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ASIEN/227: Studie zu Menschenrechtsverletzungen in Burma


Presseerklärung vom 19. Oktober 2007

Neue Studie zu Menschenrechtsverletzungen an ethnischen Minderheiten in Burma

76.000 Angehörige von Minderheiten wurden im vergangenen Jahr vertrieben


Mindestens 76.000 Angehörige ethnischer Minderheiten sind im vergangenen Jahr vor schweren Menschenrechtsverletzungen aus ihren Dörfern im Osten von Burma geflohen. Dies stellte ein Bündnis von Menschenrechtsorganisationen, die im Grenzgebiet von Thailand und Burma arbeiten, in ihrem gestern veröffentlichten Jahresbericht fest. "Am schlimmsten treffen Gewalt und Verfolgung die christlichen Karen", erklärte der GfbV-Burmaexperte Ulrich Delius. Im Karen-Gebiet hätten 43.000 Dorfbewohner vor Übergriffen der Armee fliehen müssen. Mindestens 167 Dörfer im Osten Burmas seien zerstört worden oder hätten von ihren Bewohnern aufgegeben werden müssen, da sie von der Armee zwangsumgesiedelt worden seien. "Für die ethnischen Minderheiten im Vielvölkerstaat Burma sind Vertreibung und Verfolgung nicht erst seit dem Aufstand der Mönche alltäglich", erklärte Delius.

Rund 109.000 Angehörige ethnischer Minderheiten seien von der Militärjunta im Osten des Landes zwangsumgesiedelt worden. Mit der Beschlagnahme von Land durch die Militärs, durch Zwangsumsiedlungen, willkürliche Besteuerungen, Zwangsarbeit und Erpressung habe die Verarmung der ethnischen Minderheiten massiv zugenommen. Auch sei ihre Versorgung mit Nahrungsmitteln oft nicht garantiert, weil internationale Hilfsorganisationen die Not leidende Bevölkerung in den von der Außenwelt abgeriegelten Nationalitätengebieten nicht erreichten. "Rund 99.000 Angehörige der Minderheiten verstecken sich vor den Soldaten der Junta in den zwischen Widerstandsgruppen und der Armee umkämpften Nationalitätengebieten", erklärte Delius.

Angehörige des Volkes der Mon würden entlang der Trasse einer Erdgaspipeline nach Thailand zu Zwangsarbeit rekrutiert. Entlang dem Salween-Fluss, an dem die Junta mehrere Staudämme für die Energieerzeugung bauen lassen wolle, würden immer mehr Truppen stationiert, die mit Übergriffen die lokale Bevölkerung einschüchterten und vertrieben.

Eine immer größere Bedrohung für die Minderheiten sei die Ausweitung des Palmöl-Anbaus und der Rizinusöl-Produktion. In der im Südosten des Landes gelegenen Tenasserim-Division - einer der 14 Verwaltungseinheiten Burmas - litten Shan, Karen, Mon und andere kleinere Völker unter der Beschlagnahme von Ackerflächen, auf denen nun Palmöl-Plantagen eingerichtet wurden. Über eine ähnlich dramatische Enteignung von Bauern berichteten Shan im Süden des Shan-Staates.

Auch dort würden von den Militärs gegen den Willen der lokalen Bevölkerung Landwirtschaftsflächen beschlagnahmt und Plantagen für den industriellen Anbau von Nutzpflanzen für die Exportwirtschaft eingerichtet. "So ist es kein Wunder, dass in den Nationalitätengebieten zehntausende Menschen Hunger leiden und diese Zahl jedes Jahr zunimmt", erklärte Delius.

Im Norden des Karenni-Staates hingegen seien Ackerflächen von der fünffachen Größe des Saarlandes (12.000 Quadratkilometer) von dem Staat konfisziert und für Industrieprojekte bereitgestellt worden. "Mit diesen Industrieprojekten kommt die Junta nicht nur ausländischen Investoren entgegen, die von der Ausbeutung der Rohstoffe massiv profitieren, sondern damit verstärken die Militärs auch ihren Würgegriff gegenüber den Minderheiten", sagte Delius. Diesen Nationalitäten werde systematisch die Lebensgrundlage entzogen.

Die ethnischen Minderheiten stellen rund 30 Prozent der 50 Millionen Bewohner Burmas. Sie leben überwiegend in den Bergregionen an den Grenzen zu den Nachbarländern. Seit 1948 ringen sie um mehr Selbstverwaltung und Menschenrechte.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 19. Oktober 2007
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2007