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ASIEN/410: Burma - Menschenrechtslage hat sich seit Ende der Militärdiktatur verschlechtert


Presseerklärung vom 19. August 2011

Burma: UN-Sonderberichterstatter erwartet (21.8.)
Menschenrechtslage hat sich seit Ende der Militärdiktatur verschlechtert


Rund fünf Monate nach Einsetzung einer zivilen Regierung in Burma ist die Menschenrechtslage in dem südostasiatischen Land noch schlimmer als während der vorangegangenen Militärdiktatur. Diese kritische Bilanz zog die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor dem am Sonntag beginnenden Besuch des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zur Menschenrechtslage in Burma, Tomas Quintana, in dem Vielvölkerstaat. "Die rund 2000 politischen Gefangenen sind nicht freigelassen worden und in den von den ethnischen Minderheiten bewohnten Regionen mussten mehr als 30.000 Zivilisten vor neuen Militäroffensiven der Armee fliehen", berichtete der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Willkürliche Landenteignungen, Vergewaltigungen und Zwangsarbeit gehören nach wie vor zum Alltag ethnischer Minderheiten in Burma."

Vergewaltigung wird von der Armee in den Nationalitätengebieten systematisch als Kriegswaffe eingesetzt. Mindestens 32 Frauen und Mädchen des Volkes der Kachin wurden zwischen dem 9. Juni und dem 26. Juli 2011 im Kachin-Staat von Soldaten vergewaltigt. 13 Opfer wurden im Anschluss an die Tat ermordet oder getötet, weil sie Vergewaltigungen mit ansehen mussten. Die Täter kamen aus fünf unterschiedlichen Bataillonen der burmesischen Armee. In dem Dorf Dum Bung hatten drei Familien nicht vor den anrückenden Soldaten fliehen können. Sechs Mädchen und Frauen wurden von den Militärs gemeinschaftlich vergewaltigt, sieben Kinder ermordet. In der Siedlung Je Sawn wurde ein siebenjähriges Mädchen getötet. Danach wurde seine Großmutter vergewaltigt und ermordet. Eine Zwölfjährige wurde vor ihrer Mutter vergewaltigt. Als sie versuchte, ihre Tochter zu schützen, wurde sie geschlagen.

In den Bundesstaaten Kachin und Shan mussten mindestens 31.700 Dorfbewohner vor Angriffen der Armee fliehen. Im Shan-Staat wurden zahllose Plünderungen, willkürliche Verhaftungen, Folter und Fälle von Zwangsarbeit von der GfbV dokumentiert. "Mehr als 50 massive Übergriffe von Soldaten auf die Zivilbevölkerung wurden von uns allein im Shan-Staat seit Amtsantritt der neuen Regierung Mitte April 2011 registriert", sagte Delius. "Damals hatte sie versprochen, die Menschenrechtslage zu verbessern. Doch jetzt zeigt sich: Die neue Führung Burmas steht nicht für den demokratischen Wandel, wie die deutsche Bundesregierung behauptet, sondern für eine Eskalation des Bürgerkrieges und ethnischer Säuberungen." Nach Einschätzung der GfbV haben die Militärs noch immer die Macht in dem Vielvölkerstaat. In der neuen Regierung sind zahlreiche ehemalige Offiziere vertreten. Sie löste nach einer Wahlfarce eine Militärdiktatur ab, die zuvor mehr als 20 Jahre lang herrschte.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 19. August 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2011