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ASIEN/649: Wahlen in Burma - Ausschluss von Muslimen gefährdet Demokratisierung


Presseerklärung vom 6. November 2015

Wahlen in Burma (Myanmar) entscheiden über weitere Demokratisierung (8.11.)

Muslime stehen als Wahl-Verlierer schon heute fest
Minderheit wird vom politischen Leben ausgeschlossen


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die mangelnde Vertretung der muslimischen Minderheit bei den am Sonntag in Burma (Myanmar) stattfindenden nationalen und regionalen Parlamentswahlen kritisiert. "Schon vor dem Gang zu den Wahlurnen liegt ein dunkler Schatten über diesen Wahlen. Der de facto-Ausschluss einer ganzen Bevölkerungsgruppe von den Wahlen gefährdet die Demokratisierung des Landes", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Wie will Burma die nationale Versöhnung vorantreiben, wenn es die Anhänger einer Religionsgemeinschaft de facto vom politischen Leben ausschließt?" Denn die meisten politischen Parteien haben sich aus Angst vor Diffamierungen extremistischer Buddhisten der Ma Ba Tha-Bewegung dazu entschlossen, keine muslimischen Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahlen aufzustellen.

Von den 6.062 Kandidaten, die die nationale Wahlkommission (UEC) zugelassen hat, sind nur 11 Muslime. Die Kandidatur vieler muslimischer Politiker wurde nicht akzeptiert. So wurden 17 der 18 Kandidaten der Islamic Democracy and Human Rights Party im Rakhine-Staat nicht zugelassen. Dabei stellen Muslime rund 5 Prozent der Bevölkerung des Vielvölker- und Vielreligionen-Staates. Die nun zugelassenen 11 Politiker waren anfangs auch von den Wahlen ausgeschlossen worden und wurden vor allem angesichts der Kritik des Auslands dann doch zugelassen. "Doch die meisten dieser Kandidaten sind bei den Wahlen chancenlos, da die großen Parteien wie die NLD von Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi oder die regierende USDP keine muslimischen Kandidaten aufstellten. Sie können meist nur als unabhängige Kandidaten Achtungserfolge erringen. Nur der mitregierende Union National Congress von Präsident Thein Sein stellt mit Khin Maung Thein einen Politiker der muslimischen Pathi zur Wahl, der ernsthaft Chancen für ein Mandat hat.

"Aung San Suu Kyi beschwört zwar öffentlich die nationale Versöhnung, doch ein Ende der Ausgrenzung muslimischer Rohingya strebt sie offensichtlich nicht an", erklärte Delius. So forderte sie ausländische Journalisten auf einer Pressekonferenz gestern auf, die Rohingya-Problematik nicht zu über zu bewerten. Das Land habe auch jenseits des Rakhine-Staates Probleme.

Zehntausenden Rohingya wurde durch den Einzug ihrer Wahlkarten auf Druck von buddhistischen Nationalisten die Möglichkeit genommen, an den Wahlen teilzunehmen. So können von den fast 100.000 Flüchtlingen, die seit dem Ausbruch der Gewalt zwischen buddhistischen Rakhine und Rohingya in 20 Lagern im Rakhine-Staat leben, nur 150 am Sonntag wählen gehen. Selbst von den mehreren tausend muslimischen Kaman, die offiziell von Burma als muslimische Gruppe anerkannt werden, können nur wenige an den Wahlen teilnehmen, weil sie keine Wahlkarten mehr besitzen. Andere Muslime, die zwar offiziell Bürger Burmas sind, befürchten Probleme und neue Gewalt von buddhistischen Nationalisten, wenn sie für die oppositionelle NLD stimmen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 6. November 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2015

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