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EUROPA/548: "Erstaunen" über teilweisen Freispruch für Karadzic


Presseerklärung vom 28. Juni 2012

"Erstaunen" über teilweisen Freispruch für Karadzic: "Anklage hat versagt"



Mit Erstaunen hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Entscheidung des UN-Kriegsverbrechertribunals zur Kenntnis genommen, den früheren bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic vom Vorwurf des Völkermordes in den bosnischen Gemeinden Bratunac, Foca, Kljuc, Prijedor, Sanski Most, Vlasenica und Zvornik freizusprechen. Der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch beklagte am Donnerstag das "Versagen der Ankläger in Den Haag", die offenbar nicht genug Beweise gegen Karadzic vorlegen konnten, obwohl die Liste der systematischen Gräueltaten der Karadzic-Truppen in Bosnien-Herzegowina lang ist.

Nach GfbV-Angaben betrieben sie in den ostbosnischen Gemeinden Bratunac, Foca, Vlasenica und Zvornik monatelang Konzentrations- und Vergewaltigungslager. In Westbosnien wurden allein im Gebiet um Prijedor in den Konzentrationslagern Trnopolje, Omarska, Keratern und Manjaca tausende Häftlinge liquidiert oder zu Tode gequält. Auch dort existierten Lager, in denen Massenvergewaltigungen durchgeführt wurden. Hunderte von bosnischen Zivilisten fielen in den Städten Kljuc und Sanski Most wiederholten schweren Massakern der Karadzic-Milizen zum Opfer. Viele Bosniaken, die aus Bratunac, Zvornik und Vlasenica nach Srebrenica flüchten konnten, waren unter den 8.372 Opfern der Massenerschießungen 1995. Völlig zerstört wurden in all diesen Regionen alle islamischen und katholischen Gotteshäuser.

"Unsere Menschenrechtsorganisation hat seit dem 6. April 1992, dem Beginn des Bosnienkrieges, kontinuierlich die Verbrechen der serbischen Armee und ihrer Milizen in Bosnien-Herzegowina dokumentiert und bereits im Herbst 1992 mit zahlreichen Berichten nachgewiesen", sagte Zülch. "Es kann nicht bestritten werden, dass Radovan Karadzic auch in diesen vom Tribunal genannten Gemeinden Völkermord, d.h. "Handlungen in der Absicht begangen hat, eine nationale, ethnische ... oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören." ( siehe den Wortlaut der Konvention der Vereinten Nationen zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes)

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Quelle:
Presseerklärung Den Haag/Göttingen, den 28. Juni 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2012