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EUROPA/438: Kritik an Steinmeier - Empfang des Dalai Lama abgelehnt


Presseerklärung vom 9. Mai 2008

Empfang des Dalai Lama abgelehnt

Scharfe Kritik an Außenminister Steinmeier:
Tibet darf nicht für innenpolitische Profilierung missbraucht werden!


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Freitag aufgefordert, den kulturellen Völkermord an den Tibetern nicht für wahlkampftaktische Geplänkel mit der CDU zu missbrauchen. "Angesichts der massiven Verhaftungswelle in Tibet darf der Außenminister nicht wegschauen und dem Vertreter der verfolgten Tibeter aus innenpolitischen Erwägungen und mit Rücksicht auf Chinas Führung ein Gespräch verweigern", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Der Dalai Lama wird in der kommenden Woche in Deutschland erwartet.

"Außenminister Steinmeiers Glaubwürdigkeit in Sachen Menschenrechten, Völkerrecht und Rechtsstaatlichkeit wird dadurch nicht größer, dass er jetzt wieder das Gespräch mit dem Dalai Lama ablehnt", kritisierte Delius. Die seit zwei Monaten eskalierende Verfolgung der Tibeter habe gezeigt, dass die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel richtig gewesen sei, das Oberhaupt der Tibeter am 23. September 2007 in Berlin zu empfangen. Damals hatte der Außenminister vor einer innenpolitischen Instrumentalisierung der Tibet-Frage gewarnt. "Genau diesen Fehler begeht Minister Steinmeier heute selbst, wenn er aus wahlkampftaktischem Kalkül in diesen schwersten Zeiten für die Tibeter das Gespräch mit deren Oberhaupt verweigert."

Wer glaubwürdig für die Respektierung des Völkerrechts eintreten will, sollte auch ein deutliches Zeichen gegen willkürliche Razzien, Festnahmen und unangemessene Haftstrafen für tibetische Demonstranten setzen. Noch nie sei in den vergangenen 20 Jahren die Verfolgung der Tibeter so groß gewesen wie seit den Unruhen vom März 2008. Seien zuvor rund 200 Regimekritiker in Tibet aus politischen Gründen inhaftiert gewesen, so seien seit März 2008 mehr als 5.700 Tibeter festgenommen worden. Bei den ersten Prozessen gegen Demonstranten im April 2008 seien nach unfairen Gerichtsverfahren drakonische Haftstrafen verhängt worden. Dies zeige, dass Chinas Justiz nicht gewillt sei, die Beteiligung von Tibetern an Demonstrationen nach rechtsstaatlichen Maßstäben zu bewerten.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 9. Mai 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2008