ebenfalls der "illegalen Versammlung" angeklagt. Aussagen seines Rechtsbeistandes zufolge musste Naji Fateel im Zeitraum zwischen seiner Festnahme und seiner Vernehmung viele Stunden lang stehen und man ließ ihn nicht ausreichend schlafen. Er erhielt eine 15-tägige Haftstrafe und durfte bisher nicht von seiner Familie besucht werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Hunderte Menschen gingen am 14. Februar in der Hauptstadt Manama und zahlreichen benachbarten schiitischen Dörfern auf die Straße, um auf den Jahrestag der Proteste in Bahrain aufmerksam zu machen. Die Menge wurde unter Einsatz von Tränengas zerstreut und zahlreiche Personen wurden wegen der Teilnahme an den Protesten festgenommen. Viele von ihnen wurden kurz darauf wieder freigelassen, andere befinden sich jedoch nach wie vor in einer von zwei Polizeistationen in Manama in Gewahrsam und laufen Gefahr, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.

Vor genau einem Jahr, am 14. Februar 2011, begann die Mehrzahl der bahrainischen Bevölkerung, im Rahmen von Protestveranstaltungen mehr bürgerliche und politische Rechte zu fordern. Noch am selben Tag wurde der erste Protestierende von Sicherheitskräften getötet. In den darauffolgenden Monaten brach im Land eine ernste Menschenrechtskrise aus: Sicherheitskräfte gingen wiederholt mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen friedliche Protestierende vor, was zu etwa 50 Todesfällen und hunderten Verletzten führte. Darüber hinaus wurden hunderte Menschen festgenommen und vor Militärgerichte gestellt. Viele von ihnen gaben an, in Haft gefoltert oder anderweitig misshandelt worden zu sein. Mehr als 4.000 Menschen, die an Protestveranstaltungen teilgenommen hatten, verloren deshalb ihre Arbeitsstelle oder wurden ihrer Universität verwiesen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie dringend auf, Amin Jaffar Swar, Mutaher Saeed Taher Ahmed, Mohammed Makky, Naji Fateel, Hassen Jaber, Abdullah Abdulkarim al-Fardan und alle anderen Personen, die sich derzeit aufgrund ihrer Teilnahme an den Protesten vom 14. Februar in Haft befinden, vor Folter und anderen Misshandlungen zu schützen.

- Ich appelliere an Sie, die Vorwürfe, die Männer seien gefoltert und anderweitig misshandelt worden, in unabhängiger Weise zu untersuchen.

- Lassen Sie die sechs Männer und alle anderen Personen, die sich derzeit allein aufgrund der friedlichen Ausübung ihrer Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Haft befinden, umgehend frei.

- Gewähren Sie den inhaftierten Protestierenden bitte umgehend Zugang zu ihren Familien, ihrem Rechtsbeistand und jeglicher nötiger medizinischer Versorgung.


APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555
Rifa'a Palace
Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 176 64 587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah bin Ahmad Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13, Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 172 32 661

MINISTERIN FÜR SOZIALE ENTWICKLUNG UND MENSCHENRECHTE
Dr. Fatima bint Mohammed Al Balooshi
Ministry of Human Rights and Social Development
P.O. Box 32868, Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 171 04 977
E-Mail: pr@social.gov.bh


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. März 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urging the Bahraini authorities to protect Amin Jaffar Swar, Mutaher Saeed Taher Ahmed, Mohammed Makky, Naji Fateel, Hassen Jaber, Abdullah Abdulkarim al-Fardan and all others currently held in connection with the 14 February anniversary from torture and other ill-treatment.

- Urging the authorities to carry out an independent investigation into their allegations of torture and ill-treatment.

- Urging the authorities to release them and anyone else held solely for peacefully exercising their rights to freedom of expression and assembly.

- Urging the authorities to allow them immediate access to their families and lawyers and adequate medical care.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Am 29. Juni 2011 wurde im Auftrag des Königs die unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (BICI) ins Leben gerufen. Am 23. November präsentierte sie dem König ihre Ermittlungsergebnisse in einem Bericht, in dem unter anderem festgestellt wurde, dass mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Protestierende vorgegangen worden war, Folter an der Tagesordnung war und viele Personen nur deshalb vor Gericht gestellt bzw. zu Haftstrafen verurteilt wurden, weil sie ihre Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrgenommen hatten. Der König willigte damals ein, den Empfehlungen des Berichts nachzukommen.

Es wurden ansatzweise Schritte in diese Richtung unternommen. So wurde beispielsweise wegen Misshandlung von Gefangenen und Tötung von Protestierenden ein Verfahren gegen acht Polizisten (fünf pakistanische, ein jemenitischer und zwei bahrainische Staatsbürger) eröffnet. Außerdem holte man internationale MenschenrechtsexpertInnen und Fachkräfte für Polizeiarbeit ins Land. Dennoch liegen Amnesty International keine Informationen über Maßnahmen vor, mit denen die Verantwortlichen wirksam zur Rechenschaft gezogen werden. Besonders besorgniserregend ist, dass offenbar noch immer nicht gegen ranghohe Sicherheits- und RegierungsbeamtInnen vorgegangen wurde, die an Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren. Auch wurden noch keinerlei Ergebnisse aus Untersuchungen von Foltervorwürfen bekannt gegeben. Einige privaten Unternehmen haben zwar mitgeteilt, dass sie MitarbeiterInnen wieder eingestellt haben, die ursprünglich wegen ihrer Teilnahme an den Protesten gekündigt worden waren, allerdings warten hunderte Menschen immer noch darauf, an ihren Arbeitsplatz zurückkehren zu dürfen. In gleicher Weise ist es zahlreichen Studierenden nach wie vor nicht gestattet, ihr Studium wieder aufzunehmen.

Was jedoch am meisten Anlass zur Sorge gibt, ist die unverhältnismäßige Gewalt, mit der immer noch beinahe täglich gegen Protestierende vorgegangen wird, und die daraus resultierenden Todesfälle, deren Zahl von Tag zu Tag steigt. Amnesty International werden nach wie vor Berichte über Folter und Misshandlung zugetragen.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-053/2012, AI-Index: MDE 11/011/2012, Datum: 17. Februar 2012 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2012