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ASIEN/563: China will durch eine Verhaftungswelle das Gedenken an das Tiananmen-Massaker unterdrücken


Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. - Presseerklärung vom 27. Mai 2014

Vor 25 Jahren: Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens (3./4.6.)

Chinesische Regierung will mit beispielloser Welle der Verfolgung Gedenken an Opfer des Blutbades 1989 in Peking verhindern



Mit einer beispiellosen Welle von Einschüchterungen und Verhaftungen versucht die chinesische Regierung, jedes Gedenken an die Opfer des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking am 3. und 4. Juni 1989 zu unterbinden. Diesen schweren Vorwurf erhebt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in einem jetzt veröffentlichten zwölfseitigen Memorandum über die Schikanen der chinesischen Behörden gegen engagierte Bürgerrechtler kurz vor dem 25. Jahrestag des Blutbades. "Auch nach einem Vierteljahrhundert der Tabuisierung, Kriminalisierung und Verhöhnung der Opfer ist Chinas Staatsführung noch immer nicht dazu bereit, sich ihrer Verantwortung für das Massaker zu stellen", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Der amtlich verordnete Gedächtnisverlust ist ein Armutszeugnis der Weltmacht China. Sie vergibt damit die einzigartige Chance zur Versöhnung, die das tief gespaltene und traumatisierte Land so dringend braucht."

In dem Memorandum listet die GfbV Dutzende Verhaftungen und Einschüchterungen von Menschenrechtsanwälten, Professoren, Journalisten, Autoren, Künstlern und Menschenrechtlern auf, mit denen die chinesische Regierung jedes öffentliche Gedenken an die Opfer des Massakers verhindern will. Dokumentiert wird in dem Memorandum aber auch, wie chinesische Bürgerrechtler ungeachtet der staatlichen Verfolgung das Schicksal der Getöteten recherchieren und wie aktuell deren Anliegen auch noch heute für das moderne China sind. Denn neben der Demokratisierung zählte der Kampf gegen Korruption, Machtmissbrauch und Willkür zu den bedeutendsten Anliegen der Demonstranten im Jahr 1989.

"Auch heute scheut sich die chinesische Regierung nicht, auf die schlimmen Methoden Maos zurückzugreifen und Kritiker zu inhaftieren, öffentlich zu demütigen und zu erniedrigen", erklärte Delius. "Die systematische Verletzung der Anti-Folter-Konvention sowie chinesischer Rechtsbestimmungen zum Verbot der Folter sind ein schwerer Rückschlag für alle Bemühungen um mehr Rechtsstaatlichkeit." So mussten im April /Mai 2014 inhaftierte Bürgerrechtler vor ihrem regulären Gerichtsverfahren im Staatsfernsehen ihre Schuld für vermeintliche "Verbrechen" bekennen. Mit ihren Rechtsanwälten durften sie keine Rücksprache halten.

Scharf kritisierte die GfbV die anhaltende Straflosigkeit in China, die durch die Tabuisierung des Massakers begünstigt werde. "Die brutale Niederschlagung der zumeist friedlichen Proteste war ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die dafür Verantwortlichen müssen endlich zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Delius. Doch die staatlichen Zensoren lassen nichts unversucht, um im Internet alle auch noch so entfernten Verweise und Anspielungen auf das Verbrechen sowie auf die Anliegen der Demonstranten zu tilgen. Dutzende Begriffe, Eigennamen und Webseiten sind gesperrt. Selbst Zahlen-Kombinationen mit dem Datum des Massakers gelten als verdächtig und werden gelöscht.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 27. Mai 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2014