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EUROPA/560: Feuergefecht unter malischen Soldaten schürt Zweifel an EU-Ausbildungsmission


Presseerklärung vom 12. Februar 2013

EU-Verteidigungsminister beraten über Mali-Mission (12./13.2.)

Feuergefecht unter malischen Soldaten schürt Zweifel an EU-Ausbildungsmission



Massive Zweifel am Sinn der geplanten EU-Ausbildungsmission für Malis Armee hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) geäußert. "Ohne eine umfassende Reform des gesamten Sicherheitssektors in Mali wird es keine dauerhafte Stabilisierung des Landes geben", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Denn mit dieser Armee Malis ist kein Staat zu machen. Sie ist in sich tief verfeindet, unberechenbar, unterbezahlt und missachtet Malis Verfassungsorgane. Wer mit dieser Armee einen Staat sichern will, lässt sich auf ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang ein."

Die EU-Verteidigungsminister beraten heute und morgen erneut in Dublin über die geplante EU-Ausbildungsmission. Deutschland sowie 15 weitere EU-Staaten und Norwegen wollen sich an dem Einsatz beteiligen, der seit Ende letzter Woche in Mali von 70 europäischen Soldaten vorbereitet wird. Deutschland will sich mit 40 Militärausbildern an der offiziell Anfang März in Mali beginnenden Ausbildungsmission beteiligen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte erst jüngst in einem Interview erklärt, man werde mit der Ausbildungsmission Mali "nachhaltig stabilisieren".

Wie schlecht es um die Einheit und Schlagkraft der Armee Malis steht, wurde erst Ende letzter Woche wieder deutlich, als am Freitag weit weg vom Kampfgeschehen im Norden des Landes bei einem Feuergefecht zwischen verfeindeten Armeeeinheiten drei Angehörige von Soldaten - unter ihnen zwei Jugendliche - getötet und 13 Personen verletzt wurden. Der in Mali viel beachtete Zwischenfall ereignete sich, als am 8. Februar Armeecorps das Militärlager der Fallschirmjäger von Djicoroni aus Protest belagerten. Als Angehörige der belagerten Soldaten gegen die Einkesselung protestierten, eröffneten die Belagerer das Feuer auf die Demonstranten.

Dass Teile von Malis Armee ein sonderbares Verständnis von Rechtsstaatlichkeit haben, wurde Anfang letzter Woche deutlich, als offensichtlich auf Intervention hoher malischer Armeeoffiziere zwei von französischen Soldaten in Nord-Mali verhaftete Persönlichkeiten aus der Haft freikamen. Die der Verstrickung in den Drogenhandel Verdächtigen Baba Ould Sheikh (ein Bürgermeister eines Ortes in Nord-Mali) und Mohamed Ould Awainat sollten ursprünglich zu weiteren Strafermittlungen in die Hauptstadt Bamako überführt werden. Doch die malischen Soldaten, denen die Verhafteten übergeben worden waren, ließen die Festgenommenen zum Erstaunen der französischen Truppen am 4. Februar frei. Malis Armee wird seit Jahren vorgeworfen, gemeinsam mit hohen Regierungsbeamten in Drogengeschäfte mit der Terrorbewegung "Al Kaida im Maghreb" (AQMI) verwickelt zu sein.

"Die EU-Staaten sollten mehr Realismus bei der Vorbereitung der Ausbildungsmission in Mali zeigen, wenn ihr Einsatz nicht nur Feigenblattcharakter hat", warnte Delius. "Wer diese Armee in ihrem heutigen desolaten Zustand fördert, ohne die Grundprobleme dieser Truppe zu lösen, tut weder Mali noch sich selbst einen Gefallen." Denn die malischen Soldaten verspielen mit ihrem kompromittierenden Verhalten sogar in der eigenen Öffentlichkeit ihr Ansehen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 12. Februar 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2013