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ASIEN/433: "Grünes" Gastland der Hannover Messe - China verletzt Nachhaltigkeitsgrundsätze


Presseerklärung vom 23. April 2012

"Grünes" China als Gastland der Industriemesse in Hannover

China verletzt Nachhaltigkeits-Grundsätze - Protest gegen Zwangsansiedlung von zwei Millionen Nomaden



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat mit einer Menschenrechtsaktion bei der Industriemesse am Montag in Hannover darauf aufmerksam gemacht, dass die chinesische Regierung systematisch die Grundsätze der Nachhaltigkeit verletzt. "Das Land, das sich auf der Messe als "grünes" China präsentiert, produziert Energie und fördert Rohstoffe ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. So wird durch die rücksichtslose Förderung von seltenen Erden in der Inneren Mongolei das Grundwasser verseucht. In Tibet werden Großstaudämme in Erdbebenzonen errichtet und in Xinjiang sowie in der Inneren Mongolei werden über die Köpfe der Nomaden hinweg die größten Wind- und Solarparks der Welt gebaut.

Außerdem werden mehr als zwei Millionen Nomaden in Tibet, Xinjiang und in der Inneren Mongolei zwangsweise angesiedelt, kritisierte die GfbV. Von den Zwangsmaßnahmen betroffen sind unter anderem 760.000 Nomaden in Xinjiang / Ostturkestan, die bis zum Jahr 2020 angesiedelt werden sollen. Die Nomaden allein werden von den Behörden für die Versteppung weiter Landstriche verantwortlich gemacht. Nicht erwähnen werde allerdings, dass vor allem die intensive landwirtschaftliche Nutzung des Landes und der übermäßige Einsatz von Düngemitteln die Böden zerstört haben, sagte Delius. Doch alle Nomaden sollen jetzt zwangsweise angesiedelt werden. Dies bedeutet für sie nicht nur den Untergang ihrer traditionellen Wirtschaftsform, sondern ihrer Gesellschaft.

Tibetische und mongolische Menschenrechtler, die gegen den Raubbau an Natur und Mensch protestieren, werden eingeschüchtert, inhaftiert und oft zu Gefängnisstrafen verurteilt. So wurden Mitte Februar 2012 vier tibetische Umweltschützer im Bezirk Tawu in tibetischen Siedlungsgebieten der Provinz Sichuan festgenommen. Sie hatten Proteste gegen Bergbauprojekte und gegen die Abholzung der Wälder organisiert. Noch steht ihr Gerichtsverfahren aus. Im Juli 2010 war der tibetische Umweltschützer Rinchen Samdrup zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er leitete eine Umweltgruppe, die sich um die Aufforstung der Bergregion bemühte.

"Der Bau der größten Wind- und Solarparks sowie von Mega-Staudämmen macht aus China noch kein nachhaltiges Land", sagte Delius. Solange dabei die Einwände der Betroffenen ignoriert werden und diese Großprojekte auf dem Land der ethnischen Minderheiten nur dazu dienen, noch mehr Energie und Rohstoffe für Chinas boomende Industrie zu beschaffen, kann man noch nicht von einem "grünen" China sprechen."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Hannover, den 23. April 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2012