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GRUNDSÄTZLICHES/287: Menschenrechte von Frauen und Mädchen (ai journal)


amnesty journal 02/03/2010 - Das Magazin für die Menschenrechte

Das Leben selbst in die Hand nehmen

Von Susanne Jesih


Stärke Mädchen setzen sich zur Wehr. Wie Somaly Mam aus Kambodscha, die als Kind wie eine Sklavin verkauft und als Jugendliche zur Prostitution gezwungen wurde. Heute ist sie Leiterin einer Nichtregierungsorganisation, die schon über 5.000 südostasiatische Mädchen aus der Zwangsprostitution befreit hat. Es sind Mädchen und Frauen wie Somaly Mam, um die es auf den nächsten Seiten geht.

In vielen Ländern werden Mädchen misshandelt, ausgebeutet, verkauft, diskriminiert, ihres Rechts auf Bildung beraubt. Mädchen aus armen Familien sind besonders betroffen. Deshalb setzt sich Amnesty International seit vielen Jahren dafür ein, dass die Menschenrechte von Frauen und Mädchen weltweit und universell, also unabhängig von Tradition, Kultur und Religion, geachtet und umgesetzt werden. Das heißt insbesondere, dass sie gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung erhalten müssen.

Sowohl in der im März 2010 auslaufenden Kampagne "Hinsehen und Handeln - Gewalt gegen Frauen verhindern" als auch in dem neuen Schwerpunkt "Mit Menschenrechten gegen Armut" ist die Stärkung der Rechte von Frauen und Mädchen ein wichtiges Ziel unserer Arbeit.

In Entwicklungsländern wird nach Angaben von UNICEF jedes dritte Mädchen verheiratet. Kinderheiraten sind häufig von Gewalt begleitet und gehören zu den Hauptursachen für Müttersterblichkeit. Das Risiko während der Schwangerschaft oder bei der Geburt eines Kindes zu sterben, ist für Mütter zwischen 15 und 19 Jahren doppelt so hoch wie für erwachsene Frauen. Ein anderer Risikofaktor ist die Genitalverstümmelung. Jährlich werden etwa drei Millionen Mädchen und Frauen - vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter - diesem grausamen Eingriff unterzogen. Am 6. Februar, dem internationalen Tag gegen Genitalverstümmelung, sind in vielen Ländern Proteste gegen diese Menschenrechtsverletzung geplant.

Weltweit gehen rund 55 Millionen Mädchen nicht zur Schule. Die Gründe sind vielfältig. Religiöse Verbote, wie sie in Afghanistan von 1996 bis 2001 galten, sind die Ausnahme. Meistens müssen Mädchen die Schule vorzeitig verlassen, weil sie früh verheiratet werden, weil sie schwanger sind, das Schulgeld für sie nicht mehr bezahlt werden kann oder sie zum Lebensunterhalt der Familie beitragen müssen. Allein in Haiti sollen Schätzungen zufolge mehr als 100.000 Mädchen als Hausangestellte, sogenannte Restavèks, arbeiten. Sie haben keine Zeit, die Schule zu besuchen, werden ausgebeutet und missbraucht. Mädchen, denen die Flucht gelingt, landen nicht selten in der Prostitution, müssen ihren Körper verkaufen, um zu überleben.

Mädchen möchten aber nicht nur als Opfer behandelt werden. Überall auf der Welt setzen sich Frauen und Mädchen zunehmend gegen Gewalt und Diskriminierung zur Wehr und wollen ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Sie fordern Gerechtigkeit und verlangen, dass ihre Menschenrechte respektiert und geschützt werden. Amnesty unterstützt sie dabei.


Susanne Jesih ist Expertin für Frauenrechte in der deutschen Sektion von Amnesty International.


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Quelle:
amnesty journal, Februar/März 2010, S. 23
Herausgeber: amnesty international
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Redaktionanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2010