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AFRIKA/290: Darfur - Friedensvertrag von Doha wird keinen Frieden bringen


Presseerklärung vom 13. Juli 2011

Darfur: Friedensabkommen wird in Doha (Katar) unterzeichnet (14.7.)

Friedensvertrag ohne Frieden - Darfur-Flüchtlinge fordern Sicherheit, nicht leere Versprechungen


Als "Augenwischerei" bezeichnet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) das Darfur-Friedensabkommen, das voraussichtlich am 14. Juli 2011 in Doha (Katar) unterzeichnet wird. "Für die fast zwei Millionen Vertriebenen aus Darfur ist das Abkommen der blanke Hohn. Denn es wird weder einen schnellen Frieden bringen noch mehr Sicherheit", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch. "Seit zwei Jahren hat es in Darfur nicht mehr so schwere Kämpfe und so viele Menschenrechtsverletzungen gegeben wie heute. Darfur ist noch weit von einem tatsächlichen Frieden entfernt."

Im Flüchtlingslager Kalma, das mit mehr als 60.000 Insassen zu den größten Camps im Westen des Sudan zählt, forderten Repräsentanten der Flüchtlinge von der Rebellengruppe "Bewegung für Freiheit und Gerechtigkeit" (LJM), den Friedensvertrag nicht zu unterzeichnen. Die Flüchtlinge verlangen vor allem mehr Sicherheit und eine Entwaffnung der Milizen, deren Übergriffen sie seit Beginn des Völkermords im Jahr 2003 schutzlos ausgesetzt sind.

Die Sammlungsbewegung LJM ist die einzige maßgebliche Freiheitsbewegung, die sich dem Abkommen anschließen will. Weder die militärisch bedeutsamen Rebellengruppen der "Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit" (JEM) noch eine Fraktion der "Sudanesischen Befreiungsarmee" (SLA) unterstützen den Vertrag. "Damit haben wir erneut eine Situation wie im Mai 2006", sagte Delius. "Auch damals wurde ein Darfur-Friedensabkommen zwischen der sudanesischen Regierung und einer Freiheitsbewegung abgeschlossen, obwohl es dafür keine breite Unterstützung gab. Daraus lässt sich nur folgern: Jeder Separatfrieden ist in Darfur zum Scheitern verurteilt. Leider hat die internationale Gemeinschaft aus dem kläglichen Scheitern 2006 nichts gelernt und setzt wieder einmal nur auf das Prinzip Hoffnung."

Das nun zur Unterzeichnung anstehende Friedensabkommen von Doha nutzt nach Auffassung der GfbV den Flüchtlingen nicht. "Doch nur allzu gern möchten die Europäische Union und die sudanesische Regierung den Eindruck erwecken, in Darfur herrsche Normalität", sagte Delius. So könnten die bilateralen Beziehungen schnell normalisiert und zur Tagesordnung übergegangen werden, ohne sich mit den katastrophalen Folgen des Genozids für die Vertriebenen im Westen des Sudan auseinandersetzen zu müssen. "Doch es ist Selbstbetrug, wenn die internationale Gemeinschaft glaubt, damit vor Ort Frieden zu schaffen."

"Dass Sudans umstrittener Staatspräsident Omar Hassan al Bashir der Unterzeichnung beiwohnen wird, ist besonders makaber", kritisierte Delius, "nicht nur weil Bashir per Steckbrief von Interpol gesucht wird, sondern weil der er in einem Interview mit der britischen Tageszeitung "Guardian" im April 2011 die persönliche Verantwortung für "alle Geschehnisse" in Darfur übernommen hat. Das umfasst auch Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit."


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. Juli 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2011