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EUROPA/224: Rot-Grün mitverantwortlich für Guantánamo-Haft von Kurnaz


Pressemitteilung vom 29. März 2007

Rot-Grün ist mitverantwortlich für lange Guantánamo-Haft von Murat Kurnaz


Berlin, 29. März 2007 - Die frühere rot-grüne Bundesregierung ist mitverantwortlich für die lange Haft des Bremer Murat Kurnaz im US-Gefangenenlager Guantánamo. Kurnaz saß dort viereinhalb Jahre unschuldig in völkerrechtswidriger Haft und erlitt schwere Menschenrechtsverletzungen. "Die frühere Bundesregierung hat Möglichkeiten nicht genutzt, die Haftzeit deutlich zu verkürzen, sondern alles getan, um Kurnaz von Deutschland fernzuhalten", sagte Barbara Lochbihler, Generalsekretärin von amnesty international Deutschland anlässlich der morgigen Befragung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor dem BND-Untersuchungsausschuss. "Das Mindeste ist, dass der Ex-Kanzleramtschef Steinmeier sich bei Murat Kurnaz entschuldigt", sagte Lochbihler. "Die jetzige Regierung sollte Kurnaz bei Bemühungen, in den USA eine Entschädigung zu erwirken, unterstützen und ihm bei seiner Wiedereingliederung ins Alltagsleben in Deutschland behilflich sein."

Der Verdacht, Kurnaz habe in Afghanistan gegen die USA kämpfen wollen, gründete sich auf Zeugnisse vom Hörensagen. Er entstand bei den Geheimdiensten und entwickelte ein politisches Eigenleben. "Die Verantwortlichen in Politik und Geheimdiensten ignorierten entlastende Momente. Stattdessen verfügten sie eine Einreisesperre, die erst 2006 aufgehoben wurde", sagte Lochbihler. "Menschenrechtliche Belange spielen bei der Arbeit der Dienste offenbar keine Rolle. Wir fordern, dass ihre Arbeit transparenter und besser kontrolliert wird. Wir regen an, dem koordinierenden Gremium, der so genannten 'Präsidentenrunde' einen Menschenrechtsbeauftragten beizustellen."

Die Aussagen leitender Mitarbeiter deutscher Geheimdienste und von Ex-Bundesaußenminister Fischer legen nahe, dass die Einreisesperre vor allem aus Furcht vor negativen Reaktionen in der Öffentlichkeit verhängt wurde. "Menschenrechtsschutz zu unterlassen, weil man einen Imageschaden befürchtet, ist skandalös", sagte Lochbihler. "Rot-Grün war angetreten, die Menschenrechte zu einer Leitlinie ihrer Politik zu machen. Doch wer es ernst mit den Menschenrechten meint, der muss sie gerade dann durchzusetzen suchen, wenn sie politisch oder wirtschaftlich etwas kosten. Davor hat die rot-grüne Bundesregierung hier zurückgeschreckt", sagte Lochbihler.


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Quelle:
ai-Pressemitteilung vom 29. März 2007
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. März 2007