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ASIEN/681: Westpapua-Konflikt droht zu eskalieren - 96 Demonstranten verhaftet


Presseerklärung vom 20. September 2016

96 indigene Papua bei Protesten in Indonesien verhaftet:

- Westpapua-Konflikt droht zu eskalieren
- Pazifische Inselstaaten wollen Vereinte Nationen einschalten


Nach der Verhaftung von 96 Demonstranten hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor einer Eskalation des Westpapua-Konflikts gewarnt. "Der Streit um die Zukunft der nach Unabhängigkeit strebenden westlichen Hälfte der Insel Neuguinea wird in den nächsten Monaten weiter zunehmen, da Indonesiens Behörden mit Massenverhaftungen und Demonstrationsverboten auf die Proteste der indigenen Völker reagieren", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. In einem Schreiben an Indonesiens Staatspräsident Joko Widodo forderte die GfbV ein Ende der willkürlichen Verhaftungen. "Indonesien ist eine Demokratie und darf grundlegende Bürgerrechte in Papua nicht außer Kraft setzen. Auch dort muss das Recht auf freie Meinungsäußerung und Demonstrationsfreiheit beachtet werden."

Westpapua steht ein turbulenter Herbst bevor. Denn die benachbarten pazifischen Inselstaaten haben angesichts der anhaltenden Übergriffe angekündigt, die politische Zukunft Westpapuas in Gremien der am heutigen Dienstag beginnenden UN-Vollversammlung zum Thema zu machen. Der Konflikt soll unter anderem im UN-Komitee zur Entkolonialisierung angesprochen werden. "Das wird noch mehr indigene Papua dazu ermutigen, für die Unabhängigkeit demonstrieren", sagte Delius. Am 1. Dezember, wenn Papua die Morgenstern-Flagge hissen und alljährlich den Unabhängigkeitstag feiern, werden regelmäßig Demonstranten von indonesischen Sicherheitskräften festgenommen.

Am Montag wurden bei Demonstrationen in verschiedenen Regionen der Provinz Papua mindestens 75 Ureinwohner festgenommen. Am vergangenen Wochenende wurden zuvor bereits 21 Papua inhaftiert, weil sie auf Flugblättern für die am Montag geplanten Demonstrationen geworben hatten. In dem im Bergland im Landesinnern gelegenen Landkreis Yahukimo waren alle öffentlichen Proteste verboten worden. Mit einer hohen Präsenz von Sicherheitskräften wurde jeder Protestmarsch unterbunden. Als sich die Demonstranten weigerten, die Straße zu räumen, durften die Redner schließlich eine halbe Stunde lang zu ihnen sprechen.

Zwischen Ende April und Mitte Juni 2016 waren bereits mehr als 2.700 Papua willkürlich bei Demonstrationen festgenommen worden. Die Inhaftierten werden zwar meist nach wenigen Stunden wieder freigelassen. "Die häufigen Festnahmen schaffen aber ein Klima der Einschüchterung und Willkür, weil sie den Papua ganz deutlich signalisieren, dass ihnen kein Recht auf Meinungsfreiheit eingeräumt wird", kritisierte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 20. September 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2016

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