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ASIEN/636: IOC entscheidet über Austragungsort für Winterspiele 2022


Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. - Presseerklärung vom 30. Juli 2015

Olympisches Komitee (IOC) entscheidet über Austragungsort für Winterspiele 2022 (31.7.)

- Peking oder Almaty: "Wahl zwischen Pest und Cholera"
- IOC macht sich zum Handlanger von Diktatoren


Als "Wahl zwischen Pest und Cholera" bezeichnet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die bevorstehende Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) über den Austragungsort der Winterspiele 2022. Denn mit Peking in China und Almaty in Kasachstan stehen die Hauptstädte zweier Staaten zur Wahl, die notorisch Menschenrechte verletzen. "Die Bewerbung als Olympia-Austragungsort ist für die autoritären Regimes Chinas und Kasachstans ein zwar nicht billiger, aber wirksamer Weg, um ihr miserables internationales Image zu verbessern", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. "Für Menschenrechtler und Regimekritiker in beiden Ländern wird dies noch mehr Einschüchterung, Verfolgung und Inhaftierung bedeuten. Das IOC macht sich zum Handlanger von Diktatoren und verrät damit die Ideale der Olympischen Bewegung." Das IOC wird auf seiner 128. Tagung in Kuala Lumpur (Malaysia) am Freitag über die Vergabe der Winterspiele 2022 entscheiden.

"Offenbar befindet sich die Olympische Bewegung in einer tiefen Sinn-Krise, die sie wider besseres Wissen beharrlich leugnet. Statt Schönreden erwarten wir vom IOC eine ernsthafte Diskussion darüber, warum immer weniger demokratisch geführte Staaten bereit sind, Olympische Spiele auszurichten", sagte Delius. "Das IOC müsste alarmiert sein, dass die olympische Idee vor allem bei Diktatoren und Großkonzernen beliebt ist." Ständige Vorwürfe weit verbreiteter Korruption steigerten das Ansehen der Olympischen Bewegung ebenso wenig.

Sollte sieben Jahre nach den umstrittenen Sommerspielen in Peking erneut Chinas Hauptstadt als Austragungsort ausgewählt werden, so wird die politische Instrumentalisierung der olympischen Idee durch eine autoritäre Staatsführung bewusst in Kauf genommen. 2008 hatte Chinas damaliger Staats- und Parteichef Hu Jintao vor einer Vermischung von Politik und Olympiade gewarnt, dann jedoch die Olympischen Spiele genutzt, um die Macht der Kommunistischen Partei zu festigen. So wurde in der Eröffnungsfeier die Harmonie der Völker in China beschworen. Kinder in den Trachten von 56 Völkern in der Volksrepublik tanzten vor hunderten Millionen Fernsehzuschauern in aller Welt. Später wurde bekannt, dass die meisten dieser Kinder der Mehrheitsbevölkerung der Han angehörten, weil man den Minderheiten nicht traute. Mehrere hundert Tibeter und Uiguren wurden wegen ihrer Proteste im Zuge der Olympiade zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, Dutzende bezahlten sie mit ihrem Leben. Seither haben die Menschenrechtsverletzungen in China noch mehr zugenommen. Systematisch werden Menschenrechtler, Rechtsanwälte und Blogger verfolgt.

Aber auch in Kasachstan werden Regimekritiker brutal verfolgt und gefoltert, religiöse Minderheiten unterdrückt sowie kritische Blogger und Journalisten mundtot gemacht. Nichtregierungsorganisationen, die sich für Bürgerrechte einsetzen, werden willkürlich geschlossen und jede öffentliche Kritik an der autoritären Staatsführung wird brutal unterdrückt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 30. Juli 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2015

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