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AFRIKA/345: Nigeria lässt 104 Biafra-Aktivisten verhaften


Presseerklärung vom 6. November 2012

Nigeria lässt 104 Biafra-Aktivisten verhaften

- Kriminalisierung von Biafra-Aktivisten stoppen
- Aufarbeitung des Völkermordes überfällig



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert die sofortige Freilassung von 101 Biafra-Aktivisten, die am Montag in Nigeria verhaftet worden sind. "Statt diese Aktivisten zu kriminalisieren und als "Terroristen" zu behandeln, sollte Nigeria endlich den Völkermord in Biafra 1967 bis 1970 enttabuisieren und aufarbeiten", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Die Vergangenheitsbewältigung ist längst überfällig." Die 101 Unterstützer der "Zionistischen Bewegung Biafras" (BZM) hatten am vergangenen Sonntag in Enugu mit biafranischen Flaggen demonstriert und die Unabhängigkeit Biafras erklärt. "Zwar ist die BZM nur eine unbedeutende und kleine Splittergruppe, doch jede Kriminalisierung von Biafra-Aktivisten trägt zu weiteren Spannungen in der Region bei", warnte der Menschenrechtler.

Die GfbV verlangt auch die Freilassung von drei führenden Vertretern der "Bewegung für die Aktualisierung des souveränen Staates Biafra" (MASSOB). Sie wurden bereits am 1. November 2012 festgenommen, als sie der Polizei ein BZM-Mitglied übergaben. Die MASSOB-Anhänger befürchteten, dass das Engagement für ein unabhängiges Biafra diskreditiert wird, und wollten die Unabhängigkeitserklärung der BZM verhindern. Die MASSOB selbst hatte die Unabhängigkeit Biafras bereits am 22. Mai 2000 im Rahmen einer Flaggenhissung erklärt.

In Biafra wird der Ruf nach einem unabhängigen Staat immer wieder laut. Der Völkermord an zwei Millionen Ibo Ende der 60er Jahre nach der Abspaltung der Region im Osten Nigerias ist in der nigerianischen Öffentlichkeit noch immer ein Tabu-Thema. Die Verbrechen wurden nicht dokumentiert und die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen.

Den Verhafteten droht eine Anklage wegen Hochverrats. Der MASSOB-Vorsitzende Ralph Uwazuruike war aufgrund ähnlicher Vorfälle 2005 festgenommen und wegen Hochverrats vor Gericht angeklagt worden. 2007 wurde das Verfahren eingestellt, der Rechtsanwalt kam frei. 2011 wurde er erneut gemeinsam mit 280 MASSOB-Unterstützern festgenommen. Doch Staatspräsident Jonathan Goodluck ordnete nach wenigen Tagen ihre Freilassung an.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 6. November 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2012