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ASIEN/291: Sri Lanka - Militärische Erfolge lösen Tamilen-Frage nicht


Presseerklärung vom 26. Januar 2009

Armee erobert Hochburg tamilischer Rebellen

Sri Lanka: Militärische Erfolge lösen Tamilen-Frage nicht
Kritik am Schweigen Europas


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Montag vor einer weiteren Eskalation der Gewalt in Sri Lanka gewarnt. "Die militärischen Erfolge der Armee Sri Lankas werden dem Land keinen Frieden bringen, solange die Regierung in Colombo sich nicht um eine politische Lösung der Tamilen-Frage bemüht", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Die Militäroffensive werde nur die Gewalt schüren. Denn es sei zu befürchten, dass die "Befreiungstiger von Tamil Eelam" nun mit neuen Terroranschlägen beweisen wollten, dass sie militärisch nicht zerschlagen seien. Für eine faire Lösung des Tamilen-Konflikts fehle bislang die Bereitschaft der Regierung, die Macht mit Tamilen zu teilen und der Minderheit in ihren Siedlungsgebieten weitgehende Selbstbestimmung einzuräumen.

Scharf kritisierte die GfbV das Schweigen der Europäischen Union (EU) zu den dramatischen Entwicklungen in Sri Lanka. "Die EU misst mit zweierlei Maß, wenn sie ständig neue Krisen-Missionen in den Nahen Osten entsendet, zur Gewalt in Sri Lanka aber noch nicht einmal eine gemeinsame Erklärung verabschiedet", sagte Delius. Die EU dürfe nicht einfach auf Tauchstation gehen, wenn die Regierung Sri Lankas nationales Recht und Völkerrecht verletze.

Massive Menschenrechtsverletzungen an Tamilen sowie an Journalisten, die versuchten, unabhängig über den Tamilen-Konflikt zu berichten, machten deutlich, wie katastrophal die Menschenrechtslage in Sri Lanka sei. Die Regierung des Inselstaates ignoriere im Umgang mit der ethnischen Minderheit systematisch ihre eigenen Gesetze, die Verfassung des Landes sowie internationale Konventionen. So würden Tamilen pauschal als Unterstützer der Befreiungstiger diffamiert und kriminalisiert, in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, willkürlich verhaftet und gefoltert. Tamilische Frauen berichteten glaubwürdig über Vergewaltigungen durch Sicherheitskräfte. Zahllose Übergriffe auf Angehörige der Minderheit seien strafrechtlich nicht verfolgt worden. Menschenrechtsverletzungen der tamilischen Rebellen gäben den Behörden Sri Lankas nicht das Recht, Menschenrechte ebenfalls mit Füßen zu treten.

Die Perspektiven für eine friedliche Lösung des Tamilen-Konflikts seien düster, selbst wenn die Rebellen sich nun aus den meisten Regionen im Norden zurückziehen müssten. Denn in den eroberten Regionen werde die Armee ihre Präsenz deutlich verstärken, so dass neue Menschenrechtsverletzungen vorprogrammiert seien. Diese würden wiederum die Zivilbevölkerung den Rebellen in die Arme treiben.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 26. Januar 2009
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2009