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ASIEN/273: Bundeskanzlerin Merkel in Peking - Menschenrechte einfordern


Presseerklärung vom 24. Oktober 2008

Bundeskanzlerin Merkel in Peking erwartet (23.-25.10.)

Appell: Fordern Sie mehr Menschenrechte für Tibeter und Uiguren ein, Frau Bundeskanzlerin!


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Mittwoch an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, bei ihren Gesprächen mit der chinesischen Staatsführung am Donnerstag mehr Menschenrechte für Tibeter und Uiguren sowie Religionsfreiheit für Christen und die Meditationsbewegung Falun Gong einzufordern. "Die Lage der Menschenrechte der ethnischen und religiösen Minderheiten hat sich in China aufgrund der Olympia deutlich verschlechtert", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Ungeachtet der angestrebten Normalisierung der deutsch-chinesischen Beziehungen dürfen Menschenrechte in den Gesprächen mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao und Ministerpräsident Wen Jiabao nicht ausgespart werden." Merkel soll die chinesische Staatsführung auch zu einem glaubwürdigen und zielgerichteten Dialog mit dem Dalai Lama auffordern, um den Tibet-Konflikt friedlich zu lösen.

Zwar habe China im Vorfeld der Olympiade der Bitte Merkels und der Europäischen Union (EU) entsprochen und Gespräche mit Abgesandten des weltlichen und religiösen Oberhaupts der Tibeter begonnen, doch diese Zusammentreffen seien so substanzlos gewesen, dass man nicht von einem ernsthaften Dialog sprechen könne. "Dringend muss die Bundeskanzlerin deutlich machen, dass ein Dialog nur Sinn macht, wenn gegenseitiges Vertrauen aufgebaut wird und es einen politischen Willen gibt, den Tibet-Konflikt am Verhandlungstisch zu lösen", sagte Delius.

Zwar sei es begrüßenswert, dass China die vor der Olympiade angeordnete Lockerung der Pressezensur für ausländische Journalisten beibehalten habe, doch die ethnischen Minderheiten profitierten davon nicht. So werde die Reisefreiheit von ausländischen Journalisten nach Tibet und Xinjiang/Ostturkestan noch immer stark eingeschränkt und Reporter würden regelmäßig an einer freien Berichterstattung aus diesen Regionen gehindert. Noch schlimmer sei, dass chinesische Journalisten nicht frei über den wachsenden Unmut der Tibeter und Uiguren berichten dürften.

Mehr als 6.700 Tibeter seien nach den Unruhen im März 2008 festgenommen worden. Von mehr als 1.000 Verhafteten fehle noch immer jede Spur. Bei der blutigen Niederschlagung der Proteste seien 218 Tibeter getötet und 1.290 Menschen verletzt worden. Viele der Demonstranten würden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. So seien am 23. September 2008 sogar acht buddhistische Mönche in einem Geheimverfahren zu Haftstrafen zwischen fünf Jahren und lebenslänglich verurteilt. Auch in Xinjiang hält die Verhaftungswelle an. Nach offiziellen chinesischen Angaben wurden dort 800 Uiguren seit Januar 2008 aus politischen Gründen festgenommen. Tatsächlich dürfte die Zahl der Verhafteten jedoch viel höher sein. Exil-Uiguren gehen aufgrund von Berichten von Betroffenen davon aus, dass bis zu 15.000 Uiguren festgenommen wurden.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 24. Oktober 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
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Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2008