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ASIEN/461: Vietnam - Rösler soll sich für mehr Internetfreiheit einsetzen


Presseerklärung vom 17. September 2012

Bundeswirtschaftsminister besucht Vietnam (17.09.)

Rösler soll sich in Hanoi für Freilassung von inhaftierten Bloggern und für mehr Internetfreiheit einsetzen



Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler soll sich in Hanoi für die Freilassung von inhaftierten Bloggern und für mehr Internetfreiheit in Vietnam einsetzen. Diesen Appell hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an den Minister zum Auftakt seines Besuches in dem südostasiatischen Staat gerichtet. "Die drastische Einschränkung der Internetfreiheit behindert in Vietnam nicht nur die freie Meinungsäußerung, sondern auch die Ausbildung neuer Arbeitskräfte", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Wenn ein strategischer Partner Deutschlands Menschenrechte mit Füßen tritt und dies auch noch die Wirtschaft behindert, dann sollte dies auch ein Thema für den Bundeswirtschaftsminister sein."

Obwohl Vietnams Menschenrechtsbilanz katastrophal ist, wird die aufstrebende Wirtschaftsnation von Deutschland umworben. So wurde das Land zum "strategischen Partner" erklärt, obwohl es als Feind des Internets gilt und ethnische sowie religiöse Minderheiten unterdrückt. Seit Vietnam im Mai 2004 nach chinesischem Vorbild begann, kritische Webseiten zu sperren, können sich die mehr als 30 Millionen Internetnutzer dort nicht mehr frei über Minderheiten, Demokratie und Menschenrechte informieren. Nun kündigten die Behörden eine noch weitere Verschärfung der Internetzensur an. Der neue Erlass zur Betreibung von Internetdiensten wird die Strafverfolgung von kritischen Bloggern noch mehr erleichtern. So soll jede öffentliche Kritik an der "Sozialistischen Republik" sowie "jede Untergrabung der Einheit des Volkes" verboten und unter Strafe gestellt werden. Damit macht sich jeder strafbar, der Menschenrechtsverletzungen im Internet kritisiert oder sich kritisch über die Lage von ethnischen und religiösen Minderheiten äußert.

Vietnam verbietet damit die Verbreitung von Informationen über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen an Bergvölkern, die sich gegen Landraub und die willkürliche Schließung von protestantischen Kirchen wehren. Auch Khmer Krom, Hmong und andere ethnische Minderheiten dürfen über ihre Probleme nicht im Internet informieren. Betroffen von den geplanten neuen Verboten sind auch Blogger, die die Verweigerung der Glaubensfreiheit für Katholiken anprangern wollen. Einige der bereits festgenommenen Blogger sind überzeugte Katholiken, die sich aufgrund ihres Glaubens für Bürgerrechte einsetzten. So wurden im Mai 2012 vier katholische Studenten zu bis zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie angeblich regierungsfeindliche Propaganda verbreiteten. Die 43 Jahre alte Katholikin und ehemalige Polizistin Ta Phong Tan wird seit September 2011 in Haft festgehalten. Aus Protest gegen die willkürliche Festnahme ihrer Tochter hat sich ihre Mutter im Juli 2012 selbst verbrannt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 17. September 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. September 2012