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AFRIKA/652: Europäische Union fördert Antiterror-Kampf in der Sahara


Presseerklärung vom 6. Juni 2017

Europäische Union fördert Antiterror-Kampf in der Sahara

Ursachen des Terrorismus und wachsender Instabilität werden ignoriert


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Europäischen Union (EU) vorgeworfen, mit ihrer Förderung einer internationalen Antiterror-Streitmacht in der Sahara die Ursachen des sich ausweitenden Terrorismus in der Sahel-Region zu ignorieren. "Wenn der Einfluss radikaler Islamisten in der Sahara zunimmt, so ist dies nicht auf wachsenden religiösen Extremismus zurückzuführen, sondern auf die immer prekärere Lage der lokalen Bevölkerung", erklärte der GfbV-Afrikaexperte Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Die verarmten Peulh und Tuareg im Zentrum und im Norden Malis brauchen mehr Hilfe und das Land eine bessere Regierungsführung, um den Einfluss radikaler Islamisten einzudämmen." Die EU hat gestern 50 Millionen Euro für eine gemeinsame Streitmacht der Sahelstaaten für den Kampf gegen Terrorismus, Menschen- und Drogenhandel zur Verfügung gestellt.

"Wenn es im Norden und Zentrum Malis seit Monaten keine funktionierenden Gerichte, Krankenstationen und Schulen mehr gibt, dann genügt es nicht, neue Soldaten und Polizisten zu schicken, um den Staat und sein Ansehen zu fördern", erklärte Delius. Peulhs und Tuareg werfen Mali schlechte Regierungsführung vor. So haben nicht nur regierungskritische Tuareg-Bewegungen im Norden Malis immer mehr Zulauf, sondern auch unter den Peulhs im Zentrum des Landes wächst die Unzufriedenheit. Mit der Bewegung für die Freiheit der Macina (FLM) ist unter den Peulhs eine Freiheitsbewegung entstanden, die sich immer stärker an radikale Islamisten anlehnt.

"Die eskalierende Gewalt im Norden und Zentrum Malis darf nicht nur als Sicherheitsproblem gesehen werden, sondern es muss auch nach den Ursachen des abnehmenden Einflusses des Staates Mali gefragt werden", erklärte Delius. "Die EU macht es sich zu einfach, wenn sie denkt, mit einem Ausbau des Sicherheitsapparates die akuten Probleme zu lösen."

Die EU-Außenministerin Federica Mogherini versprach den G 5-Staaten in der Sahelzone (Mali, Niger, Tschad, Burkina Faso, Mauretanien) gestern 50 Millionen Euro Unterstützung beim Aufbau einer gemeinsamen Streitmacht von bis zu 10.000 Soldaten und Polizisten, die Terrorismus, Drogen-, Waffen- und Menschenhandel bekämpfen sollen. Die Pläne der G 5 für den Aufbau der Truppe sind bereits zwei Jahre alt. "Der Erfolg der Streitmacht ist äußerst ungewiss, da genaue Einsatzgebiete und -ziele noch nicht bestimmt wurden", erklärte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 6. Juni 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2017

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