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EUROPA/375: Italien - Schläge und rechtswidrige Abschiebungen an den EU-Außengrenzen


Amnesty International - 3. November 2016

Italien: Schläge und rechtswidrige Abschiebungen an den EU-Außengrenzen


03. November 2016 - Der Druck der Europäischen Union, an den Außengrenzen schärfer gegen Flüchtlinge sowie Migrantinnen und Migranten vorzugehen, hat in Italien zu rechtswidrigen Abschiebungen und Misshandlungen durch die Polizei geführt. In einigen Fällen grenzen sie an Folter.

Der am 3. November von Amnesty International veröffentlichte Bericht "Hotspot Italy: How EU's flagship approach leads to violations of refugee and migrant rights" enthüllt zahlreiche Vorwürfe über Misshandlungen, darunter Schläge und Elektroschocks. Der Ansatz der EU, Menschen auf der Flucht unmittelbar nach ihrer Ankunft in sogenannten Hotspots an den EU-Außengrenzen zu registrieren, untergräbt das Recht der Schutzsuchenden, einen Asylantrag zu stellen. Der Bericht legt dar, dass dies darüber hinaus zu erschütternden Fällen von Missbrauch und Misshandlungen führt. Amnesty hat zahlreiche Fälle von exzessiver Gewalt durch italienische Beamte dokumentiert. So wurden Menschen mit Schlägen, Elektroschocks oder sexueller Erniedrigung dazu gezwungen, ihre Fingerabdrücke abzugeben, um sich registrieren zu lassen.

"In ihrem Entschluss, die Anzahl von Flüchtlingen sowie Migranten und Migrantinnen zu reduzieren, die sich innerhalb der Mitgliedsstaaten bewegen, haben die EU-Staaten die italienischen Behörden an die Grenze der Legalität getrieben - und darüber hinaus", sagt Matteo de Bellis, Italien-Experte von Amnesty International.

"Das Ergebnis dieser Politik ist, dass traumatisierte Menschen nach einer qualvollen und gefährlichen Flucht unzureichend befragt und in einigen Fällen brutal von der Polizei misshandelt werden. Auch rechtswidrige Abschiebungen sind die Folge", so de Bellis.

Der Hotspot-Ansatz wurde eingeführt, um in Staaten an den EU-Außengrenzen, wie Italien, eintreffende Menschen zu registrieren, ihre Fingerabdrücke zu nehmen, schnell ihre Schutzbedürftigkeit zu prüfen und dann entweder ihren Asylantrag zu bearbeiten oder sie umgehend in ihr Herkunftsland abzuschieben. Der Bericht stützt sich auf 170 Interviews mit Flüchtlingen sowie Migrantinnen und Migranten, die schwere Verstöße in allen Verfahrensschritten enthüllen.

Um den Druck auf Staaten wie Italien durch den Hotspot-Ansatz an der EU-Außengrenze zu mildern, wurde er mit einem Verteilungssystem ("Relocation") kombiniert, um Asylsuchende auf andere EU-Staaten aufzuteilen. Tatsächlich wurden aber aus Italien erst 1.200 Menschen von anderen EU-Staaten übernommen, obwohl die Übernahme von 40.000 versprochen worden war. Allein in diesem Jahr haben bereits 150.000 Menschen Italien über das Mittelmeer erreicht. Die Fluchtroute über das Mittelmeer ist lebensgefährlich, und die italienischen Behörden übernehmen eine führende Rolle bei der Rettung von Menschen aus Seenot.


Online-Petition für sichere und legale Zugangswege für Flüchtlinge nach Europa:
http://action.amnesty.de/l/ger/p/dia/action3/common/public/?action_KEY=10345&d=1

Der Bericht "Hotspot Italy: How EU's flagship approach leads to violations of refugee and migrant rights" kann auf Englisch und Italienisch als PDF-Datei heruntergeladen werden unter:
https://www.amnesty.org/en/documents/eur30/5004/2016/en/

Weitere Informationen zum Thema Flüchtlinge und Asyl finden Sie auf:
www.amnesty.de/fluechtlinge

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Quelle:
Mitteilung vom 3. November 2016
https://www.amnesty.de/2016/11/3/hotspots-italien-schlaege-und-rechtswidrige-abschiebungen-den-eu-aussengrenzen?destination=startseite
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2016

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