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AKTION/190: Gasstreit - Offener Brief an Altbundeskanzler Gerhard Schröder


Presseerklärung vom 8. Januar 2009

GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER
Offener Brief an Altbundeskanzler Gerhard Schröder

Setzen Sie sich bei Putin für die frierenden Menschen in Südosteuropa ein, Herr Schröder!


Sehr geehrter Herr Altbundeskanzler Schröder,

die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) appelliert dringend an Sie, sich für die frierenden Menschen in Bosnien-Herzegowina, Kroatien und anderen Ländern Südosteuropas sowie der Ukraine einzusetzen. Durch politische Auseinandersetzungen und Kriege haben die Bewohner dieser Region in den vergangenen Jahrzehnten genug gelitten. Bei arktischen Temperaturen haben allein in Sarajevo jetzt 240.000 Menschen in 72.000 Wohnungen keine Heizung und können sich keine warme Mahlzeit zubereiten, weil die zugesicherten Gaslieferungen aus Russland ausgeblieben sind.

Sehr geehrter Herr Altbundeskanzler, wir fordern Sie dringen dazu auf, jetzt Ihren großen Einfluss als Anwalt der wirtschaftlichen Interessen Russlands in Europa zu nutzen. Setzen Sie sich wenigstens dieses Mal für die Überlebenden des Völkermordes in Bosnien ein! Wie der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl haben Sie als Oppositionsführer vier Jahre lang - von 1992 bis 1995 - zugesehen, wie in Bosnien eingekesselte Städte beschossen, Konzentrations- und Vergewaltigungslager errichtet wurden und Völkermord begangen wurde. Heute fühlen sich die Menschen in Bosnien wieder alleingelassen und vom Rest Europas abgeschnitten.

Gestern Abend waren wir erstaunt zu hören, dass Sie den ukrainisch-russischen Konflikt nun auch für Ihre ganz persönlichen ökonomischen Interessen zur Durchsetzung ihres Projektes der Ostseepipeline nutzen wollen. Wir vermissen klärende und deutliche Worte an Ihre russischen Geschäftspartner für die frierenden Menschen in Südosteuropa. Ohnehin wird dieses Projekt von unseren kleineren Nachbarn im Osten mit Ablehnung und Ängsten verfolgt.

Machen Sie Ministerpräsident Putin deutlich, dass seine Willkür die Öffentlichkeit in Deutschland und vielen europäischen Ländern an totalitäre Praktiken der Vergangenheit erinnert.

Mit freundlichen Grüßen

Tilman Zülch
für die GfbV-International

PS: Diesen Appell richte ich auch im Namen unserer frierenden bosnischen Mitarbeiter in Sarajevo an Sie. Unserer Sektion in Bosnien-Herzegowina gehören muslimische, jüdische, katholische und orthodoxe Bosnier an.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Sarajevo, den 8. Januar 2009
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2009