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ASIEN/709: Indonesien - Haftstrafe für christlichen Gouverneur ist Höhepunkt religiöser Intoleranz


Presseerklärung vom 9. Mai 2017

Haftstrafe für Gouverneur in Blasphemie-Prozess

Indonesien: Religiöse Intoleranz erreicht mit Urteil gegen Ahok neuen Höhepunkt
Warnung vor Islamisierung von Politik und Gesellschaft


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die Verurteilung des christlichen Gouverneurs von Jakarta Basuki Tjahaja Purnama, genannt Ahok, wegen Gotteslästerung als "neuen traurigen Höhepunkt der religiösen Intoleranz in dem bevölkerungsreichsten muslimischen Staat der Erde" bezeichnet. "Für Indonesiens religiöse Minderheiten ist dieses skandalöse Urteil, das am heutigen Dienstag in Jakarta gefällt wurde, eine deutliche Warnung, dass Religionsfreiheit und demokratische Bürgerrechte für sie nicht mehr gelten", erklärte der GfbV-Asienexperte Ulrich Delius in Göttingen. "War der Ahok-Prozess anfangs ein dramatischer Fall der gezielten Instrumentalisierung von Religion in der Politik, so wird das Urteil jetzt Schockwellen in die ganze Region entsenden. In Indonesien droht eine Islamisierung von Politik und Gesellschaft, die ganz Südostasien destabilisieren könnte. Das Land kann nicht mehr als Hort der religiösen Toleranz bezeichnet werden. Das ist nun endgültig Geschichte."

Das Urteil gegen Ahok, der als Christ und Angehöriger der chinesischen Bevölkerungsgruppe in zweifacher Weise einer Minderheit angehört, ist nach einem langwierigen Verfahren ergangen. Radikal-islamistische Bewegungen hatten ihn der Blasphemie bezichtigt, während des Verfahrens Massenproteste mobilisiert, seine Inhaftierung verlangt und so auch seine Wiederwahl als Gouverneur verhindert. "Radikale Islamisten werden sich durch diesen Prozess bestätigt sehen und sich noch mehr in Indonesiens Politik einmischen. Schon jetzt können sie für sich verbuchen, dass sie mit der Inszenierung des prominenten Blasphemie-Falles die politische Karriere eines engen Vertrauten von Staatspräsident Widodo abrupt beendet haben", sagte Delius.

"Indonesien muss sich der wachsenden islamistischen Gefahr endlich stellen. Das Land hat eine sehr lebendige Zivilgesellschaft und galt lange als bestes Beispiel für eine gelungene Demokratisierung nach jahrzehntelanger Diktatur. Doch Indonesiens Islamisten wollen keine säkulare Demokratie mit Bürgerrechten für Minderheiten", warnte der Menschenrechtler. "Wenn nun nicht endlich ein Ruck durch die indonesische Gesellschaft geht und die Zukunft des Landes offen diskutiert wird, droht ein schleichender Abschied von der Demokratie mit dramatischen Folgen nicht nur für die ethnischen und religiösen Minderheiten."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 9. Mai 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2017

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