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EUROPA/361: Irland - Schwangerschaftsabbruch entkriminalisieren


Amnesty International - 25. November 2015

Irland: Schwangerschaftsabbruch entkriminalisieren


25. November 2015 - Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen macht Amnesty International im Rahmen der globalen Kampagne "My Body My Rights" auf die lebensbedrohlichen Folgen der restriktiven Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch für Frauen und Mädchen in Irland aufmerksam. Denn das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper bleibt vielen Irinnen verwehrt. Mindestens 4.000 Frauen und Mädchen in Irland sehen sich jedes Jahr gezwungen, im Ausland eine unerwünschte Schwangerschaft abzubrechen. Wer sich die Kosten nicht leisten kann, riskiert hohe Haftstrafen für einen illegalen Abbruch.

In Irland gilt eines der strengsten Abtreibungsgesetze der Welt. Mit der Befruchtung der Eizelle gilt diese als irische Staatsbürgerin mit allen Rechten. "Selbst eine Minderjährige, die von ihrem Vater vergewaltigt wurde, ist in Irland per Gesetz gezwungen, das Kind auszutragen", stellt Kelly Mackey von Amnesty International Irland fest. Das Recht, eine Schwangerschaft auf legalem Weg abzubrechen, haben nur Frauen, deren Leben bedroht ist. Alle anderen Frauen oder Mädchen riskieren laut dem Gesetz zum Schutz des Lebens während der Schwangerschaft von 2013 bis zu 14 Jahre Haft. Das Gesetz kommt auch im Fall von Vergewaltigung, Inzest, Gefährdung der Gesundheit und schweren oder lebensbedrohlichen Fehlbildungen des Fötus zur Anwendung. Damit verstößt Irland gegen die fundamentalen Rechte der Frauen und gegen internationale Menschenrechtsstandards.

In Irland wird das Thema kontrovers diskutiert. Stimmte die Mehrheit der irischen Bevölkerung in den 1980er Jahren noch für ein verfassungsgemäßes Abtreibungsverbot, so befürworten heute laut einer Meinungsumfrage mittlerweile 81 Prozent der Irinnen und Iren einen Schwangerschaftsabbruch, wenn die Schwangerschaft Folge von Inzest, die Gesundheit der Schwangeren gefährdet oder der Embryo nicht überlebensfähig ist.

Dem zunehmenden Wandel der öffentlichen Meinung muss die Politik nun endlich folgen. Erst der tragische Tod von Savita Halappanavar 2012 sorgte für weltweites Aufsehen und bewegte die Regierung zum Handeln. Savita Halappanavar wurde eine Abtreibung verweigert, obwohl ihr Fötus eindeutig nicht überlebensfähig war, und starb an den daraus resultierenden Folgen einer Infektion. Seit 2013 dürfen Frauen abtreiben, wenn die Schwangerschaft ihr Leben bedroht. Das "Gesetz zum Schutz des Lebens während der Schwangerschaft" erlaubt einen Schwangerschaftsabbruch, wenn eine "reale und substantielle" Gefahr für das Leben der Schwangeren besteht. Jedoch präzisiert es nicht, ab wann eine Schwangerschaft als lebensbedrohlich einzustufen ist.

Darüber hinaus stellt die Aufklärung über Möglichkeiten zu einem Schwangerschaftsabbruch eine Straftat dar. Das "Gesetz zur Regulierung von Informationen" verbietet entsprechende Informationen und verletzt somit fundamentale Menschenrechte wie Meinungsfreiheit und das Recht, informierte Entscheidungen zu treffen. Es lässt Frauen in Notsituationen allein. Ärzte und Ärztinnen drohen 4.000 Euro Strafgeld, wenn sie Frauen über Behandlungsmöglichkeiten und einen sicheren Schwangerschaftsabbruch informieren.

In Anbetracht dieser Menschenrechtsverletzungen fordert Amnesty International von Irland seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Das bedeutet, den achten Verfassungszusatz und das "Gesetz zur Regulierung von Informationen" aufzuheben, Schwangerschaftsabbrüche zu entkriminalisieren und eine Gesetzgebung zu schaffen, die Frauen sowohl im Gesetz als auch in der Praxis Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen gewährleistet in Fällen, in denen die Schwangerschaft eine schwere Gefahr für die geistige oder körperliche Gesundheit der Schwangeren darstellt, der Fötus nicht lebensfähig ist oder wenn die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist.

Mit der internationalen Kampagne "My Body My Rights" setzt sich Amnesty International weltweit gegen restriktive Abtreibungsgesetze ein. So werden beispielsweise in El Salvador auch dann hohe Freiheitsstrafen für Schwangerschaftsabbrüche verhängt, wenn die Schwangerschaft aus einer Vergewaltigung resultiert oder diese das Leben der Schwangeren bedroht. Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden, drohen sogar bis zu 50 Jahre Haft wegen "Mordes". Sie stehen unter Verdacht, heimlich einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen zu haben.

Weitere Informationen:
http://www.amnesty-frauen.de/

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Quelle:
Meldung vom 25. November 2015
http://www.amnesty.de/2015/11/25/irland-schwangerschaftsabbruch-entkriminalisieren?destination=node%2F2817
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2015

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