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AFRIKA/597: Äthiopien - EU soll Schicksal von inhaftierten Demonstranten klären


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 17. August 2016

Nach der blutigen Niederschlagung von Protesten in Äthiopien

Äthiopien: EU soll Schicksal von Inhaftierten klären - Zivilbevölkerung leistet friedlichen Ungehorsam


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die Europäische Union (EU) aufgefordert, den Verbleib von mehreren tausend Demonstranten zu klären, die bei der blutigen Niederschlagung von Protesten in Äthiopien vor zehn Tagen verhaftet wurden. "Wir sind in ernster Sorge um das Schicksal der festgenommenen Oromo und Amhara, denen Folter und Erschießung drohen", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. Berichte deuten darauf hin, dass viele Verhaftete willkürlich in dem Truppenübungszentrum Bir Sheleko der äthiopischen Armee festgehalten werden.

"Da Äthiopien eine unabhängige Untersuchung der Niederschlagung der Proteste durch die Vereinten Nationen ablehnt, sind nun die engsten Bündnispartner des Landes wie die EU gefragt, um den Verbleib der Vermissten zu klären." Bei den Protesten zwischen dem 5. und 7. August 2016 waren 104 Demonstranten getötet worden. Die Bitte des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Zeid Raad Al Hussein, eine unabhängige Untersuchung der Todesfälle zuzulassen, hatte die äthiopische Regierung zurückgewiesen.

Armeecamps wurden in den Jahren 2015 und 2010 nach Informationen des US-Außenministeriums regelmäßig illegal als Internierungszentren für Regierungskritiker genutzt. So nannte das US-Außenministerium in seinen Menschenrechtsberichten die Armeelager oder Polizei-Trainingszentren in Bir Sheleko, Senkele, Hormat, Blate, Holeta, Tolay, Tatek, Dedessa und Jijiga als illegale Haftzentren. Bir Sheleko liegt rund 230 Kilometer nordwestlich von der Hauptstadt Addis Abeba.

Trotz des Einsatzes von exzessiver Polizeigewalt bei der Niederschlagung der Demonstrationen kommen die Regionen Amhara und Oromia nicht zur Ruhe. So blieben in den vergangenen drei Tagen in der 360.000 Einwohner zählenden Stadt Gonder in der Region Amhara alle Geschäfte aus Protest gegen die Repression geschlossen. Augenzeugen berichteten von einem Generalstreik in der Stadt und menschenleeren Straßen. Auch in anderen amharischen Städten wie Woldiya, Dessie und Debre Markos wurde der Generalstreik befolgt.

"Es ist beeindruckend, wie sich Amhara und Oromo trotz der massiven Gewalt der Sicherheitskräfte friedlich gegen die staatliche Verfolgung wenden. Dabei haben die Behörden nichts unversucht gelassen, um Nichtregierungsorganisationen und Zivilgesellschaft zu zerschlagen und die Nutzung von Internet und sozialen Medien zu unterbinden", sagte Delius. In vielen Städten Oromias patrouillieren seit den jüngsten Demonstrationen verstärkt Bereitschaftspolizisten und Soldaten. Sie schüchtern die Zivilbevölkerung gezielt ein, um Proteste zu verhindern. So drohen sie Eltern mit der Verhaftung ihrer Kinder, sollte es neue Demonstrationen geben.

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Quelle:
Pressemitteilung - Göttingen, den 17. August 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. August 2016

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