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AFRIKA/620: Sudan wird vom Transitland zum Herkunftsland von Flüchtlingen


Presseerklärung vom 30. November 2016

Europäische Union muss ihre Flüchtlingspolitik ändern

Neue Zahlen belegen: Sudan wird vom Transitland zum Herkunftsland von Flüchtlingen


Angesichts der ansteigenden Zahl von Flüchtlingen aus dem Sudan fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) von der EU ein Umdenken in ihrer Flüchtlingspolitik. "Die nun veröffentlichten neuen Angaben der Internationalen Migrations-Organisation IOM belegen, dass der Sudan im Jahr 2016 von einem Transit- zu einem Herkunftsland von Flüchtlingen geworden ist", berichtete der GfbV-Afrika-Experte Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Der Fokus der EU sollte sich spätestens jetzt auf die Lage im Sudan selbst richten. Dort zwingen anhaltende Bürgerkriege, Repression, Menschenrechtsverletzungen und Verarmung immer mehr Menschen zur Flucht." Bislang sieht die EU den Sudan vor allem als Durchgangsland für Flüchtlinge aus Eritrea an. Damit sie nicht weiter nach Europa ziehen, finanziert die EU dort aufwändige Projekte und wirbt so gleichzeitig um die Gunst und Unterstützung des sudanesischen Regimes.

Zwischen dem 1. Januar und 17. November 2016 kamen nach IOM-Informationen 348.664 Flüchtlinge und Migranten auf dem Seeweg nach Europa. In Italien, wo 171.299 Personen anlandeten, stellen Sudanesen inzwischen die drittgrößte Gruppe unter den Flüchtlingen. Die Zahl der sudanesischen Flüchtlinge und Migranten nahm gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 13 Prozent von 7.131 auf 8.066 Personen zu, während die Zahl der Eritreer und Somalier um 52 bzw. 32 Prozent zurückging.

"Diese Entwicklung ist sehr Besorgnis erregend und sollte deutlich machen, dass eine Neubewertung von Flucht und Migration aus dem Sudan dringend notwendig ist", erklärte Delius. Nach Informationen der UN-Koordination für Humanitäre Hilfe (OCHA) sind zwischen dem 1. Januar und 31. Oktober 2016 in Darfur 205.242 Menschen aufgrund des Bürgerkrieges aus ihren Heimatdörfern geflohen. Dies betrifft vor allem das Bergmassiv Jebel Marra, wo der Bürgerkrieg mit Bodenoffensiven der sudanesischen Armee und verbündeter Milizen sowie Luftangriffen im Jahr 2016 eskalierte. Auch aus den umkämpften Regionen Süd-Kordofan und Blauer Nil flüchteten jeweils mehr als 20.000 Menschen.

Insgesamt mussten im Jahr 2016 im Sudan also mindestens 245.000 Menschen aufgrund von Bürgerkriegen die Flucht ergreifen. Darüber hinaus nimmt die Repression gegenüber der Zivilbevölkerung im Zentrum des Landes und in der Hauptstadt Khartum zu. So reagierten die sudanesischen Behörden auf Proteste gegen neue Sparmaßnahmen mit massiver Verfolgung und der Beschlagnahme von Zeitungen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 30. November 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2016

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